Eine glasklare Stimme, die durch ihre Einzigartigkeit besticht und jeden Raum in eine mystische Atmosphäre hüllt. Diese Stimme gehört der lettisch-kanadischen Singer-Songwriterin Katie Stelmanis. Frontfrau der dreiköpfigen Electro-Pop-Band Austra. Wenn man sich ein bisschen genauer mit ihrer Person auseinandersetzt, stellt man eines schnell fest: Es ist kein Zufall, dass der Name der Band auf die Göttin des Lichts und des Morgens aus der lettischen Mythologie zurückgeht. Licht und Morgen stehen für eine zuversichtliche Zukunft. Der Mythos kann zur Befreiung von statischen Konzepten führen und den Weg für alternative Denkweisen ebnen. All das trifft auf Katie Stelmanis zu, auf unsere Frau der Woche.
Der Anfang eines kritischen Denkens
Aufgewachsen in Toronto, in einer Familie aus der Mittelschicht, war sich die Tochter eines selbstständigen Malers und einer Lehrerin stets ihrer Privilegien bewusst. Der von ihren Eltern geförderten Mitgliedschaft im Kinder-Opern-Chor hat sie ihre heutige, unverwechselbare Stimme zu verdanken. Doch Katie Stelmanis hat früh erkannt, dass sich ihre Privilegien aus einem System ergeben, welches die Menschen dazu zwingt bis an ihre körperlichen Grenzen zu gehen. Die Konsequenzen dieses kapitalistischen Systems hat die Sängerin am Beispiel ihres Vaters miterlebt und sich deshalb bewusst gegen den Besuch einer Universität entschlossen. Doch das Negieren von überteuerten Bildungseinrichtungen bedeutet nicht die Verweigerung von Wissen per se. Im Gegenteil. Die selbsternannte Feministin hat sich ihr Wissen durch das Lesen gesellschaftskritischer Literatur selbst angeeignet. Dieses angeeignete kritische Denken hat Katie Stelmanis in ihre Profession als Sängerin und in ihre Musik übernommen.
Gegenentwurf zur sexistischen Musikindustrie
In den knapp zehn Jahren in denen Katie Stelmanis bereits mit ihrer Band Austra Musik macht, hat sie immer wieder erleben müssen, wie Frauen in der Musikbranche benachteiligt werden:
„Eine Frau in der Musikszene zu sein ist hart, da du gegen viele Sachen ankämpfen musst. Leute betrachten Frauen anders, sprechen anders über sie und bewerten sie auf andere Weise.“ (Dazed)
So prophezeite ihr einst ein männlicher Manager, dass sie nicht genug „hetero-sex-appeal“ hätte, um berühmt zu werden. Das ist nur eines von vielen Beispielen, in denen die Kanadierin das enge Korsett der profitorientierten Musikindustrie spürt. Auch kämpft die junge Sängerin mit der Tatsache, dass ihr nach all den Jahren im Musikbusiness lediglich eine Plattenfirma einfällt, die von einer Frau geleitet wird. Aufgrund dieser Missstände hat die Frontfrau der Band Austra es sich zum Ziel gemacht, ein positives, feministisches Gegenbild zur bestehenden Musikindustrie zu entwerfen.
Alternative Form des Denkens
Dieses Gegenbild fängt damit an, offen über Sexualität zu sprechen. Katie Stelmanis identifiziert sich selbst als queere Feministin. Für sie beinhaltet das Wort „queer“ diverse Aspekte jeglicher Form von Sexualität.
„Es ist einfach die alternative Version von Wörtern wie ‚schwul‘ oder ‚lesbisch‘, die offener und moderner klingt. Und ich bin offen für alles, deshalb würde ich mich als ‚queer‘ bezeichnen.“ (motor.de)
Indem sie über ihre sexuelle Orientierung spricht, möchte Katie Stelmanis zu einer alternativen Form des Denkens anregen und statische Denkmuster aufbrechen. Dabei bemüht sie sich auch, einen offenen, inklusiveren Feminismus auszuüben. Die Kategorien von Rasse und Klasse, so Katie, müssten in die Gespräche integriert werden.
Wert als Wertschätzung
Auch widersetzt sich Katie Stelmanis dem Formular des Band-Marketings. Als beispielsweise die Geldgeber zu ihrem Musikvideo Hurt Me Now Zensierungen und Streichungen von Szenen verlangten, beschloss sie kurzerhand, das Video aus eigener Tasche zu bezahlen. Für Katie besteht Wert nicht im Geld, sondern vielmehr in Wertschätzung. Deshalb wollte sie ihr Album auch am Tag des Amtsantritts Trumps (inauguration day) an ihre Hörer verschenken. Musik, so Stelmanis, soll für jeden erschwinglich und zugänglich sein. Künstler*innen sollen sich darauf zurückbesinnen, wer ihnen den Erfolg ermöglicht hat.
Weibliche Produzentin
Mit der Produktion ihres dritten Albums Future Politics hat es die Frontfrau von Austra darüber hinaus geschafft, an dem singulären, statischen Bild des männlichen Musikproduzenten zu rütteln. Das bislang politischste Album von Katie Stelmanis wurde von einem ausschließlich aus Frauen bestehendem Produktionsteam erstellt. Katie selbst hat dabei maßgeblich als, wohlbemerkt, weibliche Produzentin mitgewirkt.
Future Politics – Die Macht der Vorstellung
Das aktuelle Album von Katie Stelmanis und ihrer Band Austra handelt von der Macht der Imagination. Unterdrückende Regime, so Stelmanis, sind immer daran interessiert die Vorstellungskraft von Menschen zu manipulieren und zu unterwandern. Mit dem Album Future Politics versucht Katie, die Menschen zu ermutigen, andere Denkweisen in Betracht zu ziehen und an die Utopie einer besseren Zukunft zu glauben. Wie diese Erörterung jedoch zeigt und die Liveshows von Austra stets beweisen, hat Katie Stelmanis längst dazu beigetragen, dass die Utopie einer besseren Gegenwart zu einer, wenn auch begrenzten, Realität geworden ist.
Katie, du bist unsere Frau der Zukunft!
Svenja Steenken
https://www.instagram.com/p/BLv1Ytbjz4k/
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