Instagram, Twitter, Pinterest, TikTok, Reddit, YouTube und noch unzählige mehr. Die sozialen Medien begleiten uns ständig, viele sogar fast den ganzen Tag und besonders schon fast ihr ganzes Leben. Oder sollte ich lieber unser ganzes Leben sagen?
Die meisten von uns, Generation Z, also Leute die zwischen 1997 und 2012 geboren wurden, bekamen ihr erstes Handy mit dem Eintritt in die weiterführende Schule, einige bereits im Grundschulalter, wobei es sich da noch um ein praktisch unzerstörbares Nokia und nicht um ein Smartphone handelte. Ich selbst bekam mein erstes Handy, ein Smartphone, zu meinem zehnten Geburtstag und somit meinem Eintritt in die weiterführende Schule. So war es auch bei fast all meinen Freund*innen.
Schon sehr bald begannen wir damit, uns Profile bei diversen sozialen Medien zu erstellen. So findet man meine Generation seit ihrem zehnten Lebensjahr im Internet. Doch mit den sozialen Medien kam für uns alle auch einher, ständig beeindrucken zu wollen, ständig perfekt sein zu wollen und vor allem sich ständig zu vergleichen.
Dass das Internet uns abhängig macht, ist schon lange kein Geheimnis mehr, doch wie stark ist der Einfluss wirklich? Wie sehr formte das Internet eine ganze Generation? Von Memes, über Trends bis hin zu Mobbing, aber andererseits auch Gemeinschaft. Doch ich möchte hier auf ein ganz bestimmtes Gebiet eingehen: Was macht das Internet mit unserer Selbstwahrnehmung?
Diese Aussagen lassen sich selbstverständlich nicht auf jede*n anwenden, da ich über die Erfahrungen meiner Freund*innen und von mir selbst schreibe.
Vergleichen
Es ist ein Morgen wie jeder andere. Dein Wecker klingelt, du bist noch schlaftrunken, doch deine Hand findet dein Handy nach ein wenig wirrem Herumtasten auf deinem Nachttisch trotzdem. Du scrollst durch deine Benachrichtigungen. Deine Freundin hat gestern Abend wohl noch einen Beitrag auf Instagram hochgeladen. Natürlich schaust du ihn dir an und kommentierst wie atemberaubend sie aussieht. Du hast sie schon immer so schön gefunden.
Als du nach ein paar Minuten, oder doch etwas mehr, langsam wirklich aufstehen musst, schälst du dich qualvoll aus deinem Bett und verschwindest ins Bad. Hier hängt, seit du dich erinnern kannst, der riesige Spiegel, in den du nun schaust. Du betrachtest deinen Körper und dir fällt plötzlich das Bild deiner Freundin wieder ein. Sie sah dort so schlank aus und dir ist nicht ein Makel an ihr aufgefallen. Nun schaust du dich im Spiegel an und dir fallen tausende Dinge ein, die du ändern möchtest. Aber wieso vergleichst du dich überhaupt mit ihr? Ihr seid doch beide auf verschiedene Arten wunderschön. Aber so denkst du in dem Moment nicht. Für dich zählt es gerade nur, dass du dich nicht mehr hässlich finden willst.
So, oder ähnlich, ergeht es unzähligen jungen Leuten ständig. Wir vergleichen uns und finden immer jemanden die*der hübscher, erfolgreicher, klüger oder auf eine andere Art besser als wir zu sein scheint. Dabei stellen wir uns die Frage, warum wir das denn nicht auch alles sein können?
Was passiert?
Durch das unaufhörliche Vergleichen mit praktisch unerreichbaren Standards ist man nie mit sich zufrieden. Es gibt immer etwas, was falsch zu sein scheint.
Besonders von Mädchen und Frauen wird bereits ab einem sehr jungen Alter, von knapp über zehn Jahren, erwartet einen Körper zu haben wie man ihn bei erwachsenen Models oft sehen kann. Wir müssen die typische Sanduhr-Figur haben und dürfen auf keinen Fall einen Bauch haben, der nicht vollkommen flach ist. Das ist, was dir gesagt wird, während du dir deine Kleidung wahrscheinlich noch in der Kinderabteilung kaufst. Dieser Druck erfolgt einerseits im Internet, wo dir Lösungen für deine sogenannten Probleme vorgeschlagen werden und dir täglich vorgegaukelt wird, dass du so aussehen könntest, würdest du dich nur etwas anstrengen. Andererseits kommt er aus deinem direkten Umfeld, dem ebenso weisgemacht wurde, dass das Streben nach diesem vermeintlich perfekten Körper völlig normal und eine Grundvoraussetzung für Schönheit sei.
Diese Erwartungen adaptieren wir nach einiger Zeit und wenden sie schließlich selbst auf uns an. Wir finden jeden Tag selber eine neue vermeintliche Schwachstelle und ein neues Pseudo-Problem, für das schnellstmöglich eine Lösung hermuss. Dadurch, dass sich diese Denkweise so sehr in unser Gehirn einbrennt, ist es irgendwann gar nicht mehr notwendig, damit auf sozialen Medien konfrontiert zu werden, weil unsere Gedankengänge sowieso schon der toxischen Selbstkritik entsprechen.
Nicht echt
Was sehr wichtig ist, um das Vergleichen mit den Posts anderer Leute zu vermeiden, ist, daran zu denken, dass das Leben, was sie im Internet zeigen, nicht ihr echtes Leben ist. Natürlich ist es ein Teil von der Wirklichkeit, jedoch nur ein Teil und nicht mehr. Niemand zeigt, wie er*sie den Müll rausbringt, oder an seinen*ihren Hausaufgaben verzweifelt, weil das nicht ist, was angesehen und bewundert wird.
Zudem kommt ein weiterer unbedingt zu beachtender Faktor. Bildbearbeitung. Mit Programmen wie Photoshop, Facetune oder der App retouch, die besonders letztes Jahr im Trend war, werden Fotos so modifiziert, dass sie perfekt zu sein scheinen. Oft werden Teile des Körpers leicht verformt, oder Hautunreinheiten werden kurzerhand unsichtbar gemacht. Natürlich ist es jeder*jedem freigestellt ihre*seine Bilder zu editieren, jedoch musst du als Nutzer*in aufgrund dessen damit rechnen, dass eben jenes bei einigen der Posts, die du täglich siehst, geschehen ist.
Jette, Mitglied der Generation Z
Sylvia B.-M. meint
Liebe Jette, das hast du sehr gut geschrieben und schön zusammengefasst. Übrigens denke ich oft, wenn ich den Müll rausbringe, “gut, dass mich keiner sieht”! Aber ernsthaft, gerade letztens meinte ein Kollege während unserer Zoom-Konferenz, er habe gehört, dass Frauen häufig abgelenkt seien von ihrem eigenen Bild auf dem Bildschirm und ihrer Wirkung/Optik. Er fand das amüsant. Ich überhaupt nicht! Ich entgegnete ihm, dass das tatsächlich ein Problem sei, jedoch nicht die Schuld von uns Frauen. Auch ich habe ihm gesagt, dass wir Mädchen/Frauen seit unserem 10. Lebensjahr darauf trainiert werden gut aussehen zu müssen. Schön zu sein. Apart zu wirken. Freundlich auszusehen. Mädchen und Frauen werden immer nach ihrem Aussehen beurteilt. Oft heißt es ja, sie ist schlau aber wie sie aussieht… Sowas sagt man über Jungs nicht! Für Jungs reicht es schlau zu sein. Schönheit ist da sekundär. Wichtiges Thema, toller Bericht! Herzliche Grüße, Sylvia B.-M.