Wie beeinflusst Pornographie unser Verhalten oder unsere Sichtweisen auf Körper? Welche Rolle spielen Macht, Geschlecht, Klasse oder kolonialistische Strukturen? Die öffentliche Ringvorlesung der Universität Bremen stellt Pornographie in den Mittelpunkt. Am 18. April startet die Veranstaltungsreihe „Critical Porn Studies – künstlerisch-mediale Positionen und neue Perspektiven“.
Der Duden definiert Pornographie als „sprachliche, bildliche Darstellung sexueller Akte unter einseitiger Betonung des genitalen Bereichs und unter Ausklammerung der psychischen und partnerschaftlichen Aspekte der Sexualität“. Die Bandbreite des Themas ist jedoch viel größer. Alleine im Jahr 2019 hatte die Seite Pornhub mehr als 42 Billionen Aufrufe und Deutschland stand auf Platz 6 der Länder mit den höchsten täglichen Zugriffen. Pornographie gehört somit zum Alltag vieler Menschen, doch wird wissenschaftlich und kritisch immer noch wenig diskutiert, vor allem wenn es um Ästhetik, Gesellschaft und Ökonomie geht.
Nun hat sich ein achtköpfiges Team aus wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, Researcher*innen und Universitätslektor*innen mit diversen Forschungsschwerpunkten zusammengesetzt, um eine Veranstaltungsreihe mit geladenen Expert*innen zu organisieren. Die Idee ist aus einer Initiative von Mitgliedern des Mittelbaus am Institut für Kunstwissenschaft, Filmwissenschaft und Kunstpädagogik (IKFK) entstanden.
Vom 18. April bis zum 18. Juli findet dienstagabends eine Vorlesung mit wechselndem Schwerpunkt, wechselnden Sprecher*innen und wechselnden Orten in Bremen statt. Diese sind teilweise auf Englisch und auch hybrid möglich zu besuchen (Anmeldung zur Online-Teilnahme an einzelnen Terminen bis zum jeweiligen Vortag an: tobias.dietrich[at]uni-bremen.de). Alle Veranstaltungen sind öffentlich und nicht-Studierende sind ebenfalls herzlich eingeladen!
Warum genau Porno?
Auf die Frage, warum genau Pornographie das Thema der Ringvorlesung geworden ist, antwortet uns das Team: „Weil Porno so vieles sein kann und darüber möchten wir reden. Pornografie kann befreien und empowern, aber auch überfordern und normieren. Dass sich zu einem der ältesten Gründe, ein Bild zu machen, erst in letzter Zeit ein Forschungsfeld entwickelt, spricht schon an sich Bände. Hinter einem oft noch schambehafteten Diskurs versteckt sich eine riesige globale Bild- und Filmproduktion, die höher nachgefragt und leichter zugänglich ist als je zuvor. Das macht es relevant. Es geht um Körper und Geschlecht, Sichtbarkeit und Gesundheit, Popkultur, Wirtschaft und nicht zuletzt um Schaulust. Die Ringvorlesung will einen vorurteilsfreien Überblick über dieses Feld bieten und Pornografie in ihrer ganzen Komplexität darstellen. Darum Porno.“
Die Ringvorlesung wird Themen wie die Fetischisierung bestimmter Ethnien in schwulen Pornos bis zu sexualisierten Nazis aufgreifen, aber auch die Perfomance des Sex und pädagogische Perspektiven stehen auf dem Plan. Allgemein befasst sich „Critical Porn Studies“ mit den künstlerischen und queer-feministischen Strategien und medialen Produktions- und Rezeptionsprozessen der Pornographie. Alle Veranstaltungen im Überblick könnt ihr entweder auf der Seite des Instituts nachlesen oder hier auf dem Programmplakat.
Worauf freut sich das Team am meisten?
Wir haben das Team gefragt auf welche Veranstaltung oder auf welche Sprecher*in sie sich denn am meisten freuen, doch die Entscheidung ist gar nicht so leicht: „Alle Beitragenden der Reihe werden einen ganz eigenen Zugang zu Pornografie präsentieren. Gerade diese Vielstimmigkeit macht es schwer, oder sogar unmöglich, eine Position herauszugreifen. Wir sind vor allem gespannt darauf zu sehen, wie sich zwischen den Beiträgen Verbindunglinien ziehen lassen werden, wo sich die Ansätze gegenseitig bereichern und an welchen Stellen möglicherweise auch Differenzen produktiv werden. Diese Bezüge in den Diskussionen immer wieder aufzugreifen und so das Themenfeld Porno kritisch zu erschließen, darauf freuen wir uns am meisten.“
Am 18. April kommt Friederike Nastold aus Oldenburg in das Hörsaalgebäude der Universität, um über das Thema „Schaulust, Pornografie, Kunst“ zu sprechen. In der darauffolgenden Woche findet ein Künstlergespräch zur Ausstellung „there´s room to sprawl, time freezes in a sense“ statt, welche von Francisco Valença Vaz und Thomas Böker kuratiert wurde und im Kunst- und Kulturverein Spedition stattfinden wird. Alle Orte und Adressen findet ihr nochmal weiter unten.
Von uns wird es jedoch nicht nur bei der Ankündigung der Ringvorlesung bleiben, denn wir begleiten die Veranstaltungen – sowohl als Zuhörerin, als auch redaktionell mit Texten zu spannenden Themen. Wir freuen uns sehr und sind schon gespannt auf Dienstag!
Isabella
Referierende: Friederike Nastold, G. Maggessi ~ R. Morusiewicz, Emre Busse, Marion Thuswald, Leonie Zilch, Lea-Sophie Schiel, Loree Erickson, Mireille Miller-Young, Julia Noah Munier
Orte:
Universität Bremen, Hörsaalgebäude HS 2010 – Universitäts-Boulevard 15, 28359 Bremen
Kunst- und Kulturverein Spedition e.V. – Beim Handelsmuseum 9, 28195 Bremen
Kukoon – Buntentorsteinweg 29, 28201 Bremen
Schwankhalle Bremen – Buntentorsteinweg 112/116, 28201 Bremen
CITY 46 / Kommunalkino Bremen e.V. – Birkenstraße 1, 28195 Bremen
Anmeldung zur Online-Teilnahme (an einzelnen Terminen bis zum jeweiligen Vortag):
Tobias Dietrich – tobias.dietrich[at]uni-bremen.de
Organisation:
Tobias Dietrich, Dr. Susanne Huber, Mira Anneli Naß, Amelie Ochs, Dr. Alexander Press, Dr. Franziska Rauh, Nadja Tamara Siemer, Rosanna Umbach
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