Ausma wer? Unsere heutige Frau der Woche ist im Gegensatz zu ihren meisten Vorgängerinnen weder aus einem vergangenen Jahrhundert, noch Künstlerin, Autorin oder in irgendeiner anderen Art und Weise berühmt. Und doch sollte man sich diesen ungewöhnlichen Namen merken, denn Ausma Zvidrina mischt die Kulturszene Bremens seit einigen Jahren auf.
Zunächst studiert Ausma Germanistik und Kulturwissenschaften und macht eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Nach so viel Theorie stürzt sie sich in die Praxis und verkauft, zusammen mit ihrem WG-Mitbewohner, Bücher und Platten am Rand von Konzerten. Irgendwann fällt den beiden auf: „Mensch, wir haben den ganzen Krempel die Woche über zu Hause stehen und fahren nur zweimal im Monat zu Konzerten, um zu verkaufen. Lass uns das doch auch mal unter der Woche machen.“
So entsteht aus einem alten Polaroid vom Flohmarkt ein selbstgebastelter Flyer, der zu dem improvisierten Verkauf in einem ungenutzten Raum ihrer WG einlädt. Mit spartanischen Mitteln, Büchern und Platten begeistern die beiden viele mit dem unüblichen Konzept. Es wird so gut angenommen, dass der kleine Verkauf irgendwann aus der WG ausziehen kann.
Bücher, Platten und eine Diskokugel aus Pappe
Wer bei Buchläden an monochrome Bücherregale im Neonlicht, gelangweilte Verkäufer*innen mit Namensschildern und den genervten Satz: „Nein, bitte nicht als Geschenk einpacken“ denkt, der sollte dringend den Golden Shop besuchen. Abseits vom bunten Getümmel und dem stressigen Verkehr auf der Hauptstraße, liegt der Bücher- und Plattenladen in einer Seitenstraße am Sielwall mitten im Viertel. Ausma findet man hinter ihrem Computer ganz am Ende des kleinen Raumes. Ohne Namensschild und alles andere als gelangweilt.
Mit der Gründung des Golden Shops schaffte sie den Sprung vom improvisierten WG-Verkauf zum eigenen Buchladen. Nach dem Auszug aus der WG, ist der Laden groß geworden und nun schon elf Jahre alt.
Bücherregale hoch bis zur Decke, bis obenhin gefüllt mit den verschiedensten Büchern. In der Mitte des Raumes steht ein Tisch, mit weiteren Bücherstapeln. Darüber hängt ein Pappschild, auf das eine Diskokugel gekritzelt ist. In der Ecke döst Ausmas Hündin.
Durch eine schmale Treppe kommt man hoch zu den Platten. Neben Regalen und Plattenspielern, stehen dort eine alte Lampe und ein Skateboard in der Ecke. Der ganze Laden fühlt sich eher wie ein Wohnzimmer an und jedes Detail lädt ein, sich dort stundenlang aufzuhalten.
Ein Laden, eine Frau, viele Facetten
Ausmas Konzept lässt sich einfach zusammenfassen: „Ich hab halt Bock die guten Bücher zu verkaufen.“
Ob Romane, Bücher der linken Politik, Comics, Graphic Novels und natürlich Schallplatten – Der Golden Shop bietet eine vielfältige Auswahl und bedient auch die ein oder andere schmale Nische. Hier kann man bestimmte Bücher einfach aus dem Regal greifen und muss sie nicht erst bestellen, wie in herkömmlichen Buchläden.
Doch für Ausma ist es viel mehr, als der Verkauf von Waren: sie verkauft Inhalte. Denn sie nimmt sich die Zeit, ihre Kund*innen zu beraten. Statt errechneten Buchempfehlungen auf Grund eines Algorithmus, hat man im Golden Shop eine persönliche Beratung die einen auch mal aus gewohnten Denkmustern rausholt. „Ich will jetzt nicht so tun, als könnte man damit irgendwie Leute von Grund auf verändern. Aber das was du liest, beeinflusst dich schon in irgendeiner Weise. Hier finden Leute Bücher, da wären sie sonst nicht drüber gestolpert. Sowas erweitert dann schon den Horizont.“
Doch bei Ausma gibt es nicht nur was zu Lesen, sondern auch was auf die Ohren: Gelegentlich holt sie angesagte Bands in die Friese. So wie letzten Samstag, als der Golden Shop sein elfjähriges Jubiläum feierte und Ausma eine Premiere.
Die Goldene Serie geht weiter
Denn neben Konzert-Mogulin und Beratungs-Guru ist sie nun auch Verlegerin. „Mir war klar, irgendwann kommt bestimmt das richtige Buch bei dem ich mir denke: Ach verdammt, das muss rausgebracht werden. Ich will, dass es dieses Buch gibt.“ Aus dieser Intention heraus gründete sie den Verlag „Golden Press“.
Golden Press – die logische Konsequenz. Hatte der Golden Shop noch Bock das zu verkaufen, was er geil findet, hat die Golden Press Bock das herzustellen, was sie geil findet. In gewohnt persönlicher Zusammenarbeit ermöglichen wir guten Leuten aus unserem Umfeld, individuelle Werke zu veröffentlichen und dabei stets Haltung zu bewahren. Das fühlt sich genau richtig an und kann genau so in Stein gemeißelt werden.
– Golden Press 11.09.2018
Als ihr ein Freund von seinem Fotobuch Copines und dem einhergehenden Stress mit den Verlegern erzählt, fackelt Ausma nicht lange: Sie veröffentlicht das Buch einfach selber.
Es ist selten, dass sich der Charakter einer Besitzerin so in einem Laden widerspiegelt wie bei Ausma und ihrem Golden Shop. Die beiden sind einfach super cool und unzertrennlich. Bücher erweitern unseren Horizont und helfen unser Wissen zu erweitern. Dieses Wissen gibt uns Macht, gegen Ungerechtigkeiten anzukämpfen und etwas zu verändern. Ausma kümmert sich darum, dass jede*r das richtige Buch findet. Egal ob man sich damit politisch weiterentwickelt oder einfach, um etwas Ablenkung zu finden – aus diesem Grund ist sie unsere Frau der Woche.
Josephine Struckmeier
Update Dezember 2019: Mit der ersten Romanveröffentlichung ( Dietmar Dath: Du bist mir gleich) berichtet auch der Weser-Kurier über den Golden Shop und die Verlegerin Ausma Zvidrina. Im ersten Kapitel kann frau* auf dem Blog von HB-People schmökern.
Kerstin meint
Endlich mal eine “alltägliche” Bremerin als Frau der Woche. Werde Ausmas Golden Shop auf jeden Fall besuchen. Bitte mehr solcher Artikel!
Antoni meint
Hallo Kerstin, mir hat der Text auch gut gefallen. Bestimmt gefällt dir dann auch das Special der frauenseiten vom September 2017. My local heroine (https://frauenseiten.bremen.de/blog/category/specials/local-heroine/). Viele Grüße
redaktion meint
Hallo Kerstin,
schön, dass dir unser Artikel gefällt. Viel Spaß im Golden Shop. Deine Anregung ist bei uns angekommen 🙂 .
Herzlichst,
Josephine und das Redaktionsteam.