Unsere Frau der Woche, anlässlich des internationalen Tages der Frauengesundheit am 28.5, ist Henrietta Lacks. Sie trug unwissentlich und wesentlich zur Erforschung von diversen Krankheiten bei.
Henrietta Lacks ist geboren am 1. August 1920 in Roaknoke in Virginia. Gestorben ist sie an Gebärmutterhalskrebs mit gerade einmal einunddreißig Jahren im Oktober 1951 in Baltimore, Maryland in den USA. Ohne ihr Wissen wurden ihr Gewebeproben aus dem Tumor entnommen und daraus die erste menschliche Zellinie kultiviert. Diese Zellen wurden nach ihren Vor- und Nachnamen Initialen „HeLa-Zellen“ benannt. Seit 70 Jahren wird mit den Zellen geforscht.
Wer war Henrietta Lacks?
Henrietta Lacks wuchs mit neun Geschwistern auf. Sie war das neunte Kind von Eliza Lacks und John Randall Lacks. Ihre Mutter starb als sie vier Jahre alt war, während der Geburt ihres zehnten Kindes. Danach wurde Henrietta Lacks und ihre Geschwister auf die Tabakplantage ihrer Großeltern gebracht. Sie hatten die Tabakplantage von Henrietta Lacks weißem Urgroßvater Albert Lacks vererbt bekommen. Dieser zeugte mit seiner Sklavin fünf Kinder, die auf der Tabakplantage und im Haushalt arbeiten musste. Nach seinem Tod erbten seine Kinder die Tabakplantage, so auch der Großvater von Henrietta Lacks. Die Arbeit auf der Plantage war schwer und es gab immer sehr viel zu tun, so das Henrietta und ihr Cousin David die Schule vorzeitig abbrachen. Mit vierzehn Jahren bekam Henrietta Lacks ihr erstes Kind von ihrem Cousin David. Beide heirateten, bekamen weitere Kinder und zogen nach Maryland, aufgrund der Arbeits- und Lebensbedingungen auf der Tabakplantage.
Krebserkrankung und Tod
Nach der Geburt ihres fünften Kindes bemerkte Henrietta Lacks immer wieder heftige Unterleibsblutungen und ging daraufhin am 29. Januar 1951 ins „John Hopkins Hospital“, welches eines der wenigen Krankenhäuser in der Umgebung war, das Afroamerikaner*innen in Behandlung nahm. Untersucht wurde sie vom Gynäkologen Howard W. Jones, der einen großen Tumor im Gebärmutterhals entdeckte. Die Diagnose stand fest: Henrietta Lacks war an Gebärmutterhalskrebs erkrankt. Ungeklärt ist bis heute, wie der Tumor so schnell wachsen konnte, da sie nach der Geburt ihres Sohnes untersucht worden war und sechs Wochen darauf folgend noch einmal. Der Gynäkologe Howard W. Jones nahm Gewebeproben von dem Tumor, um diese weiter zu untersuchen. Die Behandlung, die Henrietta Lacks gegen den Krebs bekam, war eine „interne Strahlentherapie“. Hierzu wurde eine radioaktive Strahlenquelle, in ihrem Fall Radium, in die Nähe des Tumors in den Gebärmutterhals eingesetzt. Henrietta Lacks starb nach schlimmen Schmerzen am 04. Oktober 1951 im Alter von einunddreißig Jahren an Nierenversagen.
HeLa-Zellen: Profit und Forschung
Die entnommenen Gewebeproben wurden an den Zellbiologen George Otto Gey weitergereicht, der ebenfalls im John Hopkins Hospital arbeitete. Dieser war seit dreißig Jahren verzweifelt auf der Suche nach einer unsterblichen Zelllinie, also einer Zelle, die immer wieder geteilt wird. Jedoch scheiterten bisher seine Versuche dazu, die er an tierische Gewebe vorgenommen hatte. Nach mehrmaligem Teilen waren die Zellen gestorben. Nun hatte er die menschlichen Gewebezellen von Henrietta Lacks, die sich äußerst schnell teilten und auch nach vielen Teilungen nicht starben. Da erkannte er, dass die Zellen unsterblich sind. Die Ärzte und Forscher des John Hopkins Hospital entdeckten, dass sich die HeLa-Zellen für einen Impfstoff gegen Kinderlähmung eigneten. Daraufhin wurde eine Abteilung gegründet, die die HeLa-Zelle in Massen produzierte. Jedoch erst das Unternehmen „Microbiological Associates“ produzierte und vermarktete die HeLa-Zellen für Geld.
HeLa-Zellen: Bis heute in der Forschung
Die HeLa-Zellen haben bis heute in der Forschung viel bewirkt und werden vielfältig eingesetzt. So auch für die Erforschung von Krebs, AIDS, Strahlungsschäden und Vergiftungen. Außerdem wurde an ihnen die Wirkung von Pflastern, Klebstoff, Kosmetik und anderweitigen Produkten getestet. Sowie weitere biologische Funktionsweisen. Seit 2015 wurden ca. fünfzig Tonnen HeLa-Zellen kultiviert.
(Un-)Würdigungen
Die Forschung profitierte enorm von den HeLa-Zellen, die Familie Lacks bekam gar nichts davon. Noch nicht mal eine Zustimmung von Henrietta Lacks oder ihren Angehörigen. Ohne ihr Wissen wurden ihre Zellen für die medizinische Forschung genutzt. Ein Erfolg für die Medizin und die Forschung. Doch für welchen Preis? Henrietta Lacks und ihre Familie erhielten keinerlei Gewinn von den erwirtschafteten Geld der HeLa-Zellen. Ihr körperliches Eigentum wurde unwissentlich weitergegeben und weiter verwertet, bis Heute. Der Artikel des Tagesspiegel „Der Umgang mit HeLa-Zellen. Henriettas Erbe“ thematisiert ihre Geschichte und den Missbrauch mit ihren Zellen.
„Niemand hat Henrietta gefragt, ob sie ihre Zellen der Forschung zur Verfügung stellen möchte. Ihre Ärzte wären nicht einmal auf den Gedanken gekommen. „Das Hopkins mit seinem großen Bestand mittelloser Farbiger hatte keinen Mangel an medizinischem Material“, schrieb einmal Henriettas Arzt. Wenn die Behandlung schon kostenlos war, dann sollten die Patienten wenigstens der Forschung nützen.“ – Der Tagesspiegel
Diskriminierung und Rassismus
Die Geschichte von Henrietta Lacks zeigt deutlich die ungleichen und rassistischen Verhältnisse der US-amerikanischen Geschichte. Ihr leben erzählt von Diskriminierung, Ungleichbehandlung und einer US-amerikanischen Rassen- und Klassentrennung. Die weißen männlichen Ärzte sahen es als eine Selbstverständlichkeit die Gewebezellen von ihr zu nehmen, sie stellten dies noch nicht mal in Frage. Die Autorin Rebecca Skloot, die über Henrietta Lacks das Buch „The Immortal Life Of Henrietta Lacks“ schrieb, gründete die „Henrietta Lacks Foundation“. Die Stiftung setzt sich für Menschen ein, die wichtige Erkenntnisse für die Forschung erbrachten, ohne von den Gewinnen der Forschung zu profitieren. Ein Teil der Buchverkäufe gehen in die Stiftung.
Flo
Caroline Scherf meint
Vielen Dank für den Artikel über das Leben dieser wichtigen Frau.
Spannende Pflichtlektüre für alle , besonders Naturwissenschaftler.