„Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen.“ So hieß es zunächst. Nach äußerst viel Kritik seitens anderer Parteien und Bürger wurde die Forderung der CSU abgeschwächt: „Wer dauerhaft hier leben will, soll motiviert werden, im täglichen Leben Deutsch zu sprechen.“ Ist aber auch nicht besser.
Viel Aufregung und Missbilligung erntete die CSU nach ihrem Appell an Migrantenfamilien, zu Hause mit der Familie Deutsch zu sprechen. Es wirke sich positiv auf die Integration aus, lautete eine Erklärung. Doch nicht nur CDU-Generalsekretär Peter Tauber grenzte sich von diesem Vorschlag ab: „Ich bin der Meinung, dass es die Politik nichts angeht, ob ich daheim lateinisch, klingonisch oder hessisch rede.“ Die Reaktionen auf die „Bitte“ der CSU waren unterschiedlich, wenn auch ausnahmslos negativ; Absurdität und Respektlosigkeit sind nur zwei der Vorwürfe.
Im Grunde ist es sowieso unmöglich, diese Forderung umzusetzen. Dass Deutsch keine leichte Sprache ist, ist kein Geheimnis und rund um die Uhr damit konfrontiert zu sein, in einem Land, das nicht die Heimat ist, ist mit Sicherheit nicht einfach. Die eigene Muttersprache vernachlässigen zu müssen und den Kindern womöglich das zweisprachige Aufwachsen zu verwehren, ist auf gut Deutsch gesagt eine Frechheit. Zum einen ist Zweisprachigkeit mit vielen Vorteilen verbunden, wie zum Beispiel die Ausgeprägtheit der kognitiven Fähigkeiten, auch in weiteren erlernten Sprachen.
Zum anderen wird mit der – oder den – Muttersprache(n) Identität übermittelt. Würden die Zugewanderten nicht mehr ihre eigene Sprache praktizieren dürfen, würde ein Teil ihrer Identität verloren gehen. Außerdem ist es schwierig, beim Erlernen einer neuen Sprache, diese sofort in allen Lebenssituationen anzuwenden, das Vokabular und die Ausdrucksmöglichkeiten können nur Schritt für Schritt erweitert werden. So würden die Eltern, die Deutsch gerade erst lernen, den Kindern nicht ganz korrektes Deutsch beibringen, was wiederum negative Auswirkungen auf die Bildung dieser hätte. Sprechen sie zuhause aber die Muttersprache(n) der Eltern und im Kindergarten und in der Schule Deutsch – im Idealfall lernen die Kinder dann beide Sprachen von Muttersprachlern – ist die Chance höher, dass sie innerhalb von Monaten beide Sprachen gut beherrschen.
Die Forderung der CSU ist also gelinde gesagt, in jeder Hinsicht unklug. Mit Integration hat diese Sprachvorschrift wenig zu tun, ein Verbundenheitsgefühl kann nicht entstehen, wenn die Muttersprache „verboten“ wird.
Zweisprachig aufzuwachsen ist ein Segen, jede_r der dieses Privileg genießen konnte, wird mir da zustimmen.
Zu diesem Thema ist folgender Artikel empfehlenswert: „Zweisprachigkeit anerkennen, nicht miesmachen“ aus der ZEIT.
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Amélie Schlachter
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