Wo sind die Frauen??

Frau mit Buch vor dem Gesicht

Auf der Suche nach Frauenfiguren im Buch

Wie ist die Präsenz von Frauen in Film und Fernsehen? „Der Bechdel-Test“ prüft das mit drei einfachen Fragen:

  • gibt es mindestens zwei Rollen mit Frauen, die einen Namen haben?
  • Sprechen sie mehr al einen Satz zusammen?
  • Reden sie über etwas anderes als Männer?

Als ich Janinas Text über den „Bechdel-Test“ gelesen habe, dachte ich erst mal: na das ist heutzutage ja wohl überholt. Dauernd gibt es doch zentrale Frauenfiguren in Fim und Fernsehen, die sich nicht dauernd über Männer unterhalten! Oder…?

Der Test sagt natürlich nichts über die Qualität eines Films, aber er besticht absolut durch diese simplen Fragen, aus denen man sich nicht herausmogeln kann. Und der Test ist überraschend. Alle meine Bekannten – Frauen wie Männer – reagieren neugierig bis ungläubig , wenn ich die drei Fragen stelle. Alle wollen das Gegenteil beweisen, das erzeugt Aufmerksamkeit und eine Sensibilität für das Thema weiblicher Präsenz, egal wie es ausgeht. Versucht es mal in eurem Freundeskreis!

Janina fragte mich dann, wie es im Literaturbereich aussieht. Ok, dachte ich, bei einem komplexen Medium wie Romanen wird der Bechdel-Test sicher kaum negativ ausfallen! Also habe ich mir spontan meine letzthin gelesenen (und für gut befundenen!) Bücher ins Gedächtnis gerufen. Und siehe da: so überwältigend fällt auch dort die Präsenz von Frauen nicht aus:

  • Jenny Erpenbecks „Gehen, ging, gegangen“ ist ein richtig guter Roman – aber Frauen…? Hauptrolle ein Mann, Flüchtlinge alles Männer.
  • Astrid Rosenfelds „Elsa Ungeheuer“: ein starkes wildes Mädchen als Hauptfigur, aber sie redet nur mit Jungs und Männern.
  • Modicks „Konzert ohne Dichter“: Die zwei Künstlerinnen Paula Becker-Modersohn und Clara Rilke-Westhoff stehen durchaus inmitten des Geschehens – aber unterhalten sie sich überhaupt direkt in dem Roman? Und nicht dann doch über ihre Männer? Wohl gemerkt: in dem Roman! In ihrem realen Leben werden sie sicher auch ihre Kunst und ihre mangelnde Akzeptanz als Künstlerinnen besprochen haben.
  • Eins der besten und spannendsten Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe, ist von der israelischen Autorin Ayelet Gundar-Goshen: „Löwen wecken“. Aber auch hier: viel Paarbeziehung; zwei zentrale Frauenfiguren, die sich aber nie treffen und miteinander sprechen, der Mann zwischen ihnen ist ihr Gesprächspartner.

Aber gut, ich will die positiven Beispiele auf jeden Fall nicht unter den Tisch fallen lassen:

  • In Dörte Hansens wunderbaren Roman „Altes Land“ spielen zwei Frauen die Hauptrollen und unterhalten sich auch, oft und durchaus nicht nur über Männer.
  • Und in Alina Bronskys großartigem Buch „Baba Dunjas letzte Liebe“ steht eine Frau absolut im Mittelpunkt, auch sie spricht mit Frauen über Vieles (auch über Männer, die kommen nicht allzu gut weg, aber das ist ja ein anderes Thema).

Vorläufiges Fazit: gemischt. Immerhin haben in allen genannten Romanen – bis auf den ersten – Frauen eine selbstbewusste, aktive und gestaltenden Rolle.

Trotzdem: dieser verdammte Bechdel-Test bleibt mir im Kopf und wird sich beim Lesen sicher immer mal wieder melden!

(Fast alle der erwähnten Bücher werden unserem Literaturblog vorgestellt. Falls jemand noch Lektüre für die Osterferien sucht…)