Dies ist das vierte Interview in unserer Reihe zum Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Praxis“. Zu diesem Thema wollen wir mehrere Frauen in verschiedenen Altersgruppen und aus verschiedenen Arbeitsgebieten befragen, wie sie Arbeit und Kinder unter einen Hut gebracht haben oder bringen. Interview #1,#2 und #3 könnt ihr hier auch nachlesen.
Unsere heutige Interviewpartnerin ist Imke Wilberg. Die gebürtige Münchnerin hat jahrelange Erfahrung in der Wirtschaft und ist heute Geschäftsführerin ihrer eigenen Firma, human lead GmbH, die Unternehmen in Bremen und im ganzen Nordwesten bei der Suche und Besetzung von Fach- und Führungskräften unterstützt. Neben ihrer Selbstständigkeit sitzt Imke zusätzlich in verschiedenen Gremien, unter anderem als Plenumsmitglied der Handelskammer Bremen, als Kuratorin der Wilhelm-Kaisen-Stiftung und mit einem Mandat im Aufsichtsrat der Bremischen Volksbank. Die 48-Jährige ist Mutter von zwei Töchtern im Alter von zwölf und vierzehn Jahren und ist geschieden.
Was, beziehungsweise auch wer, hat geholfen, die Vereinbarkeit umzusetzen?
Also ich arbeite wieder voll, seit die Kinder wieder im Kindergarten sind. Vormittags waren die Kinder im Kindergarten und nachmittags war ich persönlich zu Hause und hab dann wieder abends gearbeitet. In der Zeit wo ich mit meinem Mann noch zusammengelebt habe, haben wir es häufig so gemacht, dass ich dann nachmittags für die Kinder da war, dann kam er so um 18.00 Uhr herum nach Hause und dann bin ich ins Büro gefahren. Vormittags waren die Kinder im Kindergarten und nachmittags hat die Kinderfrau sie abgeholt, mit ihnen gekocht, gespielt und ich kam dann gegen Abend nach Hause, beziehungsweise wir hatten eben auch immer Babysitter, wenn wir abends mal weg waren oder beide berufliche Termine hatten. Und jetzt ist es so, seitdem sie auf das Gymnasium gehen, dass ich eine Kinderfrau habe, die nachmittags die Kinder betreut. Inzwischen ist das nur noch Hausaufgabenbetreuung, die brauchen jetzt nicht mehr einen Babysitter, sondern jemanden, der halt ein bisschen guckt, dass alles gemacht wird. Meine Eltern haben mich auch sehr unterstützt.
Was war die Reaktion von Partner, Freunden und Kollegen?
Weil ich das mit so einer Selbstverständlichkeit gelebt habe, erntet man anerkennende Kommentare. Es wird immer positiv aufgenommen worden. Man muss aber dazu sagen, ich war, schon bevor die Kinder da waren, immer in leitenden Positionen und als die Kinder da waren, war ich Geschäftsführerin. Das heißt, da diskutiert man nicht drüber: „Wie kümmert sie sich, wie versorgt sie ihre Kinder?“ Das wird erwartet von mir. Für mich war das eine Selbstverständlichkeit zu arbeiten und ich habe auch überhaupt kein Problem damit, Kinderbetreuung zu delegieren. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die glauben, dass Kinder nur dann ganz glückliche Kinder werden, glückliche Menschen werden, wenn sie von der Mutter höchstpersönlich betreut werden. Es gibt ein afrikanisches Sprichwort, das heißt: „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Und genauso erziehe ich meine Kinder. Wenn jemand, aus meiner Sicht, das Gütesiegel bekommen hat, dann haben meine Kinder da auch vertraut. Also, das war einfach wie selbstverständlich für sie. Und man hat ja auch eine große Solidargemeinschaft mit anderen Eltern. Und mein Ex-Mann, der war da auch sehr partnerschaftlich, wir haben uns häufig die Staffel in die Hand gegeben.
Was müsste auf staatlicher Basis oder in Unternehmen geändert werden, damit die Vereinbarkeit noch leichter umsetzbar wird?
Ich bin ein großer Fan von Ganztagsschulen, und zwar flächendeckend und verpflichtend für alle. Ich glaube, dass dieser Rabenmuttergedanke nur ausgemerzt wird in Deutschland, wenn es überhaupt kein Thema mehr ist, wenn alle Kinder, wie selbstverständlich, bis um fünf Uhr in die Schule gehen und bis dahin dann aber auch die Hausaufgaben erledigt haben, Sport gemacht haben, vielleicht sogar schon Instrumente gespielt haben, sodass sie dann, wenn sie dann nach Hause kommen, sich echt nur noch mit Freizeit, Freunden oder Familie beschäftigen können. Deutschland ist das einzige Land in ganz Europa, wo es keine Ganztagsschulen gibt. Das wäre eine enorme Entlastung. Auch einen Vierzehnjährigen kann man nicht alleine zu Hause lassen, aber der ist zu alt, dass man einen Behüter da sitzen hat. Also ich fände es auf Dauer auch für die Sozialisation von Kindern wesentlich besser, wenn sie unter sich sind. Kinder erziehen sich auch selbst, auch untereinander, ältere Kinder mit jüngeren Kindern. Von Unternehmensseite, da gibt es natürlich diese Initiativen, familienfreundliche Betriebe, die ein Kinderzimmer einrichten. Es sind aber für mich alles Krücken.
Was für Erfahrungen hast Du daraus mitgenommen? Was für Ratschläge könntest Du anderen Frauen geben?
Wenn möglich, sollte eine Frau arbeiten gehen. Kinderbetreuung ist Sache von Vater und Mutter. Wie selbstverständlich sollte man die Erziehungsarbeit aufteilen, beziehungsweise sich gegenseitig unterstützen.
Kim-Nicola Hofschröer
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