„Show Yourself!“ – Wie man mit Werbung für die Werbung wirbt und eine Menge Geld damit verdient.
Was tun Models? Für Klamotten werben. Was tut Germany’s next Topmodel? Für Models werben. Was tun überall im Bremer Stadtbild die großflächigen Reklametafeln mit Heidi Klum? Für Germany’s next Topmodel werben. Man kann also kreisförmig mit Werbung für die Werbung werben und damit Geld verdienen.
Durch so viel „Making of…“ müsste die Menschheit über sämtliche Insidertricks der Werbewelt nun eigentlich aufgeklärt sein. Sie müsste gähnend den Fernseher ausschalten und ihre Kreditkarten schön zu Hause lassen. Aber nein: Der Konsum steigt weiter – Werbung zahlt sich aus.
Welche Zauberzutat treibt den Motor immer weiter an?
Bei Marx war es die Reproduktion der Arbeitskraft – zu Schleuderpreisen – und dies ist wieder hochmodern, denn die Ausnutzung der Billiglöhne in Asien senkt die Kosten tiefer als je zuvor. Aber es ist was neues hinzugekommen, die Lösung des heutigen Tages lautet: Es muss Mädchenfleisch her!
Wie die geronnene Arbeitskraft – das Marx’sche „Arbeitsgallert“, das den heimlichen Mehrwert in sich trägt – ist auch ein Mädchen- oder Frauenkörper vorzüglich wandelbar und kann vielseitig eingesetzt werden. Sind Frauen oder Mädchen die Zielgruppe, signalisieren lange magere Germany’s next Topmodel-Körper, dass sie mehr an sich arbeiten müssen, sich schminken müssen, Diät machen müssen und Kleider kaufen müssen. Männer und Jungs schauen auf die üppigeren Reklamemodels mit großer Oberweite und finden Autos, Bohrmaschinen und Sound Systems plötzlich „sexy“. Modelkörper machen aus Mehrwert Nochmehrwert.
Wer hat dann das Geld?
Früher galten junge Männer zwischen 20 und 30 als die Gruppe, die am leichtesten zu extravaganten Spontankäufen zu bewegen war. Jetzt sollen die Senioren stärkste Konsumentengruppe werden. Ob man Autos mit einem Hinweis auf ihren Komfort bei Rheuma verkaufen kann? An ältere Frauen vielleicht – aber durch alle Altersgruppen bleibt das meiste Geld in den Händen der Männer und diese wollen im Alter erst recht mit ihrer suggerierten Jugendlichkeit und Männlichkeit hofiert werden. Also müssen mehr Mädels her.
Und da die Konsumräder sich immer schneller drehen müssen, gilt heute nicht einmal mehr „Sex Sells!“ – oft genug muss es schon Pornografie sein.
Müssen „Gute Sitten“ sein? Und wer passt darauf auf?
Längst ist klar, dass bei Kindern und Jugendlichen sexistische und pornografische Werbung eine verheerende Auswirkung hat: Die Jungs werden angehalten, in jedem Mädchen eine Hure zu sehen – und die Mädels werden im Glauben gelassen, nur auf dieser Weise Anerkennung zu finden. „Show Yourself!“ lautet das diesjährige Motto von GNTM.
Im Internet ist es schon schwer genug, Hardcore-Pornografie in Schach zu halten – einige Staaten wie Island bereiten Gesetze dagegen vor. Aber Werbung? Ein schwerer Kampf.
Sexistische Werbung in Bremen
Was die Werbeflächen im Stadtbild betrifft, kämpft in Bremen die ZGF gegen den Anstieg der Sex-Werbung. Am 12. Juni 2013 wurde eine Petition von Helma Grohe gegen sexistische Werbung in der Bürgerschaft beraten.
Auszug: „Auch in Bremen werden gemeindeeigene öffentliche Werbeflächen zunehmend mit Plakaten sexistischer Darstellungen, die mit dem eigentlich beworbenen Produkt nicht in Verbindung zu bringen sind, missbraucht.
Frauenfeindliche sexistische Werbung ist strukturelle Gewalt und keine Frage des Geschmacks oder der Ästhetik. Sie hat verheerende Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft. Sexistische Abbildungen verstärken immens Geschlechterklischees und verharmlosen Gewalt und Ausbeutung an Frauen.“
Die Bürgerschaft hat prinzipiell nichts dagegen – das Problem: Es gibt rechtlich keine Instanz, die den großen Werbeflächen-Betreibern (in diesem Fall T-Online) regulieren könnte. Im Vertrag steht, dass die Werbung nicht „gegen die guten Sitten verstößen“ soll – aber die guten alten Sitten sind – rechtlich gesehen – dehnbar wie Kaugummi.
Links:
Glenys Gill
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