Das Wort Whataboutism beschreibt eine rhetorische Technik, in der Argumente der Gesprächspartner*innen nicht mit Gegenargumenten sondern durch gezielte Ablenkungsmanöver bewusst oder unbewusst entkräftet werden. Dabei wird nicht auf das Ursprungsargument eingegangen, sondern ein „Argument“ verwendet, das oft gar nichts mit dem Ursprungsargument zu tun hat.
Propaganda und Verschwörungs“theorien“
Besonders populär ist die Technik in Propaganda und bei Verschwörungstheoretiker*innen, aber auch in den sozialen Medien. Die Kommentarspalten sind, insbesondere bei kontroversen Themen, voll mit Whataboutism. Anstatt auf das Urpsungsargument einzugehen, geht es bei Whataboutism vielmehr darum, das Gegenüber mit „Totschlagargumenten“ zu übertrumpfen, sowie die Aufmerksamkeit von einer (oft gewollten) Diskussion wegzulenken.
What about Whataboutism?
Das Wort, das übersetzt werden kann mit „Und was ist mit…?“ hat in Zeiten zunehmender Verschwörungstheoretiker*innen, aber auch in Zeiten, in denen Donald Trump Präsident der USA ist oder die Black Lives Matter-Bewegung neue Aufmerksamkeit erlangt, Hochkonjunktur. Trump verwendet Whataboutism zum Beispiel, um von eigenen Fehlentscheidungen abzulenken. Wird er beispielsweise darauf angesprochen, dass der Rechtsextremismus eine neue Spitze erreicht hat, ist seine Antwort: „Und was ist mit Linksextremismus?!“ Auch bezüglich der Black Lives Matter-Bewegung gibt es immer wieder Stimmen, die die Kommentarspalten der sozialen Medien nutzen, um zu fragen, was denn eigentlich mit ihnen sei, die auch von anderen Formen von Ungerechtigkeit betroffen sind. Insbesondere in Bezug auf Rassismus wird deutlich, wie manipulativ diese Taktik sein kann. Sie kann Aussagen massiv entwerten.
What about Feminism?
In den oberen Abschnitten wird deutlich, wie inflationär Whataboutism sein kann. Auch vor feministischen Themen macht die Manipulationstechnik keinen Halt. So konnte sich bereits der sogenannte Maskulinismus etablieren, in dem für die Rechte von Männern eingestanden wird. Der Maskulinismus ist oftmals jedoch weniger Männer-freundlich als eher Feminismus- und/oder Frauen-feindlich. Argumente gegen Feminismus sind beispielsweise, dass durch Feminismus Männer benachteiligt würden. Das eigentliche Argument, es müsse mehr für die Rechte von Frauen getan werden, wird entwertet mit Whataboutism-Fragen wie „Und was ist mit Männerrechten?“. Dabei wird vergessen, dass Feminismus nicht binär ist. Es geht nicht darum, dass Frauen „mehr Rechte als…“ bekommen. Vielmehr geht es darum, dass unabhängig vom Geschlecht, Alter, ethnischem Hintergrund, usw.* Gleichberechtigung herrschen sollte, also „genauso viele Rechte wie…“ erhalten.
Zuhören statt Whataboutism
Whataboutism wird insbesondere bei sehr heiklen Themen angewendet. Es lenkt von schwerwiegenden Problemen ab, indem es auf andere Probleme aufmerksam macht. Statt Diskurs kommt es dadurch zu einem Aneinander-vorbei-Reden. Es ist wichtig, auf Probleme aufmerksam zu machen, aber Whataboutism nimmt weder ernst noch führt es zu einer Lösung – weder für den*die eine*n Gesprächspartner*in noch für den*die andere*n. Erreicht werden kann das dadurch, dass Ursprungsargumente angehört und ernst genommen werden. Vielleicht erhält man*frau beim Gegenüber im Anschluss ein offenes Ohr fürs eigene Problem.
Sarah Path
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