Aus gegebenem Anlass: Nicht erst seit London fegen Gedanken wie diese durch mein Gedächtnis. Aber “das waren Menschen, die sich morgens auf den Weg zur Arbeit gemacht haben und nie wieder nach Hause gekommen sind” war ein Satz, der mir bis dahin nicht mehr vollends gegenwärtig gewesen ist. Deshalb ein Reminder an uns…
Laufen. Heute, wie morgen, wie gestern: Laufen. Setzt den linken vor den rechten, den rechten vor den linken Fuß. Laufen kannst du nicht anders, als deinen Bewegungsapparat in der immer gleichen Abfolge zu tätigen. Aber leben kannst du anders.
“Bedenke, dass du sterben musst” lautet die Übersetzung der Überschrift. Während der eigenen Existenz sollen alle möglichen Weichen gestellt werden, um keine Furcht vor dem Tod zu entwickeln. Stammen tut diese Begrifflichkeit aus dem mittelalterlichen Mönchslatein, hat dennoch heute wie damals eine wichtige Bedeutung in unser aller Leben.
Lust auf Leben
So ernst das Thema klingt, so aktuell ist es. Die Suche nach sich selbst, nach dem eigenen Weg, wird in unseren Köpfen thematisiert. Eine zunehmende Anzahl Menschen sucht in der Mediation, beim Yoga, auf Reisen oder auch in literarischen Auseinandersetzungen die Antwort auch die Frage “Wer bin ich?”. Vielleicht ist es Teil einer Bewegung zu mehr Lebensbewusstsein. Sich bewusst ernähren, sportliche Aktivitäten ausleben, um die eigene Gesundheit zu wahren. Doch wozu all das?
Endlos-Labyrinth
Wir wollen keine Zeit verschwenden mit Dingen, die uns stoppen, wir zu sein. Wir wollen wissen, was oder wer wir sind, um am Ende mit einem breiten Lächeln dazustehen. Aber dazu gehört nicht nur Freude. Dazu gehört genauso die Enttäuschung, das falsche Ich gewesen sein zu können. Die falsche Entscheidung, der falsche Weg, das falsche Ergebnis. Falsch? Ist falsch der richtige Begriff? Vielleicht sind diese “falschen Ereignisse” auch Teil unseres werdenden Ichs.
Aber wir leben im Jetzt. Jetzt können wir Entscheidungen treffen, Wege einschlagen und auf Ergebnisse hinarbeiten. Die Zukunft ist niemals festgeschrieben, es liegt einzig und alleine an uns, sie zu beeinflussen. Beeinflussen bedeutet nicht immer nur, auf bestimmt Ziele hinzuarbeiten. Es bedeutet auch, sich tragen zu lassen. Tragen zu lassen von Geschehnissen in seiner Umgebung, von spontanen Inspirationen; nur so können wir unseren Horizont erweitern. Und nur so werden wir aus unserem trotzigen Denken entrissen und können ganz neue Dinge in Erfahrung bringen.
Memento Mori bedeutet aber nicht nur, ein mit sich selbst zu vereinbarendes Leben zu führen. Es bedeutet auch, Momente zu genießen, wertzuschätzen. Der Kuss am Abend kann der letzte sein, denn unser Leben ist endlich. Es wird einen Tag geben, an dem wir all diese Dinge nicht mehr erleben dürfen. An denen einer unserer Herzensmenschen aus dem Leben scheiden kann, plötzlich und unerwartet oder vielleicht auch ganz bewusst. Aber das liegt nicht in unseren Händen. Deshalb sollte alles in unserer Macht stehende danach streben, ein Miteinander zu schaffen, das niemals die Sehnsucht nach einem verpassten Moment aufkeimen lässt.
Vivien Koschig
Schreibe einen Kommentar