Wenn Männer Rollenbilder und Denkweisen verinnerlichen, die auf Macht, Kontrolle und Aggression basieren, spricht man von toxischer Männlichkeit. Dieser Begriff wurde in den letzten Jahren viel thematisiert und diskutiert. Denn toxische Männlichkeit birgt viele Gefahren. So zum Beispiel Gewaltausübung gegen sich selbst und Andere. Diese Sichtweise beruht zwar auf stereotypen Denkweisen, die Auswirkungen, die damit einhergehen, sind jedoch statistisch nachweisbar.
Was ist toxische Weiblichkeit?
Doch auch zerstörerische Verhaltensweisen von Frauen können zu einem Problem werden. Auslöser sind auch hier wieder Rollenbilder, die Frauen verinnerlicht haben und immer wieder reproduzieren. Viele Frauen verspüren einen Druck, in allem gut sein zu müssen und die Bedürfnisse von Anderen vor die eigenen zu stellen. Dabei sollen sie zudem bitte auch noch immer gut aussehen und das Ganze mit einem Lächeln meistern.
Wenn dies einmal nicht gelingt, verurteilen sich Frauen selbst oder vergleichen sich mit anderen Frauen. „Wie schaffen die das nur immer, dass das alles so leicht aussieht? Wieso kriege ich das nicht so gut hin?“
Da kommt es schnell zu Neid und Missgunst gegenüber anderen Frauen. Verstärkt wird das Ganze durch die Tatsache, dass es in Filmen, Comics und Serien oftmals nur ein „cooles“ Mädchen gibt. Da hätten wir zum Beispiel Vanessa bei den wilden Kerlen, Black Widow bei den Avengers oder Elfi in Stranger Things. So entsteht der Eindruck, dass nur für eine starke Frau Platz ist. Rückt dann eine weitere Frau ins Bild, kommt es zu einem Konkurrenzkampf. Es entsteht eine Angst vor Verdrängung.
Ich scheine nicht, wenn du nicht scheinst
Als Antwort auf dieses Phänomen hat die amerikanische Redakteurin Ann Friedmann die Shine-Theorie entwickelt. Die Kernaussage dieser Theorie: „Ich scheine nicht, wenn du nicht scheinst.“ Hierbei geht es darum, sich in der Interaktion mit einer anderen Frau nicht bedroht zu fühlen, sondern sich zu fragen „Wäre es nicht besser, wenn wir zusammenarbeiten, anstatt gegeneinander?“
Bislang ist es jedoch oftmals noch Realität, dass von Frauen erwartet wird, passiv zu sein und sich zu fügen, anstatt Eigeninitiative zu ergreifen oder sich zusammenzuschließen. Männer hingegen werden dafür belohnt, aktiv zu sein. Der große Unterschied? Frauen erreichen durch das Erfüllen der an sie gerichteten Erwartungen keine Machtpositionen.
Ein weiterer Unterschied ist, dass bei der toxischen Weiblichkeit meist nur die Frauen selbst unter den Auswirkungen leiden. Die toxische Männlichkeit hingegen kann auch zu Gewalt gegen Frauen führen.
Trotz großer Unterschiede lassen sich toxische Männlichkeit und Weiblichkeit nicht als Gegenteilpaare bezeichnen. Vielmehr lässt sich toxische Weiblichkeit als eine weitere Erscheinungsform von toxischer Männlichkeit einordnen.
„Man könnte sagen: Beide Phänomene sind Teil einer toxischen Binarität – beide ausgerichtet auf den Bestand einer von Männern dominierten Welt.“
Wie bereits erwähnt, entstehen die beiden Phänomene durch überholte Rollenbilder und bestimmte Erwartungen an Männer und Frauen. Um diesen toxischen Verhaltensweisen auf beiden Seiten zu begegnen, braucht es aufgrund ihrer systematischen Unterschiede jedoch unterschiedliche Herangehensweisen.
Im Grunde geht es aber darum: Ja, wir stecken oftmals noch in veralteten Rollenbildern fest und es ist gar nicht so leicht aus diesen festgefahrenen Strukturen herauszukommen. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre es aber zum Beispiel, diese Rollenbilder immer wieder zu hinterfragen. Auf diese Weise wird unser Verständnis davon, was es heißt ein Mann oder eine Frau zu sein, hoffentlich erweitert. Davon würden schlussendlich alle Seiten profitieren.
Melissa Eiseler
Joachim Kleen meint
Seit über 20 Jahren arbeite ich als Familientherapeut in einer Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern mit mindestens 4 Beratungsgesprächen pro Tag. Ich behaupte mal, dass mir das einen gewissen Einblick in destruktive und toxische Verhaltensweisen von Männern und Frauen erlaubt.
Ich bin immer wieder überrascht, dass sich die Legende hält, dass Frauen in der Regel keine Gewalt gegen Männer (und Kindern) ausüben, wo doch genau dieser Umstand (Gewalt durch Frauen gegen ihre Partner/Partnerinnen und ihren Kindern) ebenso zu meinem beruflichen Alltag gehört wie Männergewalt. Dieser Umstand wird aber im öffentlichen Diskurs verleugnet, geleugnet, bagatellisiert und, wenn nicht mehr zu übersehen, als Folge traumatischer Erfahrungen der Täterin beschrieben; also wiederum als Handlung eines weiblichen Opfers betrachtet. Frau bleibt also immer Opfer, obwohl sie Täterin ist!!!
Bitter für die Opfer von Frauen, egal ob Partnerinnen und Partner oder deren Kind/er. Sie finden kein Gehör, keine Hilfe und verbleiben somit häufig genug in Ihrerm Trauma hängen. Unterstützung finden Täterinnen i.d.R. in Jugendämter, bei Familiengerichten und selbstverständlich in Beratungsstellen für Frauen, weil die dort handelnden Personen Frauen nicht als Täterinnen ansehen wollen/können/dürfen.
Als professioneller Berater und Therapeut kann ich darüber nur noch verzweifeln, weil eine Täter(innen)gruppe vollkommen ausgeblendet wird, obwohl Frauen genauso häufig Täterinnen werden wie Männer. Die verschiedenen Formen weiblicher Gewalt unterscheiden sich allerdings von denen der Männer und sind nicht sichtbar. Ein blaues Auge sieht man, eine vergewaltigte Psyche nicht.
David meint
Ich habe im Internet gezielt nach dem Begriff der toxischen Weiblichkeit gesucht, da ich diese als Mann im Arbeitsleben immer wieder erfahren habe. Meine Freunde würden mich wahrscheinlich als modernen und zugleich sensiblen Mann beschreiben. Trotz dieser eher weichen Charakterzüge komme ich mit männlichen Kollegen meist gut und locker zurecht.
Kaum arbeite ich aber mit Frauen zusammen, werden meine Offenheit und Nettigkeit häufig weder wertgeschätzt, noch erwidert. Ganz im Gegenteil. Ich habe es nicht selten erlebt, dass Frauen diese ausnutzen, und mich zu dominieren versuchen. Auch erlebe ich häufiger, dass Frauen im Arbeitsprozess weniger Wert auf die Netiquette legen und geradezu Scheuklappen aufhaben, wenn es auf der Arbeit doch um so viel mehr geht, als reine Ökonomie. Wir verbringen einen Großteil unseres Lebens auf der Arbeit. Da ist es doch wichtig, dem Gegenüber respektvoll zu begegnen und seine Integrität zu wahren, damit man zumindest einen Mindestwert an zwischenmenschlicher Harmonie aufrechterhalten kann. Es ist doch unlängst bekannt, dass Menschen deutlich bessere Arbeit liefern, wenn sie sich dabei wohlfühlen. Leider kann ich mich unter den meisten Frauen nicht wohlfühlen, da bei mir häufig der Eindruck entsteht, sie würden mit Scheuklappen durch den Arbeitsalltag gehen, lediglich ein mechanisches Ziel vor Augen, aber keinen Sinn für zwischenmenschliche Bedürfnisse. Es kann nicht sein, dass Frauen (zurecht) fordern, dass Männer ihre toxische Dominanz aufgeben sollen, nur um dann ihrerseits zum Unterdrücker zu werden.
Es klingt jetzt vielleicht doof und vor alle reaktionär, wenn ich das sage, aber der Arbeitsalltag unter Männern ist aus meiner Wahrnehmung einfach deutlich entspannter, und in meinem Fall für mich auch psychisch deutlich gesünder.
Ich würde mich freuen, wenn diese Art der Unterdrückung von Männern durch Frauen auch endlich im öffentlichen Diskurs thematisiert werden würde.
Florian Gutmann meint
Respekt und Wertschätzung entsteht aus dem Gedanken an ein gemeinsames Ziel,
im Gegensatz dazu sind Gefühle überwiegend selbstbezogene Empfindungen. ‚Loyalität‘ in einer Gruppe bleibt als letzter Rest der nur nach Wellness und Leichtigkeit suchenden.
Traurig.
Richtig gutes Zeug meint Deichkind übrigens dazu, macht es nicht im Ansatz an einem Geschlecht fest.
Liebe Autorin,
ich hoffe sie schaffen es irgendwann ihre Vorstellung von toxischen männlichen Genen ebenso abzulegen; die gleiche Scham beim Schreiben empfinden als würden Sie Verhalten an Hautfarbe festmachen.
Dom meint
Hallo Frau Eiseler,
so so, Frauen können keine psychische oder emotionale Gewalt anweden?! M A N I P U L A T I O N ist das Schlagwort, diese geschieht unter- und niederschwellig. Aber vielleicht ist das in Ihren Kreisen die Norm und wird deswegen nicht als Gewalt angesehen.
Zu „dass von Frauen erwartet wird, passiv zu sein und sich zu fügen, anstatt Eigeninitiative zu ergreifen oder sich zusammenzuschließen.“ Sie können sich nicht vorstellen, wieviele Frauen es geniessen passiv zu sein, das aus Erfahrung nachdem ich schon ehemalige Partnerinnen zu mehr Initiative aufgefordert habe. Vielleicht gibt es eben doch das männnliche und weibliche Design und Gender-Homogenisierung ist einfach nur schädlich für die Identität?
MAT meint
„Ein weiterer Unterschied ist, dass bei der toxischen Weiblichkeit meist nur die Frauen selbst unter den Auswirkungen leiden. Die toxische Männlichkeit hingegen kann auch zu Gewalt gegen Frauen führen.“
Diese Aussage ist vollkommen aus der Luft gegriffen. Frauen können besonders gut Männer durch psychische Gewalt Schaden zufügen. Sie kontrollieren Ihren Partner durch Manipulation, Einschüchterung und Domination. Besonders beliebt ist hierbei das Spiel „Komm her- Geh Weg“. Das Ziel ist, die systematische Zerstörung des Selbstwertgefühl des Partners. Depressionen, psychosomatische Erkrankungen und sogar eine Veränderung der Hirnstruktur können die Folgen sein.
Wer Schaden anrichten möchte, suchst sich dabei die passenden Methoden, egal ob Mann oder Frau.
Paliachi meint
Danke ! Wichtig !🙏
Daniel meint
Danke …. Wirklich nicht aus der Luft gegriffen … Ich dachte ich habe ein Problem ….
Katharina meint
Absolut richtig!
Lena Erner meint
….die toxische Weiblichkeit soll also lediglich eine Erscheinungsform der toxischen Männlichkeit sein ? Da bitte ich doch bitte mal tiefergehend und kritisch drüber nachzudenken ob das so sein kann…….ich halte diese These für unzutreffend…. Frauen sind Menschen und haben ganz unabhängig von männlichen Menschen Ihre eigenen toxischen Anteile und genauso wie Männer haben auch Frauen Persönlichkeitsstörungen wie zB. Borderline , Narzissmuss uä…die zu toxischem Verhalten, eben in eher weiblicher Ausprägung und Ausdrucksformen führen…
Amin meint
@Lena Erner: Danke dass Du darauf aufmwerksam geworden bist und auch den Hniweis gemacht hast. Toxische Frauen gibt’s ohne Ende. Sie haben noch schlimmers Verhalten, das die ganze Bezieuhng stürtzen kann. Hab mich auch grade gefragt, warum in 80% der Seiten im Interent nur von toxischen Männern reden. Als wären Frauen immer die braven und Opfer. Das irgendwie ungesundes und verstecktes Feminismus.
Sommer, meint
Toxische Männlichkeit/ Weiblichkeit meint nicht toxisches Verhalten bei Menschen, oder pathologische Zustände, sondern ein ungesundes Maß an Konformitätsdruck mit Erwartungen an veraltete Rollenbilder von Geschlechtern. Toxisch männlich ist Verhalten von beispielsweise Männern,die nicht über Gefühle reden, da ihnen beigebracht würde, dies sei „unmännlich“. Der Leidensdruck besteht darin, dass sie zB Frustration nicht abbauen können oder einen „männlichen“ Weg dazu wählen müssen, wie Gewalt als Lösung was meistens im echten Leben Schäden zur Folge hat. Auch das Umfeld kann Leiden, da es von der fehlenden Kompetenz betroffen sein kann.
Libelle meint
Leider ist es diesem Artikel einseitig nur gelungen, toxische Weiblichkeit allein auf das männlich-binäre Täter-Stereotyp zu reduzieren. Für wirkliche toxische Weiblichkeit in Form tatsächlicher Übergriffigkeit und ungehobelten Verhaltens gegenüber Mänern, welches seit Jahren grassiert und für das es perfider Weise nichtmal ein Bewusstsein gibt (anders als für toxische Männlichkeit), wird leider nicht sensibilisiert.
Schade!
Ich hoffe auf Freischaltung…
Sahara meint
Danke. Das war auch mein Gedanke Hierzu.