Unsere Tochter ist jetzt ein Jahr alt. Gleichberechtigung in der Beziehung war mir schon immer wichtig. Der Kindsvater ist kein glühender Feminist, aber ein emanzipierter Mann, der sich um den größeren Teil im Haushalt kümmert. Dennoch sind wir seit einem Jahr von Gleichberechtigung Lichtjahre entfernt.
Von der Schwangerschaft bis zur Geburt
Neun Monate stelle ich mit meinem Körper ein wahres Wunder her, trage es in mir umher, ertrage Rückenschmerzen und nächtliche Pinkelpausen (zuletzt fünf an der Zahl), um dann dieses kleine Häufchen Glück durch einen verdammt schmerzhaften Kraftaufwand auf die Welt zu pressen. Dinge, die ich mir vor der Geburt des Kindes anders vorgestellt habe: Die Nächte (Halleluja!), die Freizeit (fuck, was ist das nochmal?), die Beständigkeit von Freundinnenschaften und ja, das Thema mit der Gleichberechtigung.
Der männliche Part an meiner Seite?
Kann mir unter die Arme greifen bei der Geburt, nachts auch nicht mehr schlafen, wenn ich vor Rückenschmerzen mit meiner riesigen Kugel das Bett zum Beben bringe und meine Gestaltungsideen des Kinderzimmers umsetzen. Er kann das Kleine die ersten Wochen komplett alleine wickeln, da meine Geburtswunden alleine das Stehen zur Qual machen. Und dann nach Tag X geht er wieder arbeiten und ich verbringe den ganzen Tag mit Care-Work. Na herzlichen Glückwunsch! Radikalere feministische Mütter in meinem Umfeld plädieren für die 50/50 Lösung, ein Weg der viel Diskussionsarbeit der Frau abverlangt. Er übernimmt 50% der Nächte sowie 50% des Tages mit dem Kind. Wird die Care Arbeit aber dann nach Außen weitergegeben, kümmert sich doch wieder die Oma, die Erzieherin, die weibliche Putzkraft oder die Babysitterin. Ist das schon Gleichberechtigung?
Gleichberechtigung von Mann und Frau in einer heteronormativen Kleinfamilie?
Ich sage: Gerade noch nicht möglich. Selbst mit Vorschlägen, Babys nicht zu stillen, weil die Flasche von Vater und Mutter gleichermaßen gegeben werden kann, kommen wir nicht an den Punkt, dass der Mann der Familie wegen seine Karriere komplett hinten anstellt. Wir kommen nicht dahin, dass das Kind lieber zum Vater will, wenn es ihm wirklich schlecht geht, dass der Vater auch mal monatelang alle Nächte ohne zu Stöhnen übernimmt, damit die Mutter feiern gehen kann, auf Konferenz fahren, mal mit Freundinnen abhängen kann oder eben, dass der Mann die feministische Diskussionsarbeit in der Beziehung führt und dabei um mehr Zeit mit den Kindern bettelt. Für viele Frauen ist das Mutterwerden also beim Thema Gleichberechtigung in der Beziehung erst mal ein riesiger Rückschritt.
Und nun?
Lasst uns doch endlich anerkennen, was Frauen leisten. Ob zu Hause, in der Krippe oder in anderen Betreuungseinrichtungen. Das heißt nicht, dass ich möchte, dass Männer diese Arbeit nicht genauso machen sollten. Natürlich sollen sie! Es ist aber eben noch lange nicht Realität, dass sie es im gleichen Maße tun. Lasst uns Frauen endlich für die „weiblich“ konnotierte Arbeit gut bezahlen, unabhängig davon, ob Männer nun die selbe Arbeit machen. Lasst uns anerkennen, dass Care-Arbeit ein verdammter Knochenjob ist und kein „Du bist zu Hause mit den Kindern? Ach, was machst du denn da den ganzen Tag?“. Lasst uns endlich das Bild von der weichen, leichten Care-Arbeit kippen und verstehen, was so viele Frauen auf der Welt leisten. Lasst uns für Gleichberechtigung kämpfen auch im Privaten, ja – aber lasst uns Care-Work auch endlich als das verstehen, was sie ist: verdammt harte Arbeit! Wenn Frau danach kein Bock mehr hat, auch noch feministische Diskussionsarbeit zu leisten – it‘s okay, it‘s your choice!
B.
Janni meint
Hey B.,
mein Artikel dazu hätte sehr ähnlich ausgesehen – also ganz gut, dass ich nicht auch noch geschrieben habe ???? Trotz aller Bemühungen bei uns sowohl von männlicher als auch von weiblicher Seite aus, haben wir „das Ding mit dem Mental Load“ noch nicht hinbekommen. Es führt immer wieder zu Frustration meinerseits. Besser ist es zwar schon, aber das war wirklich so unendlich viel Anstrengung und bei 50/50 sind wir diesbezüglich noch lange nicht. Gleichberechtigung in einer Familie (zumindest in einer heteronormativen) ist echt ne harte Nummer und manchmal fehlt am Abend einfach die Energie für weitere Diskussionen.
Liebe solidarische Grüße
Janni