Doris Salziger ist eine der beiden Sprecherinnen des Arbeitskreises “Berufliche Perspektiven für Frauen und Mädchen”. Dieser ist das wichtigste offizielle Netzwerk, wenn es um berufliche Chancen und arbeitsmarktpolitische Interessen von Frauen in Bremen geht. Er wurde 1987 von aktiven Frauen aus der Arbeitsmarktpolitik ins Leben gerufen und wird mittlerweile von der ZGF koordiniert. Frau Salziger erzählt bei einer Tasse Kaffee, wie sie nach Bremen kam und was Netzwerken für sie bedeutet.
Jugend in Rheinland-Pfalz
Sich für Frauen einzusetzen, wurde ihr als Lebensaufgabe fast schon in die Wiege gelegt. Bereits ihre Urgroßmutter und ihre Großmutter führten als Unternehmerinnen ein für ihre Zeit bemerkenswert selbstbestimmtes Frauenleben. Sie selbst besuchte ein Mädchengymnasium in Neustadt/Weinstraße, was sie schon damals nicht als Einengung oder Mangel, sondern als Bereicherung und Freiraum empfand.
Wanderschaft und Familiengründung
Nach dem Abitur studierte sie Evangelische Theologie in Mainz, war dort frauen- und hochschulpolitisch aktiv. In München lernte sie ihren Mann kennen. “Da wir eine Familie und Kinder wollten, war uns klar, dass wir nicht in München bleiben würden – das Leben dort war schon in den 1980er-Jahren sehr teuer.” Die Wahl fiel auf Bremen. Heute hat Doris Salziger vier Kinder im Alter von 8 bis 23 Jahren. Hier eine Arbeit zu finden, war dann aber nicht so einfach, wie sie gehofft hatte. “Der Arbeitsmarkt im Norden war viel weniger offen und durchlässig, als ich das aus Süddeutschland kannte.” Nach einer Weiterbildung zur Industriekauffrau und Wirtschaftsassistentin schaffte sie den Einstieg bei Kaffee HAG qualifizierte sich zur Changemanagerin weiter und machte sich im Bereich Unternehmensberatung und Weiterbildung selbstständig. “Als unser Jüngster im Kindergarten angekommen war, hatte ich Lust auf neue Herausforderungen und wollte unbedingt wieder im Team arbeiten.” Sie bewarb sich bei “Frauen in Arbeit und Wirtschaft“, fing dort 2011 als Beraterin an und wurde 2012 Geschäftsführerin.
Von Arbeitsgruppen und Arbeitskreisen
“In einer Arbeitsgruppe, die sich mit Zukunftsbranchen beschäftigte, wollte ich mehr Frauen für andere als die typischen Frauenberufe interessieren und für die sogenannten ‘MINT’-Berufe (Mathematik, Ingenieurswesen, Naturwissenschaft, Technik) gewinnen. Auch wollten wir in dieser AG ausloten, wie der Arbeitsmarkt dafür aufgestellt ist.” Wirken sich demografischer Wandel und drohender Fachkräftemangel zugunsten weiblicher Beschäftigung in diesem Sektor aus? Welche Anforderungen stellen Arbeitgeber an interessierte Frauen? Wie sollte sich ein Arbeitgeber auf frauenspezifische Bedürfnisse einstellen? Über diese Arbeitsgruppe kam sie in Kontakt mit dem Arbeitskreis.
Wie arbeitet der AK “Berufliche Perspektiven für Frauen und Mädchen”?
Dem Arbeitskreis gehören Frauen aus den unterschiedlichsten Bremer Initiativen, Institutionen, Trägergesellschaften und Fachzusammenhängen an. Sie tauschen sich dort, fokussiert auf frauenspezifische Belange, inhaltlich aus, erarbeiten Stellungnahmen zu arbeitsmarktpolitischen Entwicklungen, entwerfen Strategien, sprechen Empfehlungen aus – und lösen nebenbei so manches Einzelproblem im unmittelbar persönlichen Gespräch. “Während der zweistündigen Treffen diskutieren wir zuerst etwa eine Stunde lang über ein vorher vereinbartes Thema. In der zweiten Stunde referiert dann eine Fachfrau, die von der ZGF eingeladen wurde, zu konkreten Fragestellungen. Diesen fachlichen Input nimmt jede Frau unmittelbar in ihre eigenen Arbeitszusammenhänge mit und kann so die frauenspezifischen Interessen ‘vor Ort’ im Blick behalten. Auf diese Weise entsteht ein dichtes Netz von Frauen, die sich einerseits persönlich kennen, andererseits kontinuierlich in frauenpolitischen Zusammenhängen agieren und hierzu laufend ihre Fachkompetenz erweitern. Das versetzt sie in die Lage, sich quer zu den institutionellen Strukturen zu formieren und im Interesse von Frauen Einfluss zu nehmen. Für Doris Salziger „ein ganz ganz wertvolles Netzwerk”, auf das sie auf keinen Fall verzichten möchte.
Der Arbeitskreis als “Lotse”
Gerade im Zusammenhang mit Beratungstätigkeiten für Frauen sieht sie den Arbeitskreis als Türöffner zu den Institutionen und Netzwerken. Seine Arbeitsweise und Struktur garantieren ganz konkret, dass eine ratsuchende Frau, wo immer sie vorspricht, an die für sie passende Stelle verwiesen wird, wo man sich kompetent ihres Anliegens annehmen kann.
Offene Wünsche
Auch heute sind die Unterschiede zwischen Männern und Frauen hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Stellung noch enorm. In Deutschland größer als in vielen anderen Ländern Europas. In Bremen größer als im Bundesdurchschnitt. Frauenförderung bleibt also eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Für Bremen wünscht sich Doris Salziger dabei eine strategische Neuausrichtung der Förderschwerpunkte. Zwar sind in Bremen viele Frauen erwerbstätig, aber ein Großteil von ihnen arbeitet in schlecht bezahlten Berufen, in Teilzeit- und Minijobs, und das, obwohl gerade jüngere Frauen heute besser ausgebildet sind als ihre männlichen Altersgenossen. Viel zu viele Frauen können keine existenzsichernden Einkommen für sich und ihre Kinder erzielen und sind auf öffentliche Unterstützung angewiesen. Die erschreckende Frauenarmut, in der Folge auch im Alter, wird ihrer Meinung nach nicht umfassend bekämpft, wenn einseitig an- oder ungelernte Frauen als Zielgruppe der Förderung in den Blick genommen werden. “Förderung sollte vielmehr die Frauen in ihrer Gesamtheit, unabhängig von ihrer Qualifizierung, ansprechen”, so ihr Standpunkt.
Für sich persönlich wünscht sie sich, dass sie ihrer Aufgabe als Ansprechpartnerin und Begleiterin von Frauen auf beruflichen Wegen noch lange nachgehen kann.
Christiane Weber
Schreibe einen Kommentar