In fast jeder Stunde erzählt mir meine Therapeutin etwas von meiner Angst. Damit geht sie mir gehörig auf die Nerven. Sie tut fast so, als wäre ich höchstpersönlich die gebündelte Angst. Doch da stimme ich nicht mit ihr überein. Denn die Furcht ist ja nur ein Gefühl.
Daher entschied ich mich, meine Gedanken aufzuschreiben. Aus denen ist ein kleines Plädoyer für den Mut und gegen die Angst entstanden. Denn um mutig zu sein, braucht es die Angst. So wie das Leben den Tod braucht oder das Glück das Pech benötigt. Folglich fängt meine Geschichte bei der Angst an.
Den einen trifft es, die andere nicht
Seit ich mich erinnern kann, war die Furcht mein ständiger Begleiter. Jahrelang hat sie mich eingenommen. Hin und wieder glich sie dabei einem Alptraum. Immer dann, wenn sich eine Lähmung über meinen ganzen Körper legte und ich keinerlei Gefühle wahrnehmen konnte. Es ist der Moment, wenn die Angst jegliches Handeln unmöglich macht.
Ich weiß nicht, warum es gerade mich getroffen hat. Den einen trifft es, die andere eben nicht?! Lange habe ich ein großes Päckchen Fragen mit mir rum geschleppt, doch letztlich nie die eine Antwort gefunden.
Viel wichtiger war die langsam wachsende Erkenntnis, dass es auch anders geht. Dass Leiden nicht das Leben bestimmen muss. Was mir geholfen hat, war zu verstehen, dass Angst den Menschen schützt, ob nun in wirklicher Lebensgefahr oder nur im subjektiv Erlebten. Und anscheinend brauchte ich für mein kleines Kinderseelchen und auch für mein Erwachsenes-Ich eine riesige Portion davon.
Nie gut genug
Angst ist aber auch ein riesen Arschloch. In der Angst fühlt man sich klein, hässlich und wertlos. Das ist eine Tatsache und ängstliche Menschen wissen, wovon ich an dieser Stelle spreche. Von dem Gefühl, nie auszureichen, eine ständig Zweifelnde zu sein. Angst ist ein Killer, weil man oft dem Gegenüber nicht traut, aber vor allem sich selbst nicht. Das Eigene ist nie gut genug und umso bunter leuchten die Lichter auf der anderen Straßenseite. Doch der eigene Asphalt bleibt grau. Die Diskrepanz zwischen dem Selbst und den Anderen wird so immer größer. Und was daraus resultiert ist die gefühlte Einsamkeit.
Die Zeit heilt alle Wunden
Doch was passiert nur mit mir, wenn ich diesen riesigen Angstball aufdrösle?! Wenn die antrainierte Angst gegen mehr Mut ausgetauscht wird?!
Vor dieser Frage stehe ich seit einiger Zeit. Und um überhaupt an diesen Punkt zu kommen, habe ich eine jahrelange tiefe Auseinandersetzung hinter mir. Es hat mich viele Tränen, Wut und Kraft gekostet und auch einige Freundschaften.
Doch wie sagt man so schön “Die Zeit heilt alle Wunden” und obwohl ich wirklich kein großer Verfechter von angeblich klugen Weisheiten bin, trifft diese bei mir zu. Denn ich gehe um einiges aufrechter durchs Leben. Ich traue mich jetzt, zu mir zu stehen, unperfekt wie ich bin. Und trotzdem bin ich jetzt auch nicht besser als früher. Darum geht es nicht. Ich mag mich einfach mehr leiden und es macht mega Bock ich selbst zu sein. Es ist ein wertvolles Gut, welches ich mir da erkämpft habe. Das weiß ich jetzt zu schätzen.
Der Mut verdient die Hauptrolle
Hin und wieder kommt auch noch der “alte Affe Angst” zu Besuch. Schließlich war er lange mein engster Vertrauter. Doch habe ich ihn lang nicht mehr so gern wie früher.
Dafür ist mein Universum jetzt mit Mut gefüllt. Die Furcht spielt darin nur gelegentlich eine kleine Rolle.
Das weiß auch meine Psychologin. Vielleicht vergisst sie es nur des Öfteren in ihrer Therapeuten-Daseins-Blase. Dann, wenn sie meint mich zum 100. Mal auf meine Angst hinweisen zu müssen. Schließlich ist sie es, die mich immer ermutigt, weiterzugehen. Und meine schönsten Momente sind oft jene, in denen ich die Angst zwar spüre, aber dann den Mut packe und mich einfach traue.
Oh wie krass, ein Hoch auf dieses verdammt tolle Leben, das einen manchmal fickt, aber es auch oft genug gut mit einem meint. Ich liebe es!
K.
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