Gendern ist sinnvoll und antidiskriminierend. Aus diesem Grund geht es auch heute dem Antifeminismus wieder an den Kragen!
#2 Antifeministische Behauptung
„Geschlechtergerechte Sprache unterbricht den Lesefluss und macht viel Arbeit. Die Frauen fühlen sich doch sowieso mit angesprochen und sind ja auch immer mitgemeint“
Was wird behauptet?
Schüler und Schülerinnen, BusfahrerInnen, Minister_innen, Studierende, Forscher*innen, ProfX – ja, es gibt eine Vielzahl von Schreibmöglichkeiten, um den Anspruch einer geschlechtergerechten Sprache gerecht zu werden. Doch viele bezweifeln den Nutzen und die Notwenigkeit neuer Schreib- und Ausdrucksweisen. Sie sind der Meinung, dass wir andere Probleme haben „als diesen sinnlosen Genderwahnsinn“.
Die Folge: Anregungen und Beschlüsse zu gendergerechter Sprache werden verpönt und lächerlich gemacht. Ein gutes Beispiel ist die Bitte Lann Hornscheidts, einer respektvollen geschlechtsneutralen Anredeform, die nicht Zweigeschlechtlichkeit aufruft. Hornscheidt möchte ProfX genannt werden und erntete 2014 in den sozialen Medien weitreichende Empörung, samt Drohbriefen und einen wochenlang andauernden Shitstorm. Die Befürchtungen: Gleichstellungspolitische Maßnahmen würden in ihrem Sinn und Zweck verdreht und als zu übergriffig gewertet. Hinzu kommt, dass der Lese- und Sprachfluss durch die neuartigen Schreibweisen gestört und unterbrochen würde. Viele befürchten eine Verschandelung der (deutschen) Sprache.
Wir widerlegen!
Viele vergessen bei solchen Statements, dass Sprache nichts Stagnierendes ist, sondern sich kontinuierlich verändert und weiterentwickelt. Ebenso wie sich politische und rechtliche Grundsätze im letzten Jahrhundert gravierend verändert haben, ist auch die Sprache zu solch einem Veränderungsprozess fähig. Meiner Meinung nach ist die Kritik an der mühsamen, unästhetischen und unleserlichen Schreibweise von geschlechtergerechter Sprache nur eine Frage der Gewohnheit. In wie weit sich sprachliche Veränderung in einer Gesellschaft verwirklichen lassen, ist immer auch eine Frage des politischen Willens.
Fraglich ist auch, ob Frauen bei sprachlichen Äußerungen im generischen Maskulinum – der verallgemeinernden männlichen Form – tatsächlich immer mitgemeint sind. In vielen gesellschaftlichen Bereichen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Es reicht schon, sich die ungleiche Verteilung der Geschlechter im Deutschen Bundestag anzusehen, ganz zu schweigen von der schwachen Präsenz von Frauen in Führungspositionen. Wenn also die Rede von „Abgeordneten“ oder „Chefs“ ist, sind Frauen also nicht immer eingeschlossen und vertreten. Problematisch ist auch, dass wir uns unter diesen Begriffen oft automatisch männliche Akteure vorstellen, welches wiederum stereotype Ansichten in unserer Gesellschaft tradiert und festigt.
Für antidiskriminierende Sprachhandlungen eintreten!
Doch warum werden kreative antidiskriminierenden Ideen einer Sprachveränderung, wie die von Lann Hornscheidt, nicht als Impuls betrachtet, um über die eigenen Normen und Weltbilder nachzudenken? Schließlich bestimmt unser Sprechen in gewisser Weise auch unser Denken über Geschlechter und das daraus resultierende Handeln. Sprachpolitik ist keine Kleinigkeit, sie trägt maßgeblich zur Sozialisation der nachfolgenden Generationen bei und festigt ungewollt unsere Vorstellungen von Geschlecht.
Geschlechtergerechte Sprache zielt daher nicht alleinig auf das Sichtbarmachen von Frauen ab. Es geht vielmehr darum, ein Denken jenseits einer heteronormativen Gesellschaft, sprich einer Gesellschaft in der es nur Mann und Frau gibt, zu ermöglichen. Schreibweisen wie das GenderGap (Leser_innen) oder das Gender-Sternchen (Leser*innen) ermöglichen Personen, die sich außerhalb der Vorstellung einer zweigeschlechtlichen Gesellschaft definieren wollen, sichtbar zu machen. Auch wenn es in vielen Ohren vielleicht holprig klingt, viele Menschen würden über eine respektvolle geschlechtergerechte Sprache dankbar sein!
Der erst in diesem Jahr erschienene und neu aufgelegte Leitfaden zu antidiskriminierenden Sprachhandlungen der HU Berlin gibt Anregungen zum respektvollen Sprachhandeln im Alltag. Er dient als Anstoß zum Nachdenken über die unterschiedlichen Formen von Sprachgebrauch und den zugrunde liegenden gesellschaftlichen Machtverhältnisse. Der Leitfaden steht hier zum Download frei zur Verfügung.
Laura Frey
Ricarda meint
Lieber Karl-Heinrich,
Ich konstatiere: Sie bezeichnen ihre Frau in diesem kurzen Satz schon zweimal mit „Meine“, doch schreibt diese liebenswerte Frau nicht selber.
Karl-Heinrich Lange meint
Kluge und intelligente Frauen wie die Meine sehen das ganz anders; aber mein Frau ist ja eben eine gescheite Frau mit weitem Horizont, eben liebenswert.