Auch an diesem Montag melden wir uns aus dem Wochenende mit einem neuen Presse-Pott zurück! Es geht unter anderem um Intersektionalität im Feminismus, einen Gesetzentwurf im generischen Femininum und den Fortbestand des Gender Pay Gap im öffentlichen Dienst. Lest weiter, um zu erfahren, was letzte Woche in Bremen und der Welt genderpolitisch passiert ist.
Feminismus hat viele Farben
Durch welche Brille schauen wir eigentlich, wenn wir ‘Feminismus’ lesen? Der Feminismus ist zu weiß, sagen hier entschieden vier Schwarze Frauen und fordern daher, die Frauenbewegung pluralistisch zu denken. Im Sinne der Intersektionalität thematisiere der Schwarze Feminismus andere Lebensbereiche als sie der Weiße Feminismus bespricht – während beispielsweise Weiße akademische Frauen patriarchale Strukturen durch das Matriarchat ersetzen wollen, kämpfen Schwarze Frauen an anderer Stelle darum, die für sie passenden Medikamente zu bekommen. Feminismus in Kombination mit Rassismus sei in Deutschland im Vergleich zu Großbritannien und den USA noch wenig erforscht. Dabei seien feministische Strömungen so vielfarbig und vielfältig wie die Bedürfnisse der Frauen. Letztlich gehe es doch “um die gleichberechtigte Teilhabe aller”, sagt Josephine Apraku, Afrikawissenschaftlerin und Mitbegründerin des Instituts für diskriminierungsfreie Bildung.
Supreme-Court-Kandidatin Amy Coney Barrett hat keine “Agenda”
Supreme-Court-Kandidatin Amy Coney Barrett stellte sich in dieser Woche den Fragen des US-Senats. Im Rahmen einer viertägigen Anhörung machten sich die Senator*innen ein Bild von der konservativen Juristin. Nachdem die Abtreibungsgegnerin von Donald Trump für die Position vorgeschlagen wurde, musste sich Barrett unter anderem Fragen zu den Themen Abtreibung, gleichgeschlechtliche Ehe und der Gesundheitsreform „Obamacare“ von Barack Obama stellen. Wirklich Aufschluss über ihre Ansichten zu diesen Themen bot Barrett jedoch nicht. Als Richterin könne man keine „Agenda“ verfolgen nach dem Motto: „Ich mag Waffen, ich hasse Waffen, ich mag Abtreibungen, ich hasse Abtreibungen“ – eine Richterin dürfe nicht „wie eine Königin der Welt ihren Willen aufdrücken“, so Barrett. Die Aufgabe einer Richterin sei es, die Gesetze so zu interpretieren „wie sie geschrieben sind“. Dieser Aufgabe sehe sie sich gewachsen. Zwar bezog Barrett in Bezug auf Diskriminierung klare Stellung, indem sie aussagte, sie finde diese „abscheulich“. Jedoch sorgte sie mit ihrer Aussage „Ich würde nie auf Basis sexueller Vorlieben diskriminieren.“ für reichlich Kritik. Das Wort „Vorlieben“ suggeriert, dass die sexuelle Orientierung einer freien Wahl unterliegt. Eine ausführlichere Einschätzung findet ihr hier.
Gesetzentwurfsvorlage des Bundesjustizministerium im generischen Femininum
Vergangene Woche legte das Bundesjustizministerium einen Gesetzentwurf zum Sanierungs- und Insolvenzrecht im generischen Femininum vor. In diesem Entwurf war von „Verbraucherinnen“ und „Schuldnerinnen“ anstelle der sonst maskulinen Bezeichnungen „Verbraucher“ oder „Schuldner“ die Rede. Aufgrund von „verfassungsrechtlichen Bedenken“ stoppte das Bundesinnenministerium den Gesetzentwurf. Trotzdem wurde eine wichtige Diskussion dazu angeregt, warum das generische Maskulinum für Menschen von männlichen und weiblichen Geschlecht sprachwissenschaftlich anerkannt ist, das generische Femininum hingegen nicht. Mehr dazu in diesem Twitter-Thread von Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch:
Nachdem das Justizministerium einen Gesetzesentwurf vorgelegt hat, in dem weibliche Formen (z.B. „Gläubigerin“) auch für Männer gelten sollen („generisches Femininum“), gibt es (wieder mal) große Aufregung über „Gendergaga“ und „Diskriminierung von Männern.“ 1/
— Anatol Stefanowitsch (@astefanowitsch) October 13, 2020
Bremer News
Als erste Grüne Senatorin/Ministerin übernimmt Bremens Bürgermeisterin Dr. Maike Schaefer den Vorsitz der Verkehrsministerkonferenz
Bremen übernimmt das Amt für die Vorsitzperiode 2021 und 2022. Dazu Schaefer: “Sowohl für den Klimaschutz als auch für die Förderung eines besseren Miteinanders des Fußverkehrs, des Radverkehrs und des Öffentlichen Personenverkehrs soll eine bundesweite Gesamtstrategie entwickelt werden. Ich freue mich, dass der Bund im Vorfeld zugesagt hat, eine entsprechende Gesamtstrategie zu konzipieren und somit Fördermaßnahmen des Umweltverbundes zu bündeln.” Die VMK beschloss schon auf Initiative Bremens Stärkung für Rad- und Fußverkehr, Umweltverbund und Eisenbahnausbau.
Verleihung der Ehrenamtskarte an 60 Personen im Land Bremen
Sozialsenatorin Stahmann überreicht die Ehrenamtskarte stellvertretend für 60 Personen feierlich im Klimahaus Bremerhaven an neun Ehrenamtliche. “Dies ist ein kleines Dankeschön für das, was Sie tun, um das Leben in unseren beiden Städten solidarischer zu machen und um die gegenseitige Hilfe von Mensch zu Mensch zu stärken”, so Stahmann. Die Karte dient als Anerkennung und verschafft in Bremen über 3300 ehrenamtlich Engagierten Vergünstigungen in mehr als 2100 privaten und öffentlichen Einrichtungen in Bremen und Niedersachsen. Alle, die seit drei Jahren mindestens fünf Stunden wöchentlich ehrenamtlich aktiv sind und nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung erhalten, können die Ehrenamtskarte beantragen. Passend zum Thema schreiben wir die Reihe über “Frauen und Engagement”, diese Woche kommt dazu ein neuer Artikel über Geschlechterungleichheiten im freiwilligen Engagement!
Bremen hat Fördermittel für Corona-Soforthilfe-Projekte in Ländern des globalen Südens zu vergeben – wer braucht das Geld?
Die Bremische Bürgerschaft entscheidet: Es wird zusätzliche Gelder als „Corona-Soforthilfe“ für Menschen im Globalen Süden geben. Ein Teil des Geldes, 50.000€, werden für Projekte mit entwicklungspolitischen Initiativen der Zivilgesellschaft und Diaspora-Organisationen aus dem Land Bremen zur Verfügung stehen. Die Höhe der Hilfen insgesamt und wieviel davon Geld unmittelbar den Menschen selbst zugute kommt, wurde nicht bekanntgegeben. Ein guter Schritt in die richtige Richtung ist, dass der Bremer Senat, unterstützt vom BeN, besonders Frauen und Menschen mit Behinderung fördern möchte. Frauen etwa sind weltweit stärker von den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie betroffen als Männer, wie Sonja Peteranderl im SPIEGEL schreibt. Gründe dafür sind unter anderem besonders während des Lockdowns die Zunahme unbezahlter Care-Arbeit wie Hausarbeit und Homeschooling, Verlust des Jobs oder häusliche Gewalt. Diese Folgen treffen besonders Frauen in Ländern des globalen Südens.
Appell an Bremens Bürger*innen zum Coronavirus
Infolge der steigenden Corona-Neuinfektionen in Bremen und Bremerhaven wenden sich der Bürgermeister sowie Kammern, Verbände und Gewerkschaften an die Bevölkerung. „Der rasante Anstieg der Corona-Neuinfektionen ist alarmierend. Die Reduzierung der Neuinfektionszahlen hat weiterhin oberste Priorität“, so die Pressemitteilung vom 13. Oktober. „Die Zahl der Kontakte muss […] wieder reduziert werden“. Der Winter stellt eine neue Herausforderung für die Eindämmung des Coronavirus dar, da in der kalten Jahreszeit viele Aktivitäten und Veranstaltungen in Innenräume verlegt werden müssen. Sowohl für die Gesundheit der Bürger*innen als auch für die Wirtschaft ist die Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen sehr wichtig. Personen, die sich nicht an die geltenden Maßnahmen halten, „riskieren nicht nur die eigene Gesundheit und die Gesundheit anderer Menschen, sondern geben mit ihrem unsolidarischen Verhalten die Gründe für noch verschärftere Regeln“.
Der Gender Pay Gap im öffentlichen Dienst existiert weiterhin
Am 29. September wurde der neue, zweijährige Bericht zum Landesgleichstellungsgesetz vom Senator für Finanzen des Landes Bremen veröffentlicht. Dieser bezieht sich auf das Jahr 2018 und präsentiert gemischte Ergebnisse. Der öffentliche Dienst ordnet Gehälter in Entlohnungsstufen, welche in dem Bericht verwendet werden. Etwa 50 Prozent der beschäftigten Frauen arbeitet in der mittleren Entlohnungsstufen 08, 09 und 13. Der Anteil der beschäftigten Männer in der mittleren Stufe liegt ebenfalls bei etwa 50 Prozent, jedoch gruppiert sich dieser Anteil in einem höheren Bereich der mittleren Stufe, bei 09, 10 und 13. In der oberen Entlohnungsstufe, 14 bis 23, arbeiten nur 7 Prozent der beschäftigten Frauen, dagegen 12,5 Prozent der Männer.
Der Anteil an Frauen in Führungspositionen, hier Leistungspositionen genannt, beträgt 46,5 Prozent. Von den beförderten und höhergruppierten Arbeitnehmern sind 52,8 Prozent Frauen. Sowohl bei den Führungspositionen, als auch bei den Beförderungen ist ein Anstieg 2018 im Vergleich zu 2016 zu erkennen. Auch der Anteil an weiblichen Teilzeitkräften in Führungspositionen hat sich um 5,9 Prozent erhöht. Somit besteht immer noch eine klare Ungleichheit der Gehälter trotz eines Anstiegs an weiblichen Führungskräften im öffentlichen Dienst.
Feministische Hausbesetzung in der Neustadt
Aus Solidarität mit der in Berlin geräumten “Liebig 34” hat die queer-feministische Gruppe Rosaraote Zora die ehemalige “Dete” in der Neustadt besetzt. Der Hausbesitzer bot an, über eine Zwischennutzung zu verhandeln. Inzwischen haben sich beide Seiten geeinigt.
Sarah, Charlotte, Sarah-Lisa, Melissa, Sarah H., Irene
Schreibe einen Kommentar