Wir sind zugegebener Maßen etwas spät dran, wenn man bedenkt, dass es den Poetry Slam bereits seit 1986 gibt und er sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit erfreut. Doch auch wir möchten euch hier unsere Liebe für die immer populärer werdende Poetry Slam Szene bekunden. Für jene, die sich an dieser Stelle Fragen: „Was ist Poetry Slam?“: Poetry Slam ist ein Dichterwettstreit, bei dem die Slam-Poet*innen ihre selbstgeschriebenen Texte live und lebendig einem Publikum vortragen. Der Grundgedanke dabei ist, dass die Lyrik nicht mehr nur als geschriebenes Wort, schwarz auf weiß, im Buch verweilen soll, sondern zu einem akustischen Erlebnis wird.
Poetry Slam – ein akustisches Erlebnis
Die Slamer*innen treten dabei ohne Kostüme und ohne Requisiten auf. Nur sie und ihr Text. Die Art des Vortrags bleibt dabei jedem selbst überlassen. Ob auswendig gelernt oder abgelesen, laut oder leise, schnell oder langsam. Wichtig ist nur, dass der Gesamteindruck stimmt. Performance und Text müssen harmonieren, damit der Vortrag authentisch rüber kommt. Im Anschluss entscheidet das Publikum, wer gewinnen soll. Beim Poetry Slam geht es in erster Linie jedoch um die Lyrik und nicht um den Sieg. Der Wettbewerbsaspekt soll keine Rivalitäten auslösen, sondern das Publikum zum Mitfiebern bewegen. Zudem bekommen die Dichter*innen dadurch direkt Feedback zu ihren Werken.
Unterschiedliche Künstler*innen, unterschiedliche Texte
Da es weder formale noch inhaltlichen Einschränkungen oder Vorgaben gibt, sind die Texte so vielfältig und verschieden wie die Künstler*innen selbst. Von nachdenklichen Texten, über Liebesgedichte, ernste Themen, Kurzgeschichten, Kabarett, Comedy oder politisch motivierten Texten ist alles dabei. Manche wollen mit ihren Texten auch auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam machen. Die Übergänge sind dabei meist fließend.
Besonders aufgefallen ist uns die feministische Slamerin Felicia Brembeck, welche unter dem Namen Fee auftritt. Tatsächlich war sie der ausschlaggebende Punkt für diesen Artikel. Mit Hilfe ihrer Texte drückt sie aus, was sie berührt oder wütend macht. Sie spricht über das Hinsehen und Wegschauen, über Rollenbilder und darüber, was in der Gesellschaft noch alles schief läuft. Ignoranz begegnet sie mit Humor und Poesie. Einige ihrer Texte sind sowohl kritisch als auch lustig, andere schockieren, machen einen nachdenklich und hinterlassen einen Kloß im Hals. Sie schreibt griffig, nah am Leben und nimmt kein Blatt vor den Mund. 2013 gewann sie die deutschsprachigen U20 (unter 20 Jahre) Poetry Slam Meisterschaften.
Variationen von Poetry Slam
Mittlerweile gibt es viele verschiedene Variationen des Poetry Slams. Als Kritik zu dem Wettbewerbscharakter, welche die Poetry Slams innehaben, gibt es sogenannte Anti-Slams, bei denen der schlechteste Beitrag gewinnt.
Andere Variationen sind zum Beispiel:
- der Jazz Slam, hierbei wird der vorgetragene Text musikalisch (improvisiert) von einer Band begleitet
- der Deaf Slam, welcher in Gebärdensprache stattfindet
- Slams im Dunkeln
- der sogenannte Dead-or-Alive-Slam, wo Theaterschauspieler*innen mit den Texten „toter“ Dichter gegen Künstler*innen aus der Slamszene antreten
- der Science-Slam
- der Diary Slam, wo aus alten Tagebüchern vorgelesen wird
- Philosophy Slam
https://www.youtube.com/watch?v=XInsZFhnPYE
Der Grund, weshalb Poetry Slam so begeistert, sind die vielseitigen Facetten, mit welchen die Künstler*innen in Erscheinung treten und die Leidenschaft, mit der sie ihre Texte vortragen. Kreativ, verträumt oder auf dem harten Boden der Realität. Sie können einen zum Lachen bringen oder nachdenklich machen, einen verzaubern, bannen oder gar die Augen öffnen. Nicht selten wird auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam gemacht. Und manchmal sind sie auch einfach nur schön.
Hannah Rößer
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