Viele Menschen kennen bereits den Begriff des Feminismus, doch was ist eigentlich der intersektionale Feminismus? Der Feminismus setzt sich nicht nur für Geschlechtergerechtigkeiten ein, sondern kämpft gegen sich überschneidende Diskriminierungen, die in der Gesellschaft vorhanden sind. Unsere Gesellschaft beinhaltet Mehrfachdiskriminierungen. Diese werden vom intersektionalen Feminismus thematisiert.
Schwarzer Feminismus
Der intersektionale Feminismus ist durch den Schwarzen Feminismus entstanden. Der Schwarze Feminismus kombiniert die Diskriminierungskategorien Sexismus und Rassismus. Damit wurde erstmals auf die Intersektionalität aufmerksam gemacht. Weiße Menschen sind im Vergleich zu Schwarzen Menschen privilegierter. Es ist also unabdingbar, dass sich der Feminismus mit der Rolle von Schwarzen Menschen in der Gesellschaft auseinandersetzt. Als eine Begründerin des Schwarzen Feminismus kann Sojourner Truth genannt werden. Sie war eine US-amerikanische Frauenrechtlerin und befreite Sklavin. Im 19. Jahrhundert habe sie das erste Mal auf die Verbindung von Frauenrechten und der afroamerikanischen Bevölkerung aufmerksam gemacht. Somit habe sie gezeigt, dass sich Sexismus und Rassismus überschneiden. Eine berühmte Frage habe sie im Jahr 1851 formuliert:
„Ain`t I a woman?“ (Und bin ich denn keine Frau?)
Durch diese Frage habe sie darauf aufmerksam gemacht, dass Frauenrechtlerinnen nicht nur für die Rechte weißer Frauen kämpfen sollen, sondern auch für die der Schwarzen Frauen – denn diese erleben eine noch größere Diskriminierung, als weiße Frauen. Dank des Schwarzen Feminismus ist der intersektionale Feminismus also entstanden. Weiße Frauen können nicht nachvollziehen, wie sich die Diskriminierung anfühlt, die Schwarze Menschen erfahren. Deswegen ist es wichtig, dass weiße Frauen die Schwarzen Frauen unterstützen, ihnen eine Stimme geben und sich selbst zurücknehmen.
Feminismus
Feminismus ist ein Oberbegriff, der sich mit Geschlechterordnungen, Sexualitäten und Gleichberechtigung auseinandersetzt. Margarete Stokowski definiert den Feminismus folgendermaßen:
„Für mich bedeutet Feminismus, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Sexualität und ihrem Körper dieselben Rechte und Freiheiten haben sollen.“ (Untenrum Frei, S.13, Rowohlt Verlag, 2016)
Im Feminismus wird sich kritisch mit verschiedenen Unterdrückungen und den generellen patriarchalen Gegebenheiten auseinandergesetzt. Es ist wichtig, dass der Feminismus nicht nur für privilegierte Frauen einsteht. Es ist vielmehr eine Disziplin, die verschiedene Diskriminierungen thematisiert, kritisiert und behandelt. Und genau deswegen ist der Begriff der Intersektionalität von großer Bedeutung. Durch unterschiedliche Auslegungen des Feminismus kommt es häufig vor, dass vor allem weiße cis Frauen die intersektionale Perspektive nicht mit in ihr Verständnis von Feminismus einbauen. Das kann dann dazu führen, dass sich diese Frauen bestimmter Diskriminierungskategorien bedienen und denken, sie seien feministisch. Ein Beispiel dafür ist, dass es Frauen gibt, die gegen das Tragen eines Hijabs sind, weil sie denken, dass dies die Rechte von Frauen einschränke. Dabei ist es wichtig, dass Menschen nicht vorgeschrieben wird, was sie tragen dürfen und was nicht – denn das müssen Menschen für sich selbst entscheiden.
Intersektionalität
Das Wort Intersektionalität lässt sich von dem englischen Wort „intersection“ (Straßenkreuzung) ableiten. Intersektionalität bedeutet so viel wie Schnittpunkt oder aber auch Schnittmenge. Somit kann unter dem Wort Intersektionalität verstanden werden, dass es gewisse Überschneidungen von verschiedenen Kategorien der Diskriminierung gibt, die eine Person in der Gesellschaft erfährt. Menschen werden soziale Kategorien, wie beispielsweise die sexuelle Orientierung oder die Nationalität und Herkunft zugeschrieben. Aufgrund dieser sozialen Kategorien erfahren viele Menschen eine gesellschaftliche Diskriminierung. Davon sind beispielsweise Flinta* betroffen, die abseits der Heteronormativität sind. Auch aufgrund von Behinderungen erleben Menschen Diskriminierungen. Diese Form der Diskriminierung wird Ableismus genannt. Der Begriff der Intersektionalität wurde zudem durch die Juristin Kimberlé Williams Crenshaw ins Leben gerufen, denn sie habe das Wort Ende der 1980er Jahre zum ersten Mal verwendet. Damit habe sie auf die verschiedenen Überschneidungen von Diskriminierungen aufmerksam gemacht. Somit wurde der Begriff der Intersektionalität erst recht spät eingeführt, obwohl die Thematik schon sehr lange vorhanden ist. Es ist wichtig, dass dieser Begriff auch im wissenschaftlichen Kontext seine Daseinsberechtigung findet. Denn somit können die Ideologien, die hinter den Diskriminierungen stehen, erforscht und folglich hinterfragt werden.
Diskriminierungskategorien
Neben antifeministischen Diskriminierungskategorien gibt es auch noch viele weitere Formen der Diskriminierung. Menschen werden für unterschiedliche Dinge diskriminiert. Personen, die Überschneidungen von Diskriminierungskategorien haben, erleben eine andere Lebensrealität als Menschen, die diese eben nicht haben. Somit ist es wichtig, auf die Erfahrungen der Betroffenen aufmerksam zu machen. Das gelingt, indem die Betroffenen zu Wort kommen können und als Subjekte ihrer eigenen Geschichte agieren können. Folgende Diskriminierungskategorien sind in der Gesellschaft vorhanden:
- Sexismus: Diskriminierung im Bezug auf das Geschlecht
- Rassismus: Diskriminierung aufgrund der Herkunft und/oder Hautfarbe
- Homophobie: Diskriminierung gegen homosexuelle Menschen
- Antisemitismus: Judenfeindlichkeit
- Islamophobie: Feindlichkeit gegen muslimische Menschen
- Antiziganismus: Diskriminierung gegen Sinti*zze und Romn*ja
- Trans*phobie: Feindseligkeit gegen trans* Personen
- Ableismus: Menschen werden aufgrund ihrer Fähigkeiten bewertet, was behindertenfeindlich ist
- Klassismus: die soziale Herkunft/Klassenzugehörigkeit eines Menschen wird diskriminiert
- Altersdiskriminierung (engl.: ageism): ein Mensch erfährt aufgrund des Alters eine Diskriminierung
Hinter den Diskriminierungskategorien stecken Ideologien. Diese verursachen Machtunterschiede, die in der Gesellschaft vorhanden sind. Da wir alle mit rassistischen, trans*phoben, klassistischen, ableistischen usw. Weltbildern und Stereotypen erzogen wurden, haben wir diese Ideologien verinnerlicht. Folglich müssen wir diese umlernen und hinterfragen. Es ist also wichtig, dass nicht nur die feindlichen Handlungen betrachtet werden, sondern auch die Ideologie, die dahinter steht.
Wieso brauchen wir den intersektionalen Feminismus?
Wir müssen Sichtbar machen, dass Sexismus keine übergeordnete Diskriminierungsform im Feminismus darstellt und blinde Flecken anderer Diskriminierungsformen existieren. Alle Formen der Diskriminierung müssen im Feminismus mit eingeschlossen werden, damit gesamtgesellschaftlich Gerechtigkeit und Gleichheit resultieren kann. Ansonsten handelt es sich um einen Feminismus, der sich nur mit privilegierten Frauen auseinandersetzt, und somit die rassistischen, ableistischen und klassistischen Diskriminierungskategorien fortführt und mehr Personengruppen aus- als einschließt.
Gerade im Bezug auf den Schwarzen Feminismus ist es wichtig anzumerken, dass der Feminismus (in der westlichen Welt) von einer weißen Perspektive dominiert ist, obwohl der Kampf gegen Geschlechterungleichheiten und Diskriminierungen seinen Ursprung im Schwarzen Feminismus findet. Es ist wichtig zu sehen, dass Schwarze Flinta*, Flinta* of Colour und Flinta* mit Behinderungen rassistischen, ableistischen und/oder diskriminierenden Strukturen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind und ihnen oftmals nicht die gleiche Stimme gegeben wird wie weißen, privilegierten cis*Frauen. Sich weiße, privilegierte cis* Frauen den Ideen des Schwarzen Feminismus bedienen und Schwarze Flinta* oder Flinta* of Colour ausgrenzen.
Schon 1851 machte Sojourner Truth mit ihrem prägenden Satz „Ain´t I a woman?“ („Bin in denn keine Frau?“) bei der Ohio Women´s Right Convention deutlich, dass nicht alle Frauen gleichbehandelt werden. Wir müssen das in unserer Gesellschaft auch heute noch tun. Manche Gruppen innerhalb der Flinta* Community werden nach wie vor gesellschaftlich ausgegrenzt. Der Feminismus sollte keinen Halt beim Sexismus machen, sondern alle Formen der Diskriminierung benennen, sichtbar machen und gleichwertig bekämpfen. Nur so können auch die patriarchalen Strukturen und Machtunterschiede in unserer Gesellschaft aufgebrochen werden.
„Wenn es an einer Kreuzung zu einem Unfall kommt, kann dieser aus jeder Richtung verursacht worden sein – manchmal gar von Verkehr aus allen Richtungen gleichzeitig“ (Kimberlé Crenshaw 2013)
Das Zitat von Crenshaw verdeutlicht ganz klar, dass unterschiedliche Diskriminierungen gleichzeitig erfolgen können. Eine Person kann zum Beispiel aufgrund ihres Alters, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und aufgrund ihrer Hautfarbe gleichzeitig diskriminiert sein. Im intersektionalen Feminismus werden somit Machtunterschiede auch abseits des männlich und weiblich gelesenen Geschlechts thematisiert. Wenn wir eine wirklich gerechtere Gesellschaft und damit inbegriffen eine gerechte Geschlechterordnung fordern, müssen wir jede Diskriminierungskategorie und die daraus resultierenden Weltbilder gemeinsam und gleichwertig hinterfragen und bekämpfen.
Maria
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