Sie war eine wichtige feministische und queere Stimme in Brasilien, weil sie sich als Vorkämpferin für die Rechte Schwarzer Frauen in der brasilianischen Gesellschaft einsetzte. Als eine Afrobrasilianerin, die offen mit einer Frau in einer Beziehung lebte und ein Gesetz auf den Weg brachte, das den Tag der lesbischen Sichtbarkeit in den offiziellen Kalender Rio de Janeiros einbringen sollte, brach sie die Norm. Sie setzte sich für afrobrasilianische Religionen ein und entwarf ein Gesetz, das den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen unter den gegebenen gesetzlichen Bedingungen garantieren sollte. Außerdem setzte sie sich gegen rassistische Polizeigewalt und Armut in den Favelas ein. Die Rede ist von Marielle Franco, einer brasilianischen Politikerin, die am 14.März 2018 sterben musste, weil sie mutig hinter ihren Werten stand und sich somit gegen viele andere Politiker*innen richtete.
Die politische Laufbahn von Marielle Franco
Marielle Francisco da Silva wurde am 27.07.1979 geboren und stammte aus dem Amenviertel Maré in Rio de Janeiro. An der päpstlichen katholischen Universität von Rio de Janeiro studierte sie Sozialwissenschaften und bildete sich daraufhin an der Universidade Federal Fluminense in Niterói fort. Dort absolvierte sie im Bereich der öffentlichen Verwaltung einen weiteren Abschluss.
2006 trat sie dem Wahlkampfteam des PSOL-Abgeordneten Marcelo Freixo bei. PSOL ist die Abkürzung für die Partido Socialismo e Liberade, was auf Deutsch Partei für Sozialismus und Freiheit bedeutet. Die Partido Socialismo e Liberade ist eine linke, sozialistische Partei in Brasilien. Nach Marcelo Freixos Wahl wurde Marielle zu seiner politischen Beraterin. 2016 trat sie erstmals selbst als Kandidatin hervor und wurde bei der Kommunalwahl 2016 ins Stadtparlament gewählt. Sie war die einzige afrobrasilianische Frau im Rat.
Seit Mitte Februar leitete Marielle die neu gestartete Menschenrechtskommission, die die Intervention des Militärs in Rio de Janeiro überwachte.
Weltweite Bestürztheit
Mit ihren Werten und ihrer Arbeit wurde Marielle mächtigen Politiker*innen lästig. Deswegen wurde sie in Rio de Janeiro auf offener Straße im Auto von Unbekannten erschossen. Sie befand sich gerade auf dem Rückweg von einem Treffen mit einer Gruppe afrobrasilianischer Frauen, die sie bei dem Aufbau sozialer Organisationen in den Favelas beriet. Auch der Fahrer der Politikerin starb. Wenige Tage nach dem Attentat wurde bekannt, dass die tödlichen Kugeln aus dem Arsenal der Polizei stammten. Auch die Staatsanwaltschaft äußerte den Verdacht, dass es korrupte Polizisten waren, die Franco gezielt getötet haben, um sie zum Schweigen zu bringen. Falls dies der Plan war, ging er nicht auf. Denn während Marielle Franco vor ihrem Tod nur wenig bekannt war, erlangte sie danach weltweit mehr Einfluss als je zuvor.
Die ganze Welt zeigte sich bestürzt. Überall in Brasilien gingen Menschen auf die Straße, um gegen ihre Ermordung und die Gewalt im Land zu protestieren. Viele weinten vor Wut und riefen „Wir sind Marielle!“. In London, Berlin, Stockholm und weiteren Hauptstädten fanden Gedenkveranstaltungen statt. Die Vereinten Nationen nannten das Verbrechen an Marielle „zutiefst schockierend“ und forderten eine Aufklärung. Internationale Medien wie zum Beispiel der britische Guardian berichteten ausführlich über den Fall.
“Eine schwarze Frau zu sein bedeutet, sich permanent zu wehren und zu überleben” sagte Marielle noch kurz vor ihrem Tod. Und damit hatte sie traurigerweise Recht. Denn diese mutige, starke Frau musste ihr Leben lassen, weil sie die Werte vieler Menschen verkörperte und die Welt zu einem gerechteren Ort machen wollte.
Alina Zimmermann
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