Über Jahrzehnte zeigten die Modedesigner*innen ihre Kollektionen im halbjährlichen Rhythmus – einmal die Sommermode, dann die Winterkollektion. Zwar gibt es immer noch die aufwendige Präsentationen der neuesten Entwürfe der Sommer- und Herbst/Winter-Mode für eine kleine, gut betuchte Käuferschicht. Die Produktion für den*die Normalverbraucher*in jedoch geschieht nicht nach Jahreszeiten, sondern nach Umsatz.
Angebot und Nachfrage dank Strichcode
Um diesen zu erzielen, werden ständig neue Trends kreiert und aufwändig beworben. Ob die Artikel von den Kund*innen angenommen werden, kann durch den Einsatz von Computern im Verkaufsprozess sehr schnell ermittelt werden. Der Strichcode auf den Preisschildern wird an der Kasse eingescannt und so kann rasch festgestellt werden, welcher Artikel besonders stark nachgefragt wird. Um ihn nachliefern zu können, wird umgehend bei den Hersteller*innen in verschiedenen Ländern Asiens die Ware mit sehr engen Lieferterminen geordert. Dabei sind die Gewinnmargen für die Hersteller*innen sehr klein. Die Lieferant*innen und Vertragspartner*innen unterbieten sich gegenseitig, um Arbeitsaufträge von den Firmen zu erhalten.
Angebot zu Lasten der Arbeiter*innen
Diese Bestellpraxis bewirkt, dass der Arbeitsort, das Volumen und die Dauer der Arbeitsaufträge und der Arbeitsverträge “flexibel” sind. Die Arbeiter*innen, die auf dieser “globalen Fließbandanlage” Kleidungsstücke herstellen, erhalten nur für die Zeiten der Spitzennachfrage Verträge und werden entlassen, wenn diese nachlässt. Zudem bedeutet die enge Fristsetzung, dass tägliche Arbeitszeiten von 12 bis 16 Stunden anfallen. Häufig werden nicht alle Überstunden bezahlt, weil die Produktionsmarge für eine Stunde viel zu hoch angesetzt wird. Schaffen die Arbeiter*innen die Stückzahl nicht entsprechend der vorgegebenen Zeit abzuarbeiten, müssen sie dies häufig unentgeltlich in den Überstunden tun.
In einem Pilotprojekt wurden die Auswirkungen der Einkaufspraktiken auf die Arbeitsbedingungen in einer Fabrik in der Türkei analysiert. Es zeigte sich eindeutig, dass diese Strukturen der Mode- und Bekleidungsindustrie zu schlechten Arbeitsbedingungen und zu einer zunehmenden Informalisierung der Arbeit führen.
Dieses Beispiel beweist einmal mehr, dass der Einsatz neuer Technologien nicht automatisch zur Verbesserung der Situation der Beschäftigten führt. Der Gewinn aus dieser Form der Rationalisierung ist sehr einseitig. Mehr denn je sind also klare Vereinbarungen zwischen Produzent*innen und Beschäftigten notwendig, von denen beide profitieren.
Edith Laudowicz
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