Der Begriff Lookismus ist als relativ neuartiges Konzept vor allem im deutschsprachigen Raum wissenschaftlich noch nicht sonderlich weit verbreitet, findet in verschiedenen Diskussionen allerdings immer häufiger Verwendung. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Wort?
Die Meinungen darüber sind gespalten. Lookismus beschreibt das Konzept, Menschen aufgrund ihrer optischen Erscheinung zu hierarchisieren. Dabei spielen gewissen gesellschaftliche Normen (weiß, abled, cis etc.) eine große Rolle.
Bewusster Lookismus?
Einige verstehen das Konzept Lookismus dahingehend, dass aufgrund der optischen Erscheinung zumindest teilweise charakterliche Zuschreibungen gemacht werden. Als Beispiel hierfür kann der*die Ärzt*in dienen, welche*r bei dem*r Patient*in bewusst das Übergewicht feststellt, diesen also als dick einordnet, und darauf beruhend all seine körperlichen Probleme auf das Übergewicht schiebt. Von dieser Praxis des so genannten Fatshamings berichten einige übergewichtige Patient*innen.
Der Halo-Effekt
Der andere Ansatzpunkt sieht Lookismus als ein subtileres Konzept, beruhend auf dem so genannten Halo-Effekt, bei dem aufgrund eines optischen Merkmals andere, oft inkorrekte Eigenschaften zugeschrieben werden, was jedoch unterbewusst geschieht. So werden kleine Männer oft automatisch als schwach und unmännlich, also eher negativ wahrgenommen, kleine Frauen hingegen als süß und weiblich.
Der Zusammenhang zu anderen -ismen
Lookismus ist als ergänzendes Konzept zu anderen –ismen anwendbar, welches übergreifend agiert und dann greift, sobald andere Konzepte Lücken hinterlassen. Dieses unklare Feld und die schwammige Abgrenzung in der Praxis machen es schwer, Lookismus eindeutig zu definieren. Wenn eine Frau aufgrund ihres kurzen Rockes als freizügig und leicht zu haben wahrgenommen wird, ist das dann Sexismus oder Lookismus? Wenn ein dunkelhäutiger Mann als größere Bedrohung wahrgenommen wird als ein hellhäutiger, ist das dann Rassismus oder Lookismus?
Ergänzung statt Konkurrenz
Ziel und Zweck des Konzeptes Lookismus ist es nicht, den Problematiken anderer –ismen ihre Relevanz abzusprechen. Vielmehr geht es darum, bis vor kurzem weitestgehend getrennt voneinander existierende Konzepte zu verbinden. So entsteht ein übergreifendes Konzept für die Diskriminierung aufgrund optischer Normabweichungen, sei es Hautfarbe, Körpergröße, Kleidung oder Gewicht.
Lookismus in linken Kreisen
Doch was kann ein Ausweg sein, wie können wir verhindern, selbst Lookismus anzuwenden? Die Antwort hierauf ist komplex, denn ebenso wie alle anderen –ismen ist auch Lookismus nicht davor geweiht, selbst in eigentlich offenen, toleranten Kreisen angewendet zu werden. Diese haben oftmals ihre eigenen Normen entwickelt, denen es zu entsprechen gilt. So wird beispielsweise an Frauen oft die Erwartung gestellt, sich optisch möglichst unfeminin und rau zu geben. Hier kann eine Frau im kurzen Rock also genau so aufgrund ihres Äußeren kategorisiert und hierarchisiert werden.
Gegenbewegungen
Wichtig im Kampf gegen Lookismus ist also ständige Reflexion und Selbstreflexion. Niemand ist geweiht davor, Lookismus anzuwenden, doch wenn wir alle achtsamer werden und unsere Gedanken bewussster wahrnehmen, ist das bereits ein guter Schritt.
Als Gegenbewegung zum Lookismus dient zudem das so genannte Empowerment, in welchem es darum geht, dass marginalisierte, von Lookismus stark betroffene Gruppen ihre Ressourcen nutzen, um selbstständig und selbstbestimmt handeln zu können und sich somit der Diskriminierung entgegenzusetzen.
Franka Billen
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