Willkommen im Jahr 2025. Zum Auftakt gibt es für euch einen randvollen Presse-Pott mit – auch – ein paar guten Nachrichten.
Ausblick mit Rückblick
Wenn wir an die Ergeignisse des Jahres 2024 zurückdenken, scheinen die Zukunftsaussichten eher düster zu sein, insbesondere für Feminist*innen. Trotzdem ist dies kein Grund, Trübsal zu blasen, meint Katrin Gottschalk in der taz und ruft dazu auf, sich von Gisèle Pelicot inspirieren zu lassen: „Nur weil die Politik droht, rückschrittlich zu werden, muss dies nicht auch die gelebte Solidarität beeinflussen. Jedem Rückschritt kann immer auch ein Fortschritt folgen.“
Die Schande hat die Seite gewechselt
„Die Schande muss die Seite wechseln“ (La honte doit changer de camp) sagte Gisèle Pelicot und zitierte damit die feministische Forderung, die in Frankreich zur Zeit der #MeToo-Veröffentlichungen aufkam. Es war ihre Begründung, warum sie den Vergewaltigungsprozess gegen ihren Ex-Mann und weitere 50 Täter nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden ließ, wie es ihr Recht gewesen wäre. Das ist nun geschehen: Mit ihrer öffentlich gemachten Weigerung, sich zu schämen, hat die Schande die Seite gewechselt. Am 19.12.2024 erfolgte die Urteilsverkündigung: Alle Angeklagten wurden schuldig gesprochen, der Ex-Mann von Pelicot hat die Höchststrafe von 20 Jahren bekommen. Gisèle Pelicots Entscheidung ermöglichte eine öffentliche Debatte weit über die Grenzen Frankreichs hinaus. Weltweit wurde ihr Respekt gezollt. Hier ein ausführlicher Bericht mit einer politischen Einschätzung. Können wir uns nun zufrieden zurücklehnen? Kommentar von Valérie Catil in der taz: „Das Urteil, das in Avignon (…) ausgesprochen wurde, ist ein Sieg, der zugleich ernüchtert und enttäuscht.“
Netzwerk des Grauens
Wie zum Beweis, dass der Fall Pelicot kein Einzelfall ist, deckte das Recherche-Team von Strg_F ein Vergewaltigernetzwerk auf der Plattform Telegram auf. Demnach tauschen sich dort weltweit Zehntausende von Nutzern darüber aus, wie sie Frauen betäuben und vergewaltigen können und stellen auch Fotos und Videos davon online.
Kranksein erlaubt – Muttersein bestraft
Am Hamburger Landesarbeitsgericht ist ein Prozesse anhängig, in dem eine bei der Sozialbehörde angestellte Juristin gegen ihre Arbeitgeberin klagt. Nach dem Tarifvertrag der Länder (TVL) für Angestellte des Öffentlichen Dienstes hätte ihr nach drei Jahren eine Höherstufung in eine höhere Entgeltgruppe zugestanden. Weil sie jedoch in diesem Zeitraum elf Monate Elternzeit nahm, erhielt sie diese Höherstufung nicht, sondern muss diese Zeit „nacharbeiten“. Für Langzeiterkrankte von bis zu 39 Wochen gilt diese Regelung des TVL jedoch nicht. Ein Urteil wird für Ende Januar erwartet.
Mehr Gleichstellung in Führungspositionen
Das ist das Ziel von Bundesfrauenministerin Lisa Paus. Nach Vorgaben der EU errichtete sie eine Stelle für die Förderung, Analyse, Beobachtung und Unterstützung der Entwicklung von Frauenanteilen in den Führungsetagen großer Unternehmen (in Deutschland circa 350 Unternehmen). Da Deutschland allerdings mit den Führungspositionengesetzen von 2015 und 2021 bereits wichtige Schritte zur Gleichstellung unternommen hat, wird die neue Stelle erst einmal nur Vorschläge erteilen und entgegen nehmen. Bitte wendet Euch mit euren Fragen und Anliegen an: E-Mail an fueporichtlinie@bmfsfj.bund.de
Fällt der Paragraf 218?
Eine interfraktionelle Gruppe von Abgeordneten aus SPD, Grünen, Linken und SSW hatte einen Antrag zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen eingebracht, der noch vor Auflösung des Bundestags verabschiedet werden könnte. Aber CDU/CSU und FDP versuchen mit Tricks, dies zu verhindern. Näheres dazu im Interview mit Ulle Schauws, der frauenpolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag.
Neuer Beruf: Intimitätskoordinator*in
Bei der Aufnahme von intimen Szenen für Film und Fernsehen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu unangenehmen Situationen bis hin zu Übergriffen für Schauspieler und insbesondere für Schauspielerinnen. Damit sich das ändert, soll nun ein*e Intimitätskoordinator*in für angemessenes Verhalten am Set sorgen. Wie das geht, dazu hier Näheres.
Von uns für Euch: zwei neue Podcastfolgen
Was wärst du im Leben nicht alles geworden, wenn deine Schule dir mehr vorgeschlagen hätte als nur „Büro“, „Fabrik“ oder „Einzelhandel“? Das Bremer und Bremerhavener Projekt „BeOK“ schickt interessante und anschauliche Role Models in die Schulen, zusammen mit Informationsmodulen für Lehrer*innen und Eltern, um Klischees aufzubrechen und ungeahnte Talente zu fördern. Wir sprachen mit Jana Purnhagen und Nicole Rosenboom von BeOK.
Und – was wäre ein Jahreswechsel ohne Ruckblick auf die vergangenen Highlights? Unsere Jahresend-Podcastfolge Von Boom bis Z: Recap 2024 bietet euch das Beste aus allen Folgen und Themen vom letzten Jahr!
Incels? Femcels
Wir erinnern: die Incel-Bewegung war ursprünglich eine freundlich, solidarische Gruppierung, die von einer Frau gegründet wurde. Erst später entwickelte sie sich zu einem frauenfeindlichen, oft gewalttätigen Plattform im Internet. Seit einigen Jahren zeichnet sich nun eine reaktionäre Strömung innerhalb des Feminismus ab – eine Gruppe, die sich selber zunächst als Femcels bezeichnete, sich aber zunehmend mit „Female Dating Strategy” und “dark feminine” Dating Influencerinnen auf TikTok und YouTube befasst. Sie schaffen eine Ecke der Femosphere, die als Spiegelbild der Mannosphere gedacht ist – eine Art „Andrew Tate für Mädels” – wobei sie den „liberalen Feminismus“ als nicht funktionsfähig ablehnen. Dr Jilly Kay von der Universität Loughborough beschreibt all dies und mehr in ihrer Forschungsarbeit „The reactionary turn in popular feminism“. Rachael Healy gibt in „Welcome to the Femosphere“ einen spannenden Überblick dazu.
2025: Was ändert sich?
Sowohl die Bundesregierung selber als auch Frauen- und Familienministerin Paus veröffentlichten je eine Auflistung als Pressemeldung. Das Sozialverband Deutschland und die taz ergänzen ihre Meldungen mit einer Bewertung.
Save the date!
Am 19.1.2025 um 12:00 Uhr – einen Monat vor der Bundestagswahl und einen Tag vor Trumps Amtseinführung als US-Präsident startet die große feministische FLINTA* MARCH in Berlin. Alle feministischen Verbände und Aktivistinnen werden dabei sein! Zeitnahe Infos gibt es auf Instagram – und – wer den offenen Brief von FrauenGegenMerz unterzeichnen möchte, braucht sie nur auf Insta zu folgen.
Bremen News
Weibliche Obdachlosigkeit wird verdrängt: Am 17.12.24 kamen im Kukoon Bremen rund 100 Menschen zusammen, um die Folgen dieser Verdrängungspolitik in Bremen zu diskutieren. Janita-Marja Juvonen, Autorin und Sozialaktivistin aus Essen las zuerst aus ihrem Buch „Die Anderen – die harte Realität der Obdachlosigkeit“. Im anschließenden Podiumsgespräch diskutierten Juvonen mit Bremer Erfahrungsexpertinnen und Obdachlosenaktivistinnen von fix_it, Die Moderation übernahm LieLa e.V. Die Expertinnen waren sich einig: Die Praxis von Platzverweisen und anderen repressiven Maßnahmen treibe Menschen in noch größere Unsicherheit und Isolation. Gleichzeitig mache sie es Streetwork-Teams und sozialen Angeboten nahezu unmöglich, die Betroffenen zu erreichen und zu unterstützen. Mehr: Lesung und Podiumsdiskussion zu weiblicher Obdachlosigkeit
„Women* to the Front!“ – Um das Geschlechterungleichgewicht in der Bremer Musikszene aufzudecken, erstellt musicHBwomen* eine erste Erhebung zur Repräsentanz von weiblich gelesenen Personen im professionellen Musikbereich im Land Bremen. Das Ziel: Die Entwicklung gezielter Maßnahmen zur Förderung von Geschlechtervielfalt und -gerechtigkeit. Die Ergebnisse der ersten Studie (im Fokus – die Bremer Clubszene) werden demnächst vorgestellt: Repräsentanz von Frauen musicHBwomen.
Wer will 2025 an der Neuauflage vom Queer Feminist Lit Space teilnehmen? Wir erinnern daran: die Heinrich-Böll-Stiftung Bremen startete 2023 diesen „feministischer Lesekreis für absolute Einsteiger*innen“. Geplant ist, den Lesekreis aufgrund der großen Nachfrage und des positiven Feedbacks in Zukunft nochmal anzubieten. Willst du beim nächsten Queer Feminist Lit Space dabei sein? Dann trag dich in den Newsletter ein, oder schau bei den Social Media: Insta | Tiktok | facebook
Neue Geschäftsleiterin der Bremer Shakespeare Company wird Hellena Harttung. Früher bei dem Blaumeier-Atelier, übernimmt sie ab Anfang April 2025 den Posten von Renate Heitmann, die bei der BSC als Regieassistenz angefangen und später den Zirkus Quantenschaum gegründet hat. Für die Gründung des Kultursommer-Summarum im Pandemie-Sommer 2020 bekam sie das Bundesverdienstkreuz.
Residenzen im Zentrum für Kunst: Musiker:innen, Künstler:innen bzw. Ensembles/Kollektive erhalten die Möglichkeit, sich für die Spielzeit 2025-2026 mit zwei Projekten auf Residenzen im Zentrum für Kunst zu bewerben. Die Bewerbungen beziehen sich auf die Sparten: 1) (Sprech-)Theater, narrative und performative Formen. 2) Interdisziplinäre Formen: Darstellende Kunst & Musik. 3) Kinder & Jugendtheater. 4) Zeitgenössischer Tanz und Tanztheater. 5) Musik.
Die Bewerbungsfrist für alle Sparten ist am Sonntag, 16.2.2025.

„Viele Frauen, geringer Verdienst, viel Teilzeit – der Einzelhandel“ schreibt zum neuen Jahr die Arbeitnehmerkammer und illustriert dies mit einer anschaulichen Grafik: Der Einzelhandel war 2023 mit fast sechs Prozent aller sozialversichert Beschäftigten die viertgrößte Branche im Land Bremen. Die Tendenz zur Teilzeitbeschäftigung bedroht die Existenzsicherung: Der Verdienst im Einzelhandel ist unterdurchschnittlich.

Zu Guter Letzt:
Heute ein kleiner Tipp von @elisa_wag (Dr. Elisabeth Wagner): Und Ladies, heute schon eurem Mann im Haushalt geholfen? Am Wochenende kann man ihm ja mal ein wenig unter die Arme greifen, bevor er wieder nörgelt. 😵💫 #womeninmalefields#satire #ironie #doppelstandards
#rollenbilder #gleichberechtigung #gleichstellung
Glenys & Irene
Schreibe einen Kommentar