In einem laufenden Gerichtsprozess geben Zeug*innenaussagen und ärztliche Berichte Einblick in einen Fall, der das private Umfeld und die psychische Verfassung der Beteiligten beleuchtet. Der Prozess zeigt, wie belastend und zugleich bedeutend solche persönlichen und medizinischen Details für die Aufklärung sein können. Nachfolgend eine Zusammenfassung der am fünften und sechsten Tag verlesenen und vorgestellten Zeugenaussagen.
Die Aussagen der Nachbar*innen: Einblicke in das persönliche Umfeld
Eine Nachbarin des Angeklagten, die seit 2015/2016 Kontakt zu ihm hat, beschreibt die Geschädigte als eine eher schüchterne Person, die sie nur selten gesehen habe. Die Nachbarin gab an, dass die Geschädigte und der Angeklagte seit 2020/2021 zusammen lebten und sich ursprünglich in einer psychiatrischen Einrichtung kennengelernt hatten. Während eines gemeinsamen Krankenhausbesuchs bemerkte die Nachbarin Verletzungen an den Armen der Geschädigten, die auf selbstverletzendes Verhalten hindeuteten.
In den Tagen nach der Tat hatte die Nachbarin mehrfach Kontakt zum Angeklagten. Sie berichtete, dass dieser verschiedene Versionen der Ereignisse schilderte – zunächst eine angebliche Überdosis der Geschädigten, später ein plötzlicher Sturz. Die Nachbarin äußerte Zweifel an den Darstellungen des Angeklagten, besonders in Bezug auf dessen Verhalten und die nicht umgehend erfolgte Hilfeleistung.
Freund*innen und Bekannte: Beobachtungen zum Beziehungsalltag
Eine weitere Zeugin, eine Freundin der Geschädigten und des Angeklagten, berichtete von ihrer Wahrnehmung des Paares. Ihrer Aussage nach zeigte sich die Geschädigte bei gemeinsamen Treffen eher zurückhaltend und sorgenvoll und unsicher, insbesondere in Bezug auf ihr Aussehen. Auf Nachfrage des Gerichts zum Gesundheitszustand und zur psychischen Verfassung der Geschädigten erklärte die Zeugin, dass die Geschädigte gelegentlich von emotionalen Belastungen und Zukunftsängsten gesprochen habe.
Die Zeugin gab zudem an, dass die Geschädigte 2022 gegenüber dem Angeklagten einen verzweifelten Wunsch geäußert habe, der möglicherweise auf eine suizidale Belastung hindeutet. Der Angeklagte hatte nach der Tat zeitweise bei der Zeugin gewohnt, die ihn in dieser Zeit unterstützte und ihm beistand.
Die Aussagen der Einsatzkräfte am Tatort
Mehrere Einsatzkräfte, darunter Feuerwehrleute und Polizeibeamt*innen, schilderten ihre Eindrücke vom Tatort und die Situation, die sie dort vorfanden. Eine Feuerwehrkraft gab an, die Geschädigte leblos vorgefunden zu haben, während der Angeklagte einen ruhigen und kooperativen Eindruck machte. Die Einsatzkräfte beschrieben eine unaufgeregte, kontrollierte Lage vor Ort, in der der Angeklagte weder Widerstand leistete noch emotionale Auffälligkeiten zeigte. Die Waffe, die laut Aussage des Angeklagten entladen war, lag auf dem Küchentisch, und es wurden Dokumentarfotos vom Tatort erstellt, die im Prozess gezeigt wurden.
Psychologische und ärztliche Berichte zur Geschädigten
Im Verlauf der Verhandlung wurden psychologische Berichte und ärztliche Gutachten verlesen, die Auskunft über den Gesundheitszustand der Geschädigten geben. Diese Dokumente aus 2022 zeigen, dass die Geschädigte unter schweren psychischen Erkrankungen wie manischer Depression und paranoider Schizophrenie litt. Laut den Berichten befand sich die Geschädigte zeitweise in medizinischer Betreuung, verweigerte jedoch regelmäßig die Einnahme von Medikamenten und zeigte in dieser Phase suizidale Gedanken. Während der Behandlung äußerte die Geschädigte Schmerzen und Verzweiflung über ihre Situation, was zu mehreren Aufenthalten in psychiatrischen Einrichtungen führte.
Berichte belegen außerdem, dass die Geschädigte ein als fremd- und eigengefährdend eingestuftes Verhalten aufwies, darunter impulsive Handlungen und aggressive Verhaltensweisen. Dies verdeutlicht die schweren Belastungen, die sie und ihr Umfeld im Alltag erlebt haben.
Die Verhandlung zeigt deutlich, wie persönliche Berichte und medizinische Gutachten miteinander verflochten sind und wertvolle Einblicke in die komplexen Lebensrealitäten des Angeklagten und der Geschädigten. Sie versuchen eine fundierte Grundlage für die gerichtliche Entscheidung zu schaffen. Wir bleiben gespannt, wie sich die weiteren Entwicklungen gestalten und welche Schlussfolgerungen am Ende gezogen werden.
Isabel Ratfisch
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