Susanna Janke aka Suzannah Karenina hat eine Stimme, die wohl alle in ihren Bann zieht. Sie ist engagiert und vielseitig unterwegs, um unsere Welt ein bisschen schöner, ein bisschen lauter und klangvoller zu machen. Sie ist aber nicht nur als Sängerin aktiv, sondern auch als Logopädin, Stimmtherapeutin, Mutter und Frau. Außerdem ist sie in verschiedenen Tonstudios für Musikproduktionen, im Radio und Fernsehen tätig. Seit 2008 gibt sie Workshops zum Thema Stimme und Gesang für Jugendliche, Erzieher*innen, Lehrer*innen und für Student*innen an der Universität Bremen.
Mutter, Frau, Künstlerin
Susanna Janke ist 33 Jahre alt. Geboren ist sie in Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern, dort hat sie gewohnt bis sie vier Jahre alt war. Nach der Wende ist sie mit ihren Eltern und ihrer Schwester umgezogen. Groß geworden ist sie daher in Stuhr. Schon mit 17 Jahren ist sie ausgezogen und nach Bremen gekommen.
„Ich habe eigentlich immer alles in Bremen gemacht. Bremen hat mich sehr geprägt und ich wollte eigentlich auch nie wirklich weg.“
Mittlerweile ist sie selbst Mutter von einem Sohn und wohnt mit ihrem Mann zusammen in Peterswerder. Sie sind ein eingespieltes Team und das ermöglicht Susanna ein flexibles Arbeiten und Proben. Als Mutter künstlerisch zu arbeiten ist hingegen nicht immer so leicht. Gerade mit einem kleinen Kind, hat man da den ganzen Tag zu tun und es fehlt die Zeit und Muße, es falle schwer da die schöpferische Qualität zu erhalten, sagt sie.
Musikalität in allen Facetten – von der Geige zum Punk
Susanna begann mit der Geige im Orchester, als sie klein war. Richtig angefangen hat sie mit einer Jazzband, die experimetelle Sachen gemacht hat — Les Privatiers. Die Weiterentwicklung dieser Musik entstand in der Raw Pop Band. Seit zweieinhalb Jahren gibt ihr die Punk-Grunge-Band rausz die Möglichkeit sich als Frontfrau auszutoben. Die Musik ist roh und laut, sie besteht aus Punk- und Metal-Elementen. Der Gesang begleitet sie schon seit der Kindheit, mit 17 Jahren hat sie angefangen und nachts bei einem Freund im Tonstudio Aufnahmen gemacht. Es gab viel positives Feedback und so ist sie dabei geblieben. Die Band ist ihre Möglichkeit um Wut und Ärger Luft zu machen. Ihr Erscheinungsbild auf der Bühne steht im Bruch zu ihrem Verhalten.
„Ich habe dann das schicke Kleid an und man denkt, da kommt so eine Operndiva auf die Bühne und dann fange ich an zu springen und rumzuschreien. Da ist ein Bruch drin und ich glaube das ist, was viele ganz spannend finden.“
Gesang, Stimme und Logopädie
Als ausgebildete Logopädin und I.S.A. zertifizierte Stimmtherapeutin profitiert Susanna Janke von dem Wissen über Atmung und Stimmbildung. Sie selbst hatte Unterricht im klassischen Gesang und Pop. So wird der Gesang zu einer gesamtkörperlichen Erfahrung. Der Gesang ist kein Hobby für sie. Er ist Beruf, wenn sie Geld damit verdient, darüber hinaus ist er aber auch Kunst und Ausdruck.
„ Wenn ich so überlege, was ich am besten kann, dann ist es das. Wo ich mich am besten fühle. Wo ich das Gefühl habe, ganz bei mir zu sein.“
Ihren Schüler*innen vermittelt sie eine gesunde, kraftvolle und belastungsfähige Stimme und ein authentisches, natürliches Spiel mit Körperhaltung und Gesten.
Eine starke Stimme für gute Projekte
Darüber hinaus hat Susanna Janke ihre Stimme aber auch der Bewegung um die Seebrücke geliehen. An das Projekt ist sie über ihren besten Freund aus Berlin gekommen. Sie hat geholfen es in Bremen zu etablieren und sprach eine Eröffnungsrede auf der ersten Demonstration in Bremen.
Susanna nutzt ihre Stimme auch, um jugendlichen Mädchen Mut zu machen, sich musikalisch auszuprobieren. Zum Beispiel im Musikworkshop für Mädchen im Bremer Kulturzentrum Schlachthof. Sie stellt einen Unterschied fest zwischen Jungen und Mädchen im Proberaum und auf der Bühne.
„Es geht los bei, wie gehen Mädchen in einen Proberaum rein und wie gehen Jungs rein. Mädchen zögern eher — ‚ich kann doch gar nicht Schlagzeug spielen…’. Natürlich nicht, weil Du das noch nie gemacht hast. Jungs dreschen eher drauf los.“
Frauen und Mädchen müssen mehr aus ihrer Komfortzone kommen, um sich auf der Bühne selbstbewusst darzustellen. Oft singen sie auch lieber, statt Schlagzeug, Bass oder Gitarre zu spielen, das ist eine höhere Hürde. Sie rät dazu, nicht zu viel nachzudenken und einfach auszuprobieren. Sie selbst kämpft auch gegen Selbstzweifel und wünscht sich für Mädchen und Frauen mehr Selbstverständlichkeit. Wenn sie auftritt, schaut sie ins Publikum. Susanna möchte sehen, was resoniert — „und irgendwas kommt da immer.“
„Überall wo Du Frau draufschreibst, kriegst Du Gegenwind.“
Männliche Richter haben in den USA das Abtreibungsgesetz entschieden. Über die Absurdität hat sich Susanna aufgeregt und deshalb ein Video gedreht. Sie hat es umgedreht und stellt in ihrem Video als selbsternannte Spezialistin für Männergesundheit den „Penisführerschein“ vor.
„Das ist halt totaler Quatsch, aber das ist genau dieses Ding umgedreht, um zu zeigen, wie absurd das ist.“
Frauen auf Festivals
Auf einem Festival, auf dem Susanna mit ihrer Band gespielt hat, sagte ein Musiker aus einer anderen Band zu ihr: „Ist ja geil, ihr seid wie Rage Against the Machine für Frauen“. Das hat sie als Beleidigung empfunden. Nur weil zwei Frauen in der Band sind, ist die Musik doch nicht gleich nur für Frauen. Musik von Männern ist ja schließlich auch nicht nur für Männer.
„Es ändert sich nichts, oder es geht eher wieder zurück. Da muss man aktiv was dagegen tun, deswegen ist die keychange-Initiative und so etwas in die Richtung, Frauennetzwerke so wichtig.“
Keychange hat zum Ziel Musikorganisationen und Festivals zu ermutigen bis 2022 das Geschlechterverhältnis auf 50:50 auszugeichen.
Susanna findet das gut, doch ihr Eindruck ist, dass es eher weniger Frauen auf den Bühnen werden, gerade auf großen Festivals. Auch auf denen, auf den Susanna auftritt stellt sie fest:
„Auch viel weniger Frauen, ich freue mich immer, wenn ich welche sehe. Ich brauche das auch für mich selbst als Vorbild.“
Damals mit 13 Jahren war sie auf einem Konzert von Skunk Anansie. Die Sängerin Skin hat sie mit ihrer krassen Energie beeindruckt. Nun merkt sie, dass sie als Sängerin und auch sie, mit der Band rausz, viele junge Fans haben. Mädchen zwischen 6 und 12 Jahren, die Autogramme haben möchten und zu allen Konzerten kommen. Das bedeutet ihr viel und freut sie besonders.
„Da sieht jemand, dass jemand mit einer weiblichen Energie und auch Wut auf der Bühne etwas artikuliert. Manchmal sehe ich deren Augen so ein ‚krass, das geht auch’. Das sind mir die wichtigsten Momente.“
Mehr Frauen sollten sich trauen Musik zu machen, auch in gemischten Bands.
Natürlich kann auch das Booking von Festivals und Konzerten etwas bewegen und mehr Frauen auf die Bühnen bringen.
„Vorbilder schaffen und Sichtbarkeit von Frauen. Aktuell gibt es wenig Identifikationsfiguren.“
Mit Susanna Janke gibt es ein weibliches Vorbild mehr für junge Mädchen und Frauen. Sie lebt vor, dass es kein Unding ist als Frau wütend zu sein, ärgerlich zu sein und Emotionen nach außen zu tragen, laut zu werden und für die eigenen Überzeugungen einzustehen. Sie ist engagiert, musikalisch, lyrisch, authentisch und mutig. Deshalb ist sie unsere Frau der Woche.
Nele Woehlert
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