Wir schreiben das Jahr 2020 und noch immer ist ein Ende des Patriarchats nicht in Sicht. Mit ihrer Veranstaltungsreihe Unverschämt rechnet die Schwankhalle jetzt mit diesem alten „Dinosaurier“ ab und gibt die Bühne frei für Künstler*innen und Aktivist*innen, die genug davon haben, dass Frauen* vorgeschrieben wird wie sie essen, arbeiten, aussehen, altern und Sex haben sollen. Zu genau diesen Themenschwerpunkten: Sex & Sexualität, Alter, Arbeit und Essen gibt es vom 14.02. bis 22.04.2020 zahlreiche Darbietungen, die sich damit aus weiblicher bzw. queerfeministischer Perspektive auseinandersetzen.
Warum „Unverschämt“?
Über einen Namen für die Veranstaltungsreihe hat das Team der Schwankhalle lange nachgedacht, immerhin musste er übergreifend zu allen Themen passen. Der gemeinsame Nenner liegt darin, dass in allen Arbeiten Themen behandelt werden, die in Bezug auf Frauen* häufig mit Scham besetzt sind.
Beispielsweise gibt es die Inszenierung Fressen von dem queerfeministischen Kollektiv Henrike Iglesias, in der es darum geht, dass Frauen* doch tatsächlich auch Hunger haben und gerne essen. Und das ist auch gut so. Manche entsprechen nicht immer dem Körperideal, das uns täglich von den Medien aufgezwungen wird. Oder die Aufführung Oh My, die sich damit auseinandersetzt, warum Frauen* in Pornos regelmäßig objektifiziert werden, wodurch ihnen ihr eigenes sexuelles
Begehren aberkannt wird. Dazu werden auf der Bühne mehrere Kurzpornos nachgestellt, die Alternativen zur aktuellen Porno- und Sexkultur aufzeigen sollen.
Auch das Altern ist für Frauen* häufig mit Scham besetzt, denn es wird ihnen unter dem Deckmantel „Anti-Aging“ gerne als Prozess angedreht, den es unter allen Umständen zu verlangsamen gilt. Mit der Premiere ihres Theaterstückes R-AGE protestierten Franziska Mencz und Brigitte Bertele bereits Mitte Februar, zum Auftakt der Veranstaltungsreihe, gegen das Unsichtbarmachen von Frauen ab 50.
In all diesen künstlerischen Arbeiten werden sexistische Diskriminierungsphänomene genommen und aus einer umgedrehten Perspektive betrachtet, wodurch die Barriere der Scham überwunden werden soll.
Was wird sonst noch so geboten?
Man darf sich definitiv noch auf weitere Unverschämtheiten freuen! Wer Lust hat selbst aktiv zu werden und sich auszutauschen, kann an der Gesprächsreihe Let’s talk about Sex teilnehmen, die sich den Themen Sex und Alter, Sex und Arbeit sowie Sex und Porno widmet.
Für die, die sich lieber zurücklehnen und staunen wollen, gibt es neben den bereits genannten Aufführungen noch Feminist Porn Watching vom Berliner Freudenfluss Kollektiv, bei dem es nicht nur was für die Augen, sondern auch viele Informationen rund um die Produktionsbedingungen am Set und den Lustgewinn gibt.
Enden wird Unverschämt am 22.04. mit einem Showing von Julia B. Lapèrriere über die Macht der Penisse, das sicherlich einige Überraschungen bereithält, die weit über Freuds Theorie zum Penisneid hinausgeht.
Wer davor aber nochmal richtig in Fahrt kommen will, sollte sich den Auftritt von Ebow auf keinen Fall entgehen lassen. Sie präsentiert am 02.04. ihr neues Album K4L („Kanak 4 Life“), auf dem sie gegen Sexismus, Rassismus und Homophobie rappt und für eine offene, solidarische Gesellschaft plädiert.
Da bleibt nur noch eins zu sagen: Auf zur Schwankhalle! Es wartet ein unverschämt gutes Programm, das dazu einlädt Hemmschwellen gemeinsam zu überwinden mit mutigen Geschichten, die einem noch lange in den Ohren nachklingen werden und da berühren wo es weht tut.
Terminübersicht
Aktuelle Termine auf den Seiten der Schwankhalle.
Samstag, 7.3. 21Uhr b/w*itch „Practical_Magic“ Showing
Freitag, 13.3. 20Uhr und Samstag 14.3. 19Uhr Henrike Iglesias „Oh My“ Performance
Samstag, 14.3. 20:30Uhr Feminist Porn Watching
Dienstag 17.3. 19:30Uhr „Let’s talk About Sex & Porno“ Gesprächsreihe
Donnerstag, 19.3 und Freitag 20.3. 20Uhr Henrike Iglesias „Fressen“ Performance
Dienstag 31.3. 19:30 Uhr „Let’s talk About Sex & Alter“ Gesprächsreihe
Donnerstag, 2.4. 21Uhr Ebow , Support: Mau Mushi, Konzert
Mittwoch 22.4. 19Uhr Julia B. Laperrière „Falla“ Showing in englischer Sprache
Karolin Lammer
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