Wer zwischen 2015 und 2018 Englisch-Abitur geschrieben hat, kennt sehr wahrscheinlich den Roman „Half Broke Horses“ von Jeannette Walls. Das Buch beschreibt die Geschichte von Amelia Earhart, die unter anderem für ihr feministisches Engagement in der Luftfahrt bekannt ist. Und auch wenn es für viele vielleicht eher semi-spannend war, einzelne Textstellen der Abi-Lektüre immer wieder durchzukauen und daraus irgendwelche „Challenges and Choices“ zu ziehen – es lohnt sich, sich einmal näher mit Amelia Earhart auseinanderzusetzen. Denn die Frauenrechtlerin und Flugpionierin hatte einiges drauf.
Amelia Earharts Kindheit
Amelia Mary Earhart wurde im Jahr 1897 im amerikanischen Bundesstaat Kansas geboren. Schon als junges Mädchen lehnte sie sich stets gegen die herrschenden Geschlechterideale auf. So kletterte sie zum Beispiel gern auf Bäume, übte mit dem Gewehr zu schießen und trug lieber Hosen als Röcke. Zur damaligen Zeit war es etwas Besonderes, dass ein Mädchen sich an solche Hobbys „traute“. Die geltenden Vorstellungen, wie sich Männer und Frauen beziehungsweise Jungen und Mädchen zu verhalten haben, waren sehr eng.
Das erste Ziel erreicht
Auch in ihrem weiteren Lebensverlauf stellte Amelia Earhart die bestehenden gesellschaftlichen Geschlechtervorstellungen in Frage. Nachdem sie zum ersten Mal in einem Flugzeug mitgeflogen war, wusste sie: das will sie auch. Von diesem Zeitpunkt an hatte sie den Traum, selbst Pilotin zu werden und um die Welt zu fliegen. Zur damaligen Zeit war das kein selbstverständliches Ziel für eine Frau, da es nur sehr wenige Pilotinnen gab. Doch Earhart tat alles für ihren Traum. Sie arbeitete insgesamt in fast 30 verschiedenen Berufen, um dem Ziel des Fliegens näher zu kommen. Zeitweise war sie zum Beispiel in der Krankenpflege tätig oder als Telefonistin. So konnte sie sich von ihrem gesparten Geld schließlich Flugstunden und ein eigenes Flugzeug leisten.
„Frauen müssen für alles bezahlen. Sie bekommen mehr Ehre, für vergleichbare Heldentaten als Männer, aber sie bekommen auch schneller einen schlechten Ruf wenn etwas fehlschlägt.“
Amelia Earharts Rekorde
Ihren ersten Weltrekord stellte Amelia Earhart während eines Flugs im Jahr 1922 auf, als sie als erste Frau eine Flughöhe von circa 4300 Metern erreichte. Erneut für Schlagzeilen sorgte sie auch, als sie 1928 als erste weibliche Passagierin den Atlantik in einem Flugzeug überquerte. Für diesen Rekord wurde Earhart in den USA groß gefeiert. Dem Piloten des Flugs, Wilmer Stultz, schenkte die Öffentlichkeit dabei nur wenig Beachtung. Da sie dabei aber nicht selbst die Pilotin des Flugzeugs war, fühlte sich Amelia Earhart wie „Gepäck, wie ein Sack Kartoffeln.“ Um ernsthafte Rekorde zu schreiben, war für Earhart klar: Sie muss dabei selbst am Steuer sitzen.
Und das tat sie auch: Nach jahrelanger Übungszeit schaffte sie es im Jahr 1932 als erste Frau, den atlantischen Ozean im Flugzeug allein zu überqueren. Zusätzlich zu diesem Rekord war Amelia Earhart damit der erste Mensch, der den Atlantik überhaupt zweimal überflogen hatte. Und das waren nur einige der zahlreichen Rekorde, die Amelia Earhart sowohl als erster Mensch als auch als erste Frau aufstellte.
Die Flugpionierin im Aktivismus
Amelia Earhart ist nicht nur für ihre Flugrekorde bekannt, sondern auch für ihr Engagement als Frauenrechtlerin in der Luftfahrt. So nahm sie zum Beispiel am ersten Flugwettbewerb für Frauen teil, dem „Cleveland Women´s Air Derby“. Ihre Bekanntheit nutzte die Pilotin stets dafür, „die Frauen aus dem Käfig ihres Geschlechts herauszuholen“. Sie forderte die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, in der Luftfahrt und allgemein. Weiter war sie Mitgründerin des Vereins „Ninety Nines“. Dieser setzt sich für die Förderung von Frauen in der Luftfahrt ein – ein männerdominiertes Feld. Auch heute noch teilen die Mitfrauen des ehrenamtlichen Vereins ihre Erfahrungen und unterstützen einander. Und das mit steigender Tendenz: Mittlerweile gehören Ninety Nines tausende von Pilotinnen aus insgesamt 44 Ländern an.
Ihr letzter Flug
Amelia Earharts größtes Ziel als Pilotin war, die Erde am Äquator entlang einmal zu umrunden. Damit wär sie der erste Mensch gewesen, der das geschafft hat. Nachdem sie ihren ersten Versuch der Aktion aufgrund eines Unfalls beim Start abbrechen musste, setzte sie im Mai 1937 erneut zu der Reise an. Einige Zeit läuft alles gut und so hatte Amelia Earhart schon schnell einen Großteil der Strecke geschafft. Im letzten Viertel ihrer Reise war ein Zwischenstopp auf der Howlandinsel im pazifischen Ozean geplant. Um die Insel aus der Luft finden zu können, war abgemacht, dass ein Schiff ihr Funksignale von dort sendet. Die Kommunikation zwischen Flugzeug und Schiff lief jedoch nicht so wie geplant – Amelia Earhart konnte keine Signale empfangen. So war es ihr nicht möglich, die Insel zu finden. Nachdem auf dem Schiff keine Funksignale mehr von Earhart ankamen, wurde eine große Suchaktion nach ihr durchgeführt. Jedoch konnte weder das Flugzeug noch die beiden Insassen, Earhart und ihr Navigator Fred Noonan, gefunden werden. Es wird vermutet, dass die beiden aufgrund von leeren Treibstofftanks über dem Pazifik abgestürzt sind.
Als Vorreiterin für Frauen in der Luftfahrt leistete Amelia Earhart viel für das Frauenbild in einem männerdominierten Berufsfeld. Durch ihre selbstverständliche und selbstbewusste Art zeigte sie der Öffentlichkeit, dass die Luftfahrt nicht nur für Männer reserviert ist. Sie ebnete für viele Frauen den Weg in ein tolles Hobby und Berufsfeld. Und durch Vereine wie „Ninety Nines“ wirkt Amelia Earharts Arbeit bis heute weiter.
Sarah-Lisa Walz
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