In Bremen sollen die öffentlichen Werbeträger zukünftig stärker von der Stadt kontrolliert werden. Werbung mit anzüglichem Inhalt und Geschlechter-Stigmatisierung soll damit Einhalt geboten werden.
Ein Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE wurde vom Parlament bereits bewilligt. Um dieses Vorhaben in die Realität umzusetzen, ist in der Bremischen Gleichstellungsstelle ein Fragenkatalog in Arbeit, der helfen soll, die bisherigen Kriterien des Deutschen Werberats zu präzisieren. Bisher stellt der Deutsche Werberat die einzige Instanz dar, die sich einschalten kann, wenn Werbung beanstandet wird. Er kann Rügen an Unternehmen verteilen und sie auffordern kritische Inhalte vom Markt zu nehmen. Allerdings werden viele Beschwerden vom Werberat abgelehnt mit dem Hinweis, die Werbung sei nur ironisch gemeint. Alles nur Ironie – oder mag es auch daran liegen, dass in dem dreizehnköpfigen Entscheidungsgremium gerade mal zwei Frauen vertreten sind. Auch Unternehmen verteidigen ihre sexistische Werbung damit, dass sie nur gängige Klischees überspitzten und mündige VerbraucherInnen das mit einem Augenzwinkern schon verständen.
Die rechtliche Zuständigkeit für Werbung auf öffentlichen Flächen liegt beim Senator für Bau, Umwelt und Verkehr. Wie ein Verfahren aussehen kann, das ermöglicht Beschwerden nachzugehen und Werbung gegebenenfalls zu entfernen, und zugleich rechtlich standfest ist, wird zwischen den Behörden gerade erarbeitet. Das Ziel: Nach Eingang einer Beschwerde soll die Plakatierung dann innerhalb weniger Tage überprüft und unter Umständen entfernt werden. Der momentan entstehende Fragenkatalog soll dabei helfen, sexistische Werbung klarer zu identifizieren. Es wird auch darüber nachgedacht, eine Kontaktadresse direkt auf den Werbeträgern anzugeben, an die BürgerInnen ihre Beschwerden richten können. Ähnliche Vorstöße gibt es in immer mehr deutschen Städten, wie die aktuelle Debatte aus Berlin Kreuzberg zeigt.
Qualität durch nackte Frauenkörper?
Frauen die in eindeutig lasziven oder unterwürfigen Positionen für Elektromärkte, Parfüm oder Bier werben, sind so alltäglich wie das Wort zum Sonntag, aber auch eben ähnlich monoton. Doch mal ehrlich, wer braucht für die Entscheidung, in welchem Geschäft er einen Fernseher kauft, dafür Werbung mit nackten Frauen. Qualität wird anders dargestellt! Andererseits stellt sich die Frage, wer sich heute noch daran stört, wenn mit Bunnys und Bikinimädchen Werbung gemacht wird. Mittlerweile gibt es zahlreiche Werbekampagnen mit unbekleideten Frauen und anstößigen Sprüchen, die mit dem eigentlichen Produkt meist nicht mehr viel zu tun haben. Im Allgemeinen sorgt diese Art von Werbung höchstens noch für ein lahmes Zucken der Mundwinkel, aber nicht für echte Empörung. Wirklich einprägsame Werbung sind die außergewöhnlichen und lustigen Spots und Plakate. Bikinimädchen die breitbeinig auf Elektrogeräten sitzen oder mit Bierflaschen ihre Brüste bedecken, gehören nicht dazu. Auf Dauer wird sich die Werbeindustrie etwas einfallen lassen müssen. Man versucht zwar, mit immer schamloseren Sprüchen und Posen für Aufsehen zu sorgen, aber wenn eine gewisse Niveaulosigkeit erst erreicht ist, sorgt diese Art von Werbung nur noch für Langeweile und nicht für höhere Verkaufszahlen.
Bedenkliche Rollenbilder
Worüber frau vielleicht nur die Augen verdreht, nimmt in den Köpfen von Kindern und Jugendlichen ganze andere Formen an. Wenn Heranwachsende fast ausschließlich mit Frauenbildern konfrontiert werden, die möglichst jung, sexy und gephotoshopt sind, dann ist es schwer, sich diesem Ideal zu entziehen. Wenn Frauen in der Werbung nur als Dekoration für Produkte dargestellt werden, dann prägt das auch ein bestimmtes Bild von Frauen in unserer Gesellschaft. Medien formen Vorstellungen von Schönheitsidealen und Verhaltensweisen, um Anerkennung zu erfahren. Wenn das häufig damit verbunden ist, dass Frau sich nackig macht, dann nimmt die Bedeutung von Attraktivität einen übergeordneten Stellenwert ein. Die Anhäufung vermeintlich ironischer Inhalte hinterlässt in den Köpfen am Ende aber ein herabwürdigendes Rollenbild. Besonders kleine Kinder verstehen Ironie noch nicht einmal. Sollte diese Art von Rollenbildern, die Werbung verkörpert nicht stärker in Frage gestellt werden?
Diskutiert mit
Werbung mit sexistischen Inhalten verbieten? Bikinimädchen eine rote Karte zeigen, wenn sie für etwas anderes werben als Strandurlaub oder eben Bikinis? Oder fehlt nur der Sinn für Ironie?
Jana Holtkamp
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