Fast täglich überfluten uns zur Zeit Bilder von Gewalt, Terror und Krieg. Den Bildern nach sieht unsere Welt düster aus. Dürfen wir überhaupt in eine glückliche Zukunft blicken und wenn ja, wie könnte sie aussehen?
Wir werden konfrontiert mit Szenarien von Gewalt und Terror vor denen wir nicht fliehen können. In den vorherrschenden Medien gibt es fast jeden Tag neue Meldungen, von denen wir nicht verschont bleiben. Gleichzeitig sitzen wir hier in der Redaktion bei bestem Sommerwetter, es ist Urlaubszeit und viele Menschen sind in den Ferien, um eine entspannte Zeit zu haben. Wir reden über die Wochenendausflüge zum See und planen unser alljährliches Sommerfest mit Cocktails und Grillen. Dürfen wir das überhaupt? Ist es erlaubt jetzt gerade glücklich zu sein, wo die Welt sich in so einer Lage befindet? Wir wissen es nicht und sind hin- und hergerissen. Wie nah dürfen oder müssen wir die Informationen an uns ran lassen? Ist es nicht auch unsere Pflicht, sich mit den Ereignissen auseinander zu setzen?
Ich liege Freitagabend im Bett, nachdem ich spät nach Hause gekommen bin. Um vom Tag abschalten zu können, mache ich den Fernseher an, will mich berieseln lassen. Das klappt aber nicht, überhaupt nicht. Überall höre ich über den Vorfall, der sich am 22. Juli in München abgespielt hat. Die Nachrichten hören sich verwirrend an, sie können noch nicht genau sagen, was passiert ist. In meinem Kopf drehen sich die Bilder der letzten Zeit. Nizza, Orlando, Würzburg, Paris. Diese Liste hört nicht auf. Ein Gefühl der Ohnmacht ergreift mich. Ich fühle mich hilflos, hilflos ausgesetzt. Ich bin voll. Am liebsten würde ich alles wieder aus meinem Kopf entfernen. All das Gesehene ungesehen machen. Lieber gechillt in der Sonne sitzen, gute Musik im Ohr und meinen Tagträumen nachgehen. Doch das kann ich nicht so einfach. Ich fühle mich verantwortlich für eine Welt, die gerade gefühlt aus den Fugen gerät. Auch wenn meine Welt Europa heißt und all die anderen Sachen mir weit weg erscheinen, die mich nicht betreffen.
Auf der Welt passieren tagtäglich Dinge, die von gleicher Grausamkeit sind, von denen bekommen wir aber nicht viel mit. Auf der einen Seite ist es die Berichterstattung, die Vorfälle in der westlichen Welt besonders hervorhebt. Auf der anderen Seite ist es vermutlich eine menschliche Reaktion, dass uns die Geschehnisse stärker betroffen machen, die in unserer unmittelbarer Umgebung passieren. Medizinische Unterversorgung, Hunger, Bürgerkriege, all das gibt es seit Jahren. Das ist uns leider aber im Gegensatz zu den derzeitigen Meldungen nicht bewusst oder um es noch deutlicher zu formulieren: Wir sind damit beschäftigt es ständig zu verdrängen.
Ich hätte gerne einen Gegner: den Endgegner Terror. Terror, du Ursprung allen Übels! Du vollkommen sinnloses Ding! Nur es funktioniert nicht. So funktioniere ich nicht. Unsere Medien anscheinend schon. Trotzdem verschwimmt meine Realität und ich verschwimme mit ihr. Löse mich zwischenzeitlich auf, weil die Grausamkeiten unerträglich sind. Zwischen Amokläufern, Terroristen, Diktatoren wache ich auf und spiele mit. Zünde selbst die größte Bombe, die da heißt: „Gewalt ist auch keine Lösung!“ Oder: „Lasst uns in Frieden leben!“ Auch immer gut: „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ Die Hoffnung auf was? Auf eine bessere Welt? Warum ist sie dann nicht besser? Warum ist sie dann so verdammt ungerecht? Und sind wir hier in Europa nicht die größten Schweine? Die Vorreiter des Kapitalismus, die für all das Leid verantwortlich sind? Verdammt, warum bin ich eigentlich so wütend?
Ich würde gerne wieder zurück in meinen Kokon. In meine Welt voller Sanftmut. In der wir wie die klischeehaften Hippies über bunte Wiesen springen. Alle gemeinsam. Die Lesbe, der Syrer, der Nachbar mit dem Hinkebein. Meinetwegen auch der vom Terror geheilte Terrorist. Die aus Massentierhaltung befreiten Schweine, Hühner und alle anderen Lebewesen nicht zu vergessen. Dabei tun wir noch was Gutes für die Natur und setzten überall auf Nachhaltigkeit. Wirklich klasse Idee! Beste Selbsttäuschung, denke ich mir selbst und fange an zu heulen, weil das bei mir eigentlich immer hilft, wenn ich nicht weiter weiß.
Die Welt werde ich also nicht retten können. Auch wenn das kleine Mädchen in mir sich das so sehr wünscht. Ich komme hier auch mit meinem Positiv-Gelabber nicht weiter. Nicht zu begreifen und nicht zu verstehen, das auszuhalten fällt mir verdammt schwer. Es dabei für den Moment zu belassen fühlt sich unerträglich an. Sich nicht von der Angst verleiten zu lassen, permanent Angst zu haben, wäre für mich wünschenswert. Denn vermutlich ist Angst zu verbreiten die stärkste Waffe des Terror. Auch wenn ich so gerne einen gelungenen Schlusssatz schreiben würde, gibt es hier leider kein Happy End und keine allumfassende Lösung.
Aenne Bison und Julia Wilhöft
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