Seit 1998 erstellt und veröffentlicht TERRE DES FEMMES fast jährlich eine eigene Hochrechnung der von weiblicher Genitalverstümmelung Betroffenen und Gefährdeten in Deutschland. Die neuen Zahlen zeigen, dass über 48.000 betroffene Frauen und mehr als 9.300 gefährdete Mädchen hier leben.
Im Vergleich zu 2014 ist ein Anstieg um 37 % bei den Betroffenen und um 57 % bei den Gefährdeten zu verzeichnen. Dieser ist vor allem auf verstärkte Migration aus Ländern mit hoher Prävalenzrate, insbesondere aus Eritrea (89 % Prävalenz) und Somalia (98 % Prävalenz), zurückzuführen.
Weibliche Genitalverstümmelung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung, die lebenslange Auswirkungen auf die Betroffenen hat. Mit der Dunkelzifferstatistik zeigt TERRE DES FEMMES, dass diese Menschenrechtsverletzung unter uns, mitten in Europa, präsent ist. Umso wichtiger ist die Aufklärungsarbeit auch hier in Deutschland, innerhalb der praktizierenden Communities. TERRE DES FEMMES setzt an dieser Stelle mit dem von der EU geförderten internationalen Projekt CHANGE Plus an. Teil des Projekts ist die Ausbildung von MultiplikatorInnen aus afrikanischen Communities, sog. CHANGE Agents, die zu sozialen, gesundheitlichen, kulturellen, religiösen und rechtlichen Dimensionen von weiblicher Genitalverstümmelung geschult werden und im Anschluss ihre eigenen Communities zum Thema sensibilisieren. Auch in Berlin und Hamburg werden CHANGE Agents ausgebildet. „Traditionelle Praktiken wie weibliche Genitalverstümmelung sind ein Tabu in unserer Gesellschaft, auch in den afrikanischen Communities hier in Deutschland. Wenn wir nun den verstärkten Zuzug aus praktizierenden Ländern betrachten, ist es umso wichtiger, in genau diese Communities zu gehen und dort Aufklärungsarbeit zu leisten, um unsere Töchter zu schützen“, so Fatou Mandiang Diatta, Aktivistin, Musikerin („Sister Fa“) und CHANGE Agent in Berlin.
Neben verstärkter Aufklärungsarbeit fordert TERRE DES FEMMES verbesserten Schutz für gefährdete Mädchen sowie Maßnahmen zur Unterstützung betroffener Frauen. Fachpersonal wie PädagogInnen und ÄrztInnen müssen außerdem zum Thema geschult werden.
Die detaillierte Statistik sowie Erklärungen zur Berechnung finden Sie unter folgendem Link: TDF Dunkelzifferstatistik 2016 (PDF).
Finni meint
Macht es nicht Sinn, im Internet eine solche Liste zu veröffentlichen? Wahrscheinlich schauen die Frauen doch da als erstes hinein. Vielleicht sogar hier?
Finni meint
Ist eigentlich bekannt, ob und wieviele Frauen genitalverstümmelt sind, die in Deutschland oder insbesondere in Bremen leben? Nein, natürlich nicht, muss frau ja denken, denn sie lassen sich doch freiwillig nicht registrieren! Trotzdem: auch diese Frauen brauchen irgendwann irgendeine gesundheitliche Versorgung. Wer also kann mit ihnen kompetent umgehen? Frauenärztinnen? Irgendeine? Ich weiß es nicht. Bekannt ist mir, dass es in Berlin eine spezielle Ambulanz und auch Klinik gibt. Haben wir etwas ähnliches in Bremen?
Angelika meint
Es gibt immer nur Schätzungen, wie viele Frauen von Genitalverstümmelung betroffen und wie viele Mädchen bedroht sind – das gilt für alle Länder, auch für Deutschland. Allgemein wird davon ausgegangen, dass mit den geflüchteten Frauen und Mädchen die Zahlen in Deutschland (und Bremen) steigen. Eine spezielle Ambulanz wie in Berlin gibt es in Bremen nicht, aber eine Gruppe von Frauenärztinnen und Frauenärzten, die sich fortgebildet haben und Frauen beraten und behandeln, die an den Folgen einer Genitalverstümmelung leiden. Die Namen dieser ÄrztInnen sind in Beratungsstellen wie pro familia u.a. zu erfragen.