Moin am Montag. Unsere genderpolitische Zusammenfassung steht heute ganz im Zeichen des internationalen Safe Abortion Day. Vergesst nicht, heute um 17Uhr zur Kundgebung auf den Bremer Marktplatz zu kommen.
Safe Abortion Day am 28. September
Am 28. September findet wie jedes Jahr der internationale Safe Abortion Day statt. Der aus Lateinamerika stammende Aktionstag gibt Frauen weltweit eine Plattform, um für ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht einzustehen. Viele NGOs und Aktivist*innen weltweit haben sich im Zuge des Safe Abortion Days zusammengeschlossen. Gefordert werden unter anderem die Entkriminalisierung von Abtreibung, mehr Zugang zu sicheren und kostenlosen Schwangerschaftsabbrüchen, bessere und ausschließlich freiwililge Beratungsmöglichkeiten sowie das Ende der Diskriminierung von Frauen, welche Abtreibungen in Anspruch nehmen. Das gemeinsame Motto des bundesweiten Aktionstags zum International Safe Abortion Day lautet in diesem Jahr: „Schwangerschaftsabbruch ist Grundversorgung! Egal wer. Egal wo. Egal warum“. Mehr über den Safe Abortion Day sowie Möglichkeiten, wie ihr selbst aktiv werden könnt, findet ihr hier und hier.
Wie entstand der International Safe Abortion Day?
Der International Safe Abortion Day hat fand seinen Ursprung in Lateinamerika und der Karibik in Form eines Aktionstages am 28. September. Das Datum wurde gewählt, da am 28.09.1872 in Brasilien das Gesetz der freien Geburt verabschiedet worden war. Dieses Datum ist dem Aktionstag geblieben, sowie die Forderung für legale und sichere Schwangerschaftsabbrüche. Das „Women’s Global Network for Reproductive Rights“ machte daraus 2011 einen internationalen Aktionstag, an dem heute viele Gruppen beteiligt sind. In Deutschland sind dies einige Parteien und zahlreiche Gruppen, wie etwa die Pro-Choice-Bewegung.
Kundgebung in Bremen
Anlässlich des Safe Abortion Days findet am 28.09.20 um 17 Uhr eine Kundgebung des Feministischen Streik Bremens auf dem Marktplatz statt. Eine der Forderungen lautet: „Selbstbestimmung und reproduktive Gerechtigkeit für alle!“ Das bedeutet, dass es die rechtlichen Vorschriften rund um das Thema Kinderkriegen erlauben, dass frei und selbstbestimmt für oder gegen eine Schwangerschaft entschieden werden kann.
Beschlüsse der Bremischen Bürgerschaft über die Verbesserung von Schwangerschaftsabbrüchen
Am 17.09. beschloss die Bremische Bürgerschaft diverse Forderungen, welche das Ziel haben, die Rahmenbedingungen von Schwangerschaftsabbrüchen zu bessern. Diese Forderungen umfassten beispielsweise die Abschaffung des § 219a, welcher es Ärzt*innen verbietet, über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Zudem wurde gefordert, dass allen Frauen ein wohnortsnaher Schwangerschaftsabbruch ermöglicht werden soll, sowie die Verbesserung der Ausbildung von Ärzt*innen, die Abtreibungen durchführen.
Für diesen Antrag stimmten die Grünen, Linken, die SPD und die FDP. Gegen die Forderungen stimmte die CDU.
„In Bremerhaven ist derzeit überhaupt kein Schwangerschaftsabbruch möglich, und in Bremen ist die Situation mehr als angespannt,“ sagt Bremens Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm „Es gilt: Körperliche Selbstbestimmung ist ein grundlegendes Menschrecht. Deshalb müssen Schwangerschaftsabbrüche zur medizinischen Grundversorgung gehören.“
Schwangerschaftsabbrüche und Corona
Corona erschwert den eh schon eingeschränkten Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen enorm. So sind beispielsweise durch die Lockdowns Fälle von häuslicher und sexueller Gewalt gestiegen, was vermehrt zu ungewollten Schwangerschaften führte. Weitere Probleme sind geschlossene Praxen, längere Wartezeiten oder fehlerhafte Einschätzungen der Dringlichkeit.
Eine Lösung, welche in Kanada bereits praktiziert wird, wäre die Telemedizin. Hier würden Frauen in einer Apotheke die Medikamente für den Schwangerschaftsabbruch erwerben und zu Hause unter ärztlicher Aufsicht per Video-Chat einnehmen. Diese Methode könnte Kliniken entlasten und dafür sorgen, dass das Ansteckungsrisiko minimiert wird.
Die USA und Polen: Wie dreht man die Uhr zurück?
In Ländern, in denen nominell demokratische Gesellschaften unter dem Einfluss von rechtsgerichteten Staatsoberhäuptern versuchen, sich in einer despotischeren Weltordnung zurück zu verwandeln sind Manipulationen am Justizsystem an der Tagesordnung. Trumps Nominierung von Amy Coney Barrett an den US-Supreme-Court sichert ihm ein streng katholisches, konservatives Zünglein an der Waage im amerikanischen Rechtssystem. In den republikanisch regierten US-Staaten ist das Recht auf Abtreibung für normale (nicht superreiche) Frauen schon jetzt de facto außer Kraft gesetzt. Bald wird es vermutlich ganz „legal“ abgeschafft. Der Film Niemals Selten Manchmal Immer, der am 1. Oktober 2020 in die Kinos kommt zeigt den Weg einer jungen Frau vor genau diesem Dilemma.
Polen, schon jetzt das Land mit den strengsten Abtreibungsgesetzen Europas, wählt den Gang durch das Verfassungsgericht. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Parlament in erster Lesung gebilligt hat. Missbildungen oder unheilbarer Krankheit des Kindes sind dann kein Grund mehr zum Abbruch. Abtreibungen wären dann nur noch erlaubt, wenn die Gesundheit der Frau gefährdet ist oder sie vergewaltigt wurde. Dziewuchy Berlin ist eine Vereinigung von polnischen und deutschen Frauen, die von Berlin aus gegen die Staatsmacht mobilisiert.
Auch in Deutschland wird mit Einschüchterungen und Rechtsmitteln versucht, die Rechte von Frauen einzuschränken
Einschüchterungen werden hauptsächlich gegen Ärzt_innen gerichtet. Es gibt immer weniger Praxen, die es angesichts Hassaktionen und -drohungen sowohl im Netz als auch vor Ort bereit sind, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Die Schauprozesse gegen Kristina Hänel, Natascha Nicklaus und Nora Szász haben dies trotz leichter „Reform“ des §218 gezeigt. Jetzt berichtet Kristina Hänel im Spiegel „Ich will einfach nicht ermordet werden.“ Denn im vertrackten deutschen Strafrecht wurden §218 (Schwangerschaftsabbruch) sowie §219a (Werbung dafür) nie abgeschafft sondern nur „außer acht gelassen“. Der Podcast von Sandra Sperber Wie Deutschland Frauen kriminalisiert geht diesen Sachverhalt auf den Grund.
Melissa Eiseler, CK, Sarah-Lisa Walz, Glenys Gill
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