Das Bremer entwicklungspolitische Netzwerk (BeN) und das Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz) setzten in der Bremer Bürgerschaft Zeichen für Fairen Handel und Unternehmensverantwortung. Die Nichtregierungsorganisationen versorgten die Abgeordnet*innen und Senator*innen mit Informationen über Wirtschaft und Menschenwürde. Sie versüßten das bittere Thema mit fair gehandelten Leckereien. Die Reaktionen waren parteiübergreifend positiv, das Interesse schien groß. Rund 40 Mitglieder der Bürgerschaft, inklusive unseres Bürgermeisters Dr. Carsten Sieling, ließen sich mit konkreten Forderungen an die Bundesregierung fotografieren.
Es geht um die Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte. Das verlangen die Vereinten Nationen bereits seit 2011 und haben Leitprinzipien entworfen, die auf nationaler Ebene in Recht umgesetzt, Lücken im Menschenrechtsschutz schließen sollen.
Fair Trade sollte selbstverständlich sein
Ob Laptop, Margarine oder Jeans, hinter unseren Alltagswaren stecken oft Geschichten von Enteignung, Vertreibung, Gewalt, Armut und Krankheit. Insbesondere Menschen des globalen Südens können sich bei Verletzungen ihrer Menschenrechte durch ausländische Unternehmen kaum wehren. Mangelnde Rechtsstaatlichkeit, undemokratische Systeme und Korruption machen einen Klageweg im eigenen Land oft unmöglich.
Drei Säulen um Wirtschaft und Menschenrechte zu versöhnen
Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte stellen Mindestanforderungen an Staat und Unternehmen dar. Sie basieren auf der völkerrechtlichen Pflicht von Staaten, Menschen vor Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen zu schützen. Gleichzeitig nehmen sie die Unternehmen in die Verantwortung. Sie sollen die Menschenrechte achten und wahren. Die dritte Säule betrifft Rechtssicherheit für alle Menschen. Das heißt, dass Staaten dafür Sorge zu tragen haben, dass sich Geschädigte gegen Unternehmen juristisch zu Wehr setzen können. Zur Not in dem Herkunftsland des Unternehmens.
Ein langer Weg bis zur Umsetzung in Deutschland
Die EU rief ihre Mitgliedsstaaten 2011 auf, nationale Aktionspläne für Wirtschaft und Menschenrechte zu erstellen. Während sie in Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark und Finnland bereits in Kraft sind, begann Deutschland erst 2014 mit der Entwicklung eines eigenen Plans. Und hier prallen verschiedene Interessen aufeinander: Nichtregierungsorganisationen verlangen ein verbindliches Regulationssystem, mit effektiven Überwachungs- und Sanktionsmechanismen. Die Unternehmen möchten sich lieber selber verpflichten können. Sie verlangen die Umsetzung der UN-Leitprinzipien auf freiwilliger Basis. Freiwillige Selbstverpflichtung kennen wir ja aus der Diskussion um Frauenquoten, nur dass es hier um wesentlich mehr Geld geht.
Welche Rolle spielt hier die Bremer Bürgerschaft?
Abgesehen davon, dass in Bremen eine Vielzahl an weltweit aktiven Unternehmen ansässig sind, kann der Stadtstaat über seine Außenwirtschaftsförderung Einfluss auf die Unternehmenspolitik nehmen. Kurz: Geld nur gegen Einhaltung der Menschenrechte! Darüber hinaus sind Länder und Kommunen häufig Anteilseigner von Banken und Unternehmen und können direkt über die Aufsichtsräte die Ausrichtung der Unternehmenspolitik mitbestimmen. Und nicht zu vergessen ist auch die Verantwortung der Kommunen und Länder im öffentlichen Beschaffungswesen. Wie werden beispielsweise Polizeiuniformen eingekauft?
Der wichtigste Hebel des Bundeslandes ist und bleibt allerdings der Bundesrat. Hier ist es möglich auch eigene Gesetzesinitiativen einzubringen, oder die Zustimmung beziehungsweise Einspruch zu Gesetzesvorhaben der Bundesregierung an Änderungsvorschläge zu koppeln.
Die Frage, ob der Wille und die moralische Einsicht ausreichen werden, um gegen die Interessen der Unternehmen ein effektives Regulierungssystem zu etablieren, bleibt noch offen. Ich rechne mit einem zahnlosen Tiger. Dennoch hatte ich kurz die Fantasie, die UN-Leitprinzipien würden die Staaten dazu bewegen, ihren Wettbewerb um den besten Standort aufzugeben und durch einen Wettbewerb um das beste Menschenrechtssystem zu ersetzen.
Hannah Lüdeker
Schreibe einen Kommentar