Am 22. April 2015 lud die Friedrich-Ebert-Stiftung und das Bundesfamilienministerium zur Tagung „Wessen Internet? Geschlechterverhältnisse und Gender-Debatten im Netz“ ein.
Für die Veranstaltung waren insgesamt acht Stunden angesetzt und laut Programmheft sollte eine Reihe unterschiedlicher Themen behandelt werden. Aber meiner Meinung nach stand vor allem das Phänomen „Hate Speech“ (Hass Rede) im Mittelpunkt.
Wie sehr die Tagung mit dem Internet verwoben war, zeigt, dass diese unter sagwas.net/enter live übertragen wurde und Teilnehmende sowie Zuschauende bei Twitter unter dem Hashtag #netzgender mittwittern konnten.
Im Laufe des Tages wurden die Anfeindungen unter diesem Hashtag übrigens intensiver, was die Notwendigkeit über eine noch intensivere und öffentlichere Auseinandersetzung mit dem Thema „Internet und Geschlechter- und Machtverhältnisse“ noch deutlicher macht.
Worüber wurde gesprochen?
Neben äußerst interessanten Beiträgen von zum Beispiel der britischen Journalistin und Aktivistin Caroline Criado-Perez, die über ihre eigenen Erfahrungen mit Hate Speech berichtete oder Rena Tangens, die sich zu Frauen in der Tech-Szene äußerte, gefiel mir vor allem der Vortrag von Kübra Gümüşay. Sie entschied sich kurzerhand nicht über „Netzkultur“ zu sprechen, sondern über „den Netzfeminismus“.
Als eine praktizierende, kopftuchtragende Muslima stellte sie fest, dass auch Feministinnen oft gegeneinander „kämpften“ und nicht ganz so „inklusiv“ seien, wie sie es oft nach außen trügen. Sie erlebt vor allem wegen des Kopftuches immer wieder Diskriminierungen von Altfeministinnen wie beispielsweise „dafür haben wir aber nicht gekämpft!“. Zur Fragestellung, ob Netzfeminismus inklusiv sei, antwortete sie mit „Ja, aber er hat noch einen langen Weg vor sich.“
Im Großen und Ganzen war es eine sehr interessante Veranstaltung, die versuchte sowohl ältere als auch jüngere Generationen anzusprechen. Auch wenn dies, meiner Meinung nach, nicht immer ganz geklappt hat. Englische Fachausdrücke oder auch die Benutzung von Twitter sind nicht für alle gleichermaßen bekannt und sollten bei der Planung der Vorträge besser geplant werden.
Leider gefiel mir der Vortrag von Thomas Gesterkamp unter dem Titel „Hochstapler und lila Pudel – Wie Männer von antifeministischen Männern attackiert werden“ überhaupt nicht. Während das Thema höchst interessant klang, verlor sich Gesterkamp in den Wirren seines Egos und beschwerte sich wiederholt über seine „schlechten Googleergebnisse“. Nach der höchst emotionalen Rede von Caroline Criado-Perez schien Gesterkamps Rede höchst deplatziert. Und zu sagen, „was Frauen an Anfeindungen erleben, ist viel, viel schlimmer“, reicht da nicht aus.
Für die, die nicht dabei sein konnten
Für die, die sich ein eigenes Bild über die Tagung machen wollen, empfehle ich den Videomitschnitt, welcher demnächst auf dem FES- Youtube Kanal veröffentlicht wird. Genauso sollen Folien einzelner RednerInnen ebenfalls hochgeladen werden. Sobald dies geschehen ist, werden wir diesen Artikel mit den dazugehörenden Links aktualisieren.
Um die Wartezeit zu überbrücken, lohnt sich ein Blick oder auch zwei auf die Blogs von Kübra Gümüşay http://ein-fremdwoerterbuch.com/ und von Yasmina Banaszczuk, kurz Mina, und ihren Kolleginnen http://frau-dingens.de/. Auf der Veranstaltung präsentierte sie eine Typologie von „Trolle(n) und Hater(n)“, diese war übrigens auch sehr gelungen.
Anastasia Garies
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