Am 13. Oktober war es wieder soweit. Die Teilnehmerinnen des Schnupperstudiums in Bremerhaven stellten ihre Projekte vor. Diese Veranstaltung bildete den Abschluss einer Woche in der speziell Mädchen der 6. und 7. Klasse innerhalb der Hochschule an Ingenieursberufe herangeführt wurden.
Ursprung des Projektes
Seit mittlerweile 15 Jahren gibt es das Schnupperstudium für Mädchen an der Hochschule Bremerhaven welches in Kooperation mit der ZGF stattfindet. Was heutzutage wie eine normale Projektwoche für Schülerinnen wirkt, war damals zur Gründung noch Pionierarbeit, um Mädchen/Frauen für die sogenannten MINT-Fächer zu begeistern. Angeregt vom Girls’Day wollten die Initiator*innen den Einblick in die Berufe der Ingenieurswissenschaften für Mädchen nachhaltiger gestalten, damit ein bleibender Eindruck bei den Teilnehmerinnen entsteht.
Noch immer ist es eine Problematik, dass Frauen zu den „klassischen“ Ausbildungsberufen und Studiengängen tendieren, die stark von der Geschlechterrolle geprägt sind. So findet sich unter den Top 10 der Ausbildungsberufe für Frauen kein einziger mit technischem Hintergrund. Daher stellt sich die Frage, wie kann man dieses Rollenbild durchbrechen und Frauen gleichermaßen für MINT-Fächer begeistern. Das Schnupperstudium setzt bei jungen Mädchen an, damit noch vor der Pubertät ein Einfluss auf die spätere Orientierung genommen wird.
Projekte im Bereich Windenergie, Medizintechnik und Informatik
In diesem Jahr waren wir bei der Abschlusspräsentation der Mädchen in Bremerhaven dabei und haben die Arbeit der Schülerinnen der 6./ 7. Klasse angesehen. 18 Mädchen haben mitgemacht, die in dieser Projektwoche die Themen Windenergie, Medizintechnik und Informatik bearbeitet haben. Innerhalb dieser Woche haben sie unter anderem am Montag eine Hafenrundfahrt gemacht, mit dem Highlight, das ein Kreuzfahrtschiff in Trockendock war. Dienstag ging es in das Schifffahrtmuseum, um hinter den Kulissen die Vielfalt an möglichen Berufen kennenzulernen. Die verbliebene Woche arbeiteten sie an den jeweiligen Projekten, die sie sich ausgesucht haben.
Während der Präsentation stellen die Mädchen ihre Arbeit Freunden und Familie vor. Die Gruppe mit dem Thema Windenergie baute mithilfe eines Fahrradcomputers ein Anemometer und maß an verschiedenen Orten die Windgeschwindigkeiten. Die Medizintechnikgruppe arbeitete mit dem EKG und EMG, um den Herzrhythmus und die Muskelaktivitäten zu untersuchen. Zu guter Letzt zeigte die Informatikergruppe ihre selbst programmierten virtuellen Roboter und ihre mit LEDs ausgestatteten Lötmännchen.
Neben den Projekten haben die Mädchen auch Unterricht in Tanz bekommen und eine Schauspielerin hat mit ihnen das Präsentieren geübt, damit sie ihr Projekte mit Selbstbewusstsein vorstellen konnten.
Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion redeten die Initiatoren und Lektoren über ihre Motivation und den Erfolg des Programms und stellten anschließend die neue Broschüre für das Schnupperstudium vor. Ein besonders interessanter Teil in der Broschüre ist die Befragung der ersten Teilnehmerinnen zu ihrem Werdegang und inwieweit das Schnupperstudium ihre Entscheidung mit beeinflusst hat. Natürlich hat es nicht bei jeder einen Effekt auf die Berufswahl, aber das Schnupperstudium hat einige in ihrer Wahl gestärkt und ihnen Möglichkeiten aufgezeigt, dass es außerhalb des Mainstream noch andere Berufe für Frauen gibt.
Die Macht der unbewussten Prägung
Am Ende der Veranstaltung ist mir eine Aussage der Landesfrauenbeauftragten Ulrike Hauffe noch länger im Kopf herumgeschwirrt: Unsere Eltern setzen für ihre Kinder das „Normal“ fest, welches wir von ihnen unbewusst übernehmen. So können sich festgelegte Rollenmuster und Interessen übertragen, ohne dass dies mit Absicht passiert. Es fängt schon mit dem Rollenbild an, dass der Vater das Familienauto fährt und die Mutter das Bad putzt. Es ist unsere Aufgabe allen Kindern die Lust an Technik und am Ausprobieren weiterzugeben.
Wenn ich an meinen Vater denke, so kann ich mich erinnern, dass ich als kleines Kind oft auf seinem Schoß saß, wenn er etwas an der Werkbank gemacht hat. Egal ob beim Fahrrad reparieren, Garage malen, mit dem Vertikutierer durch den Garten heizen oder beim Computer auseinander schrauben, ich war immer an vorderster Front dabei. Das Schnupperstudium setzt genau da an, die Lust auf etwas Neues, Experimentelles zu verstärken und den Mädchen durch das eigene Erfahren etwas mitzugeben. Der Termin für nächstes Jahr steht schon und es werden hoffentlich wieder zahlreiche Mädchen mitmachen und sich begeistern lassen.
Marlies
Ulrike Hauffe meint
Das Mädchenschnupperstudium in Bremerhaven ist ein Vorzeigeprojekt mit einer großen Strahlkraft. Nicht nur für Mädchen der 6. und 7. Klassen, sondern auch für Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer. So geht geschlechtssensible Berufsorientierung!