Visa Vie ist die wohl bekannteste Hip Hop-Journalistin Deutschlands. Sie hat es geschafft sich in einer Subkultur durchzusetzen, deren Hauptakteure immer noch Männer sind, und wird dabei nicht selten selbst zum Angriffsziel. Dabei will sie selbst nur eins: Geile Interviews machen!
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Vom Rappen zum Moderieren
Wer sich in der deutschen Hip Hop-Szene bewegt, kennt sie: Visa Vie. Die 28jährige Berlinerin, die mit bürgerlichen Namen Charlotte Mellahn heißt, ist jetzt schon einige Jahre im Geschäft. Genauer gesagt seit 2006, denn in diesem Jahr nimmt Visa Vie zum ersten Mal das Mikrofon in die Hand. Damals allerdings noch als Rapperin. Zwei Jahre später setzt sie sich bei dem Rap Contest der Graffitibox Summer Jam gegen mehr als vierzig männliche Mitbewerber durch. Die meisten kennen Visa Vie aber wahrscheinlich aus ihrer Zeit bei dem Online Hip Hop-Magazin 16bars.de.
Kommentare als Therapie
Für 16bars.de stand sie fünf Jahre lang vor der Kamera und hatte so ziemlich jede*n, aus Deutschlands Rapszene vorm Mikro. Von aufstrebenden Rapper*innen bis hinzu Urgesteinen des deutschen Hip Hops. Doch mit dem Schritt vor die Kamera, und damit in die Öffentlichkeit, entstand nicht nur Positives. Besonders die Reaktionen auf ihr allererstes Videointerview, mit dem Rapper Sido, waren für die damals 22 Jährige eine komplett neue Erfahrung. Die Kommentare zu lesen, habe sich wie eine „krasse Therapie“ angefühlt, erzählt Visa Vie in einem Interview mit dem Online Magazin Broadly.
„So viele Kommentare haben sich darum gedreht, ob man mich geil findet oder nicht und ob ich mit Sido danach, davor, währenddessen oder wann auch immer gefickt habe. […] Ich habe mich gefühlt, als hätte ich mich unfreiwillig bei Germany’s Topmodel beworben. Ich möchte doch gar kein Model sein, oder ein Playmate, ich habe mich nicht dafür beworben, dass ihr mich alle geil findet. „
In all den Jahren achtet die Moderatorin penibel darauf, bloß nicht zu viel Haut in den Video Interviews zu zeigen. Einmal, so erzählt sie weiter im Broadly-Interview, trug sie während eines Interviews bei 35 Grad kurze Shorts. Das Resultat: Die Kommentare unter dem Video handelten fast ausschließlich von ihren Beinen, der Inhalt des Interviews wurde zur Nebensache. Zusätzlich zur Vorbereitung auf den inhaltlichen Part der Interviews muss sich Visa Vie also mit Mode- und Imagefragen und der Sexualisierung ihrer Person herumschlagen. Dass das ungerecht ist, kann man an einer praktischen Checkliste ganz gut festmachen. Muss ein Mann sich auch damit rumschlagen? Nein? Dann ist das Sexismus.
Vorreiterinnen
Die Karrieregeschichte von Visa Vie zeigt, wie schwer es Frauen im Hip Hop-Geschäft noch immer haben. Obwohl immer mehr Frauen, die männerdominierte Szene zu einer vielfältigeren machen, sieht Visa Vie in der Verhaltensweise und Reaktionen der Konsument*innen keinerlei Verbesserung. Um eine echte Veränderung herbeizuführen, müsse man sich zusammentun um „ein Gegengewicht zu bieten und zu zeigen, was man als Frau sein will und was nicht.“, sagt sie im Interview mit Broadly.
Eine*r muss eben immer anfangen. Visa Vie ist eine der Vorreiterinnen und Vorbilder für junge Frauen, die in der Rapszene Fuß fassen wollen. In einer Szene, in der man sich mit der eigenen Arbeit immer wieder verletzlich macht, lässt sie sich nicht beirren. Das macht hoffentlich anderen Frauen Mut, deutschen Hip Hop in Zukunft noch mehr mitzubestimmen. Bis dahin halten wir es mit Visa Vies Lebensmotto und sagen: Seid lieb!
Neues von dieser ziemlich coolen Frau findet ihr auf ihrem eigenen Youtube Channel, auf dem sie mittlerweile ihre Videointerviews rausbringt und einmal die Woche gibt’s „Irgendwas mit Rap“ auf Radio Fritz mit Visa Vie.
Katja Hoffmann
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