Zwei Künstlerinnen, zwei Generationen: Über das Leben und die Herausforderungen als Künstlerin
Die Künstlerinnen Anna Bart und Gertrud Schleising repräsentieren zwei unterschiedliche Generationen und Lebensrealitäten: Während Anna als Millennial heute in ihrem eigenen Atelier Kunst für sich schafft, blickt Gertrud als Vertreterin der Boomer-Generation auf Jahrzehnte eines herausfordernden Künstlerinnenlebens zurück. In einem Gespräch teilen sie ihre Erfahrungen, Einsichten und den Wandel in der Kunstwelt.
„Im Grunde genommen ist dieses ganze künstlerische Tun ja eine sehr komplexe Angelegenheit, weil ja auch tatsächlich dies als eigener wirtschaftlicher Betrieb irgendwie funktionieren muss“, erklärt Gertrud Schleising. Diese Worte verdeutlichen die Spannungsfelder zwischen Kreativität und finanziellen Herausforderungen, denen sich Künstlerinnen damals wie heute stellen müssen.
Beide stammen aus bescheidenen Verhältnissen, doch ihre Voraussetzungen unterscheiden sich deutlich: Anna erhielt von Anfang an die volle Unterstützung ihrer Eltern, während Gertrud sich zunächst „beweisen“ musste. Tatsächlich hatte sie Kunst in der Schule sogar abgewählt, da sie lieber Tänzerin bleiben wollte. Der Weg zur Kunst war für sie alles andere als linear.
Eine zentrale Errungenschaft für Gertrud Schleisings Generation war die Einführung von Ausstellungshonoraren – ein Erfolg, der mit knapper Mehrheit erkämpft wurde. „Es war ein Meilenstein, dass man sich dazu entschieden hat“, erinnert sie sich. Für Anna Bart gehört diese Praxis inzwischen fast zur Normalität, auch wenn die Realität vieler Künstlerinnen zeigt, dass solche Zahlungen oft weder selbstverständlich noch ausreichend sind.
Die finanziellen Herausforderungen bleiben groß: Transportkosten, teures Material und geringe Einnahmen prägen den Alltag. Ein monatliches Netto von 1100 Euro ist möglich, aber auch dafür muss man*frau sich richtig reinhängen, berichtet Gertrud. Sie hebt die Künstlersozialkasse als wichtige Errungenschaft hervor, die zumindest eine Basisabsicherung bietet.
Ein Thema, das beide bewegt, ist die Vereinbarkeit von Kunst und Care-Arbeit. Für die weiblichen Student*innen kommt auch noch dazu: Sie haben eigentlich die gleichen Chancen, aber sie kriegen eventuell dann doch ein Kind und dann hängt das doch an dem eigenen Bein dran, weil es ist die Care-Arbeit. Auch heute hängen Künstlerinnen häufig zu tief in unbezahlter Familienarbeit, was ihre berufliche Entfaltung behindert.
Zwar setzen sich inzwischen einige Institutionen in Städten wie Hamburg oder Berlin für die Förderung von Kunst und Kind ein, doch Anna Bart und Gertrud Schleising sind sich einig: Die Durchsetzung fairer Bezahlung und die Unterstützung künstlerischer Care-Arbeit steht erst am Anfang. Dennoch bleibt die Leidenschaft für die Kunst eine starke Konstante. Und trotz aller Verlockungen, sich nur an das zu halten, „was sich verkauft“, sind sie sich einig, dass die Freiheit, das zu schaffen, was einem selbst wichtig ist, letztlich unbezahlbar bleibt.
Isabel Ratfisch
Schreibe einen Kommentar