Unsere Frau der Woche ist Nura Habib Omer. Nura zählt zu den bekanntesten Rapper*innen Deutschlands. Sie ist Feministin, kommt aus einer muslimischen Familie und engagiert sich für die LGBTQI* Communtiy. Im August 2020 erschien ihre Autobiografie Weißt du, was ich meine? Vom Asylheim in die Charts.
„Wer kam als Flüchtling und hat drei goldene Platten?“ – Nura, Radio
Nura Habib Omer wurde am 24. Dezember 1988 in Kuwait-City geboren. 1990 wurde Kuwait von dem Irak angegriffen, weshalb Nuras Mutter beschlossen hat mit ihren vier Kindern nach Deutschland zu fliehen.
In Nordrhein-Westfalen angekommen musste die Familie erst einmal von Asylheim zu Asylheim ziehen, weil sie nie lange untergebracht werden konnten. Für eine Zeit zogen sie zusammen mit ihren Großeltern und Onkel in eine kleine drei Zimmerwohnung in Wuppertal. Bereits als Kind wusste Nura Habib Omer, dass sie eines Tages Sängerin werden möchte. Musik spielte für sie eine große Rolle. Sie war sogar Mitglied eines christlichen Kinder Kirchenchors und trat mir ihren Geschwistern im Altenheim auf.
Nura Habib Omer erzählt in ihrem Buch, dass sie als Kind nie besonders ängstlich war. Das Einzige wovor sie Angst hatte war, dass ihre Familie vielleicht eines Tages Deutschland verlassen muss. Als Kind begleitete sie ihre Mutter zu Terminen bei der Ausländerbehörde und war sich bewusst darüber, dass ihre Aufenthaltsgenehmigung alle paar Jahre verlängert werden musste. Bis heute hat sie keinen Deutschen Pass.
„Dein Leben ist fake. Mein Rap ist real. S-X-T-N das beste Team“ – SXTN
Als Teenagerin fand es Nura Habib Omer immer ungerecht, dass sie weniger Freiheiten hatte als ihre Brüder, nur weil sie ein Mädchen ist. Sie wollte immer frei sein und zog dann mit 18 nach Berlin. In Berlin lernte sie die Band The Toten Crackhuren im Kofferraum kennen und hatte einige Auftritte mit ihnen. Sie wurde allerdings nicht für ihre Auftritte bezahlt, sondern verdiente ihr Geld mit Jobs wie Kellnern oder als Türsteherin.
Sie fing eine Ausbildung als Sozialassistentin an und hätte sich auch vorstellen können, als Sozialassistentin im Jugendzentrum zu arbeiten, aber sie brach die Ausbildung ab, um mit den The Toten Crackhuren im Kofferraum weiter auftreten zu können.
Nura Habib Omer baute sich ein Netzwerk auf, und lernte ihre Manager kennen, die schon damals ihr Talent sahen und sie groß raus bringen wollten. Sie wollte aber keine Auftritte als Solokünstlerin und alleine auf der Bühne stehen, deshalb fragte sie Freund*innen, ob sie sich vorstellen könnten mit ihr zusammen Musik zu machen. Als ihre Freundin Juju zusagte, war es die Geburtsstunde des Duos SXTN.
SXTN veröffentlichte 2016 ihre erste EP Asozialisierungsprogramm. Das Duo polarisierte von Anfang an, weil es kein Blatt vor den Mund nahm, und eine sehr derbe Sprache verwendete. Sie spalteten die Nation und waren nicht einzuordnen. Doch für viele junge Mädels waren die Songs von SXTN sehr empowernd und motivierend. Das Rapperinnen-Duo wurde schnell richtig erfolgreich. Natürlich gab es schon vor SXTN Frauen, die rappten, aber dass Frauenrap mittlerweile eine Normalität in Deutschland ist, liegt Nuras Meinung nach auch an SXTN. Nichtsdestotrotz findet sie es schade, dass es Frauen in der Rap-Szene noch immer so schwer haben und sich gegenseitig so wenig unterstützen.
„Vielleicht, weil es Rap oder auch sonstige Musik mit Texten wie unseren bis zu dem Zeitpunkt einfach überhaupt noch nicht von Frauen gab. Ich glaube, die Musik sprach deshalb vielen Mädchen und Frauen aus dem Herzen. Weil sie auch mal Wettsaufen mit ihren Freundinnen machen oder gemeinsam nachts in Schwimmbad einbrechen oder ihre Namen an irgendwelche Hauswände sprühen. Sich gegenseitig nach einer langen Nacht beim Kotzen filmen, zusammen ausrasten – so was halt. Gleichzeitig war es. Insbesondere für mich, immer auch Musik, die für Fairness und Haltung stand.“ Nura Habib Omer 2020 in Weißt du, was ich meine? Vom Asylheim in die Charts, S.156.
„Eure braune Scheiße riecht mies nach Dreck. Ich bin schwarz, ich bin schwarz, es geht niemals weg“ – SXTN, ich bin schwarz
Juju und Nura hatten sich auseinander entwickelt und so wurde 2018 bekannt, dass sich SXTN trennt. Nura veröffentlichte 2019 ihr erstes Soloalbum Habibi und hatte ihren ersten Solo Auftritt bei dem #wirsindmehr Konzert in Chemnitz, das von der Band K.I.Z. organisiert wurde, um ein Zeichen gegen die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in der Stadt zu setzen. Erfahrungen mit Rassismus gehören zu Nura Habib Omers Alltag, weshalb der Auftritt beim #wirsindmehr Konzert für sie kein politisches Statement, sondern eine Selbstverständlichkeit war.
Schon zu SXTN Zeiten wollte sie ihre Reichweite nutzen, um ihre politischen Ansichten und Ideale zu verbreiten. Als Solokünstlerin hat sie jetzt noch mehr Möglichkeiten dazu. Für Nura ist Gleichberechtigung ohnehin ein Thema das untrennbar zu Hiphop und Rap dazu gehört. Sie will gesellschaftskritisch sein und mit der Hilfe ihrer Musik Missstände aufdecken. Nura unterstützt Antirassismuskampagnen und kämpft für mehr Akzeptanz für die LGBTQI+ Community in der Rap-Szene Deutschlands. Nach dem Tod ihres Freundes Sam hat sie sogar einen Ratgeber-Podcast gestartet in dem sich mit vielen Menschen über Themen ins Gespräch kommt, die ihr am Herzen liegen.
„Die Homophobie in der Rap – Szene stört mich richtig krass. Deswegen poste ich auch so viel zu dem Thema und wir haben bei jedem Konzert die Regenbogen-Flagge dabei. Ich will, dass die Akzeptanz für Leute aus der LGBT-Community in der Rap – Szene normal wird und jeder, der will, gerne zu unseren Konzerten kommen kann, ohne Angst zu haben.“,Nura Habib Omer 2020 in Weißt du, was ich meine? Vom Asylheim in die Charts, S. 194.
„Weißt du, was ich meine?“ – Nura
Nura Habib Omer ist als Geflüchtete nach Deutschland gekommen, hat im Heim gewohnt und ist jetzt in den Charts. Sie möchte mir ihrer Geschichte Mut machen. Das ist einer der Gründe, weshalb sie ihre Autobiografie niedergeschrieben hat. Der Titel ihres Buches Weißt du, was ich meine? ist von ihrem gleichnamigen Song inspiriert, den sie nach eigener Aussage als „nicht besonders tiefgründig“ bezeichnet. Allerdings ist für sie das gleichbedeutende englische „You know what I mean?“ eine Floskel, die man sagt, bevor man die wirklich wichtigen Dinge anspricht. Und genau das – die wirklich wichtigen Dingen ansprechen – möchte sie mit ihrer Autobiografie.
Beim Lesen des Buches bekommt man von Kapitel zu Kapitel das Gefühl, Nura besser kennenzulernen, da sie sehr persönliche Einblicke in ihr bisheriges Leben zulässt, und offen darüber spricht, wie sie sich in bestimmten Situation gefühlt hat. Es ist so, als würde sie dir gegenüber sitzen und ihre ganze Lebensgeschichte erzählen.
Die Rapperin zeigt, dass sie es trotz Hürden und schwierigen Voraussetzungen geschafft hat. Ihr Buch hat sie für alle Menschen geschrieben, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden, in der sie früher gesteckt hat. Für alle Menschen, die das Gefühl haben, das niemand an sie glaubt.
Am Ende des Buches haben die Leser*innen das Gefühl zu wissen, was sie meint.
Dana Nguyen
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