„Ich bin unfreiwillig weltweit bekannt geworden. Aber man wird sich nach diesem Prozess an den Namen Gisèle Pelicot erinnern und nicht wie sonst an den des Täters, an den meines Mannes.“
Im Rahmen des SPIEGEL-Podcasts Acht Milliarden erschien im Dezember 2024 die vierteilige Miniserie Avignon: Der Prozess Pelicot. Die einzelnen Folgen sind ungefähr 40 Minuten lang und bieten Innenansichten aus dem Strafgericht in Avignon, Frankreich. SPIEGEL-Korrespondentin Britta Sandberg teilt darin Auszüge aus exklusiven Interviews, Wortprotokolle aus den Vernehmungen und Auszüge aus psychiatrischen Gutachten.
Worum geht es?
Der Hauptangeklagte Dominique Pelicot ist am 19.12.24 wegen schwerer Vergewaltigung zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilt worden. Über einen Zeitraum von beinahe zehn Jahren betäubte er seine Frau regelmäßig und missbrauchte und vergewaltigte sie ohne ihr Wissen. Im Internet bot er sie auch anderen Männern an. Dafür verlangte er keine Bezahlung, dokumentierte alles jedoch sehr genau mit über 20.000 Bild- und Filmaufnahmen. Alle 50 Mitangeklagten wurden ebenfalls verurteilt.
Der Podcast vermittelt ein Bild des scheinbar perfekten Lebens der Pelicots und eröffnet, wie das Doppelleben von Dominique Pelicot nach vielen Jahren zufällig ans Licht kommt. Psychiatrische Gutachten beschreiben ihn als einen Mann mit gespaltener Persönlichkeit und „multiplen Paraphilien“, also sexuellen Neigungen, die von der Norm abweichen und als krankhaft oder problematisch gelten. Einblicke in die Ermittlungsarbeit der Polizei sowie Interviewmaterial aus Gesprächen mit Anwält*innen ergänzen das Bild.
Gisèle Pelicot entscheidet sich, ein Zeichen für alle Frauen zu setzen und die Öffentlichkeit einzubeziehen. Auch Filmaufnahmen werden unzensiert im Gericht gezeigt. Britta Sandberg zieht in der dritten Folge die Fälle von drei Angeklagten detaillierter heran. Die Kontaktaufnahme, die Tat an sich und klägliche Rechtfertigungsversuche werden rekonstruiert und genau beschrieben. Eine Triggerwarnung gilt für die gesamte Miniserie, diese Folge enthält jedoch besonders verstörende Inhalte.
Zuletzt geht es noch um die Auswirkungen des Falls auf die gesamte Familie. Dominique Pelicot nahm auch seine Schwiegertöchter sowie seine eigene Tochter Carolin Darian heimlich auf. Letztere schrieb ein Buch über ihren Sturz ins Bodenlose, das Trauma und die Zeit vor dem Prozess. Am 16.01.25 erscheint Und ich werde dich nie wieder Papa nennen nun auch auf deutsch.
Der Prozess Pelicot beschäftigt Menschen über die Landesgrenzen hinaus und könnte weltweit einen Anstoß geben, um das Thema Vergewaltigung neu zu verhandeln. Wir legen euch also diese vier Podcastfolgen ans Herz. Die Inhalte sind schwer zu ertragen und können belastend oder retraumatisierend wirken. Achtet auf euch, hört vielleicht mit einer vertrauten Person zusammen und holt euch notfalls Unterstützung.
Laura Stache
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