Vor einigen Monaten habe ich die Tochter meiner Freundin im Krankenhaus besucht. Iris hatte einen Kaiserschnitt und auch noch am dritten Tag konnte sie sich kaum bewegen, weil die große Wunde am unteren Bauch so schmerzte. Sie konnte auch deshalb ihren kleinen Max nicht versorgen, was sie ganz besonders traurig fand. Es war ein Notkaiserschnitt, den sie eigentlich nicht wollte. Aber nach einer Periduralanästhesie (PDA) wurden ihre Wehen schwächer und die Geburt ging nicht mehr richtig voran: „Ein Stress für mich und Maxi.“ So wie Iris geht es inzwischen vielen Frauen. Jede dritte bringt ihr Kind inzwischen per Kaiserschnitt auf die Welt, davon die Hälfte weil die Geburt nicht schnell genug voran geht oder die Herztöne des Kindes im CTG absacken. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind aber nur zehn bis fünfzehn Prozent der Schnitte wirklich medizinisch notwendig.
Manche Frauen wünschen sich einen Kaiserschnitt, weil sie Angst haben, in der hilflosen Situation einer Geburt auch noch unbekanntem Klinikpersonal ausgeliefert zu sein, andere weil sie ihren Beckenboden schonen wollen und sich vor einer späteren Harninkontinenz fürchten. Doch auch ein Kaiserschnitt birgt Risiken, wie Schmerzen noch Wochen nach der Geburt, vermehrte Infektionen oder Blutverlust. In der folgenden Schwangerschaft kann sich die Plazenta falsch einnisten oder in seltenen Fällen die Gebärmutter reißen.
Aber die meisten Frauen wollen auf natürlichem Weg ihr Kind bekommen und sind dann nicht selten erschüttert, wenn es nicht klappt. Mitunter geben sie sich die Schuld und vergessen dabei, dass es gute Bedingungen braucht, um zu gebären. Zum Beispiel eine kontinuierliche Betreuung durch eine Hebamme, die die Frau am besten schon während der Schwangerschaft kennenlernt und die sie mutmachend und kompetent durch die Phasen der Geburt begleitet. Studien belegen, dass Frauen weniger Schmerzmittel und andere Interventionen unter der Geburt brauchen und dass sie mit der Geburtserfahrung zufriedener sind. Warum gehen Frauen eigentlich nicht auf die Barrikaden für bessere Geburtsbedingungen?
Eva Schindele
Die Sozialwissenschaftlerin Dr. Eva Schindele arbeitet für das Bremer Medienbüro und setzt sich thematisch beispielsweise mit der Reproduktionsmedizin und den Neurowissenschaften auseinander. 2004 wurde sie mit dem Niedersächsischen Frauen- Medienpreis „Juliane-Bartel-Preis“ ausgezeichnet. Zum Thema Geburt veröffentlichte sie die vierteilige WDR – Hörfunkserie „Am Anfang des Lebens“. Sie empfiehlt die brandneue Broschüre der Technikerkasse zur Geburt – wissenschaftsbasiert in Zusammenarbeit mit der Uni Hamburg geschrieben – als objektive Information über die verschiedenen Geburtsmethoden.
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