Die Organisation, die Dr. Stevie Schmiedel gegründet hat und leitet, kennt wohl mittlerweile fast jede*r: Pinkstinks setzt sich in Kampagnen gegen limitierende Geschlechterrollen ein. Doch wer ist die Frau, die hinter dem Kampf gegen sexistische Werbung und Gender-Marketing steckt?
Von der Unidozentin zur Vollzeit-Aktivistin
Dr. Stevie Schmiedel ist studierte Kulturwissenschaftlerin und promovierte an der University of Nottingham zur feministischen Theorie von Giellez Deleuze und Jaques Lacan. Die Deutsch-Britin lehrte nach ihrer Promotion das Fach Gender Studies an verschiedenen Universitäten, zuletzt an der Universität Hamburg. Im Sommer 2012 entschied sie sich schließlich, die akademische Karriere an den Nagel zu hängen und sich voll und ganz dem feministischen Aktivismus zu widmen. So holte sie die Lobbyorganisation Pinkstinks, die Abi und Emma Moore 2008 in England gegründet hatten, 2012 nach Deutschland. Seit dem sieht man die zweifache Mutter auf diversen Podien und Aktionen, bei denen sie über die Pinkifizierung und Gender-Marketing spricht. Ihre Faszination für Feminismus begründet sie bei wer braucht Feminismus so:
“Ich brauche Feminismus, weil es noch kein besseres Wort für das Streben nach Gleichberechtigung aller Geschlechter gibt. Es gibt viele Feminismen: Manche meinen, Frauen seien die besseren Menschen. Das ist nicht mein Feminismus. Für mich ist eine Frage des Feminismus, wieso Frauen sich pinkifizieren lassen, was die Auswirkungen auf Jungen und Mädchen sind, und wer daran verdient.”
Dr. Stevie Schmiedel, Pinkstinks und die Pinkifizierung
Mit ihrer Organisation Pinkstinks kritisiert Dr. Stevie Schmiedel genau das: Die „Pinkifizierung“ von Werbe- und Medieninhalten, die Kindern
unkomplexe, stark limitierende Geschlechterrollen zuweisen. Das beschränkende Rosa-Blau-Schema für Jungen und Mädchen, auch Gendermarketing genannt, taucht immer wieder bei Spielzeug und Kleidung, Gebrauchsartikel, sogar bei Nahrungsmitteln (mittlerweile gibt es sogar rosa Joghurts für Mädchen und blaue für Jungen!) und allgemein in der Werbung auf. Pinkstinks kritisiert die sexistische Einordnung in weibliche und männliche Artikel als wirtschaftliches Kalkül: Alles kann nun von der Wirtschaft doppelt verkauft und vermarktet werden. Unter den produzierten Geschlechtsstereotypen leiden Jungen und Mädchen gleichermaßen, wenn Jungen nicht mit Puppen und Mädchen nicht mit Autos spielen dürfen. Dabei geht es Pinkstinks nicht, wie man vom Namen her vermuten könnte, um die Verteufelung der Farbe Pink. Pinkstinks steht einfach dafür, dass die aufgezwungene Einteilung in Geschlechtsstereotype zur Profitsteigerung der Unternehmen kräftig stinkt.
Der Verein gegen die Pinkifizierung im neoliberalen Spätkapitalismus
Dr. Stevie Schmiedel führt Gespräche mit Abgeordneten, veranstaltet Workshops und Vorträge in Schulen und Jugendeinrichtungen und organisiert zudem Online- und Offlineproteste, um gegen Sexismus und die Pinkifizierung in der Werbewelt zu kämpfen.
„Es geht uns nicht um individuelle Beispiele sondern um gesamtgesellschaftliche Prozesse. Es geht um Wirtschaftsmacht, Homophobie und Sexismus in der Werbung. Wir sind der Verein gegen die Pinkifizierung im neoliberalen Spätkapitalismus. Rockt nicht? Siehste. Deshalb: Pinkstinks“,
so Pinkstinks auf ihrer eigenen Website.
In einer aktuellen Plakatkampagne klärt Pinkstinks so beispielsweise über den Unterschied zwischen sexy Werbung und sexistischer Werbung auf. Klar ist es in Ordnung, bei einer BH-Werbung eine Frau in BH zu zeigen, die Frau im BH allerdings als Deko-Objekt für die Werbung von Möbeln, Hundefutter oder Bodenparkett zu missbrauchen ist einfach plumper Sexismus. Es geht bei dem Kampf gegen sexistische Werbung also nicht gegen nackte Haut per se, sondern gegen Stereotypisierung, Erniedrigung und Diskriminierung durch sexistische Werbung. Pinkstinks richtet sich seit 2012 daher auch mit zahlreichen Online- und Offlineprotesten ebenso gegen das Format Germany’s Next Topmodel und bietet mit dem Youtube Channel Lu Likes ein Gegenformat für 12-16 Jährige.
Neues Projekt zum Monitoring von sexistischer Werbung
Im Mai 2017 startet Pinkstinks außerdem ein Monitoring-Programm zur Bekämpfung von sexistischer Werbung, welches vom Bundesfamilienministerium gefördert wird. In dem auf zwei Jahre angesetzten Projekt soll sexistische Werbung mit Hilfe einer App und einer Website unkompliziert gemeldet werden können. Über eine Datenbank kann festgestellt und aufgezeigt werden, welche sexistischen Werbeanzeigen trotz Rüge des Werberates nicht entfernt wurden.
https://twitter.com/pinkstinksde/status/847356227856121858
Dr. Stevie Schmiedel tritt mit Pinkstinks damit nun als zusätzliche Kontrollinstanz hinter dem deutschen Werberat auf. Als Werbewächterin schafft sie es hoffentlich, endlich sexistische Werbung zu verbannen und auch mehr Platz für vielfältige Rollenbilder und Wahlmöglichkeiten für alle Geschlechter in der Werbung zu schaffen. Mit ihrem Engagement gegen Sexismus ist Dr. Stevie Schmiedel auf jeden Fall ein tolles Vorbild und daher unsere Frau der Woche!
Britta Grossert
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