Video zum Wochenende: Unplayed – Frauen am DJ-Pult
Warum die elektronische Musikszene einen Wandel braucht
Die Dokumentation Underplayed von Arte, inszeniert von der Regisseurin Stacey Lee, zeigt einen ernüchternden Einblick in die elektronische Musikszene, die trotz ihrer kreativen Diversität von einem erschreckenden Ungleichgewicht geprägt ist. Frauen und marginalisierte Gruppen sind hier nach wie vor unterrepräsentiert – nicht nur auf den großen Festivalbühnen, sondern auch in der Medienproduktion und den technischen Berufen der Branche.
Elektronische Musik – insbesondere Genres wie House und Techno – wurzelt historisch in der queeren Black- und Latino-Community. Was einst eine subversive Bewegung war, hat sich inzwischen in vielen Teilen der Welt zu einem kommerziellen Mainstream-Phänomen entwickelt. Festivals und Raves prägen die Jugendkultur, doch das Gesicht der Szene bleibt überwiegend männlich und weiß. Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Weniger als 3 Prozent der Musikproduzent*innen in der elektronischen Musik sind Frauen, und der Anteil von Women of Color ist mit unter 0,3 Prozent noch alarmierender.
Die Dokumentation begleitet bekannte Künstlerinnen wie Rezz und aufstrebende Talente und zeigt die Hürden, denen sie in einer von Männern dominierten Industrie begegnen. Ein entscheidender Punkt ist die Sichtbarkeit: Nur wer als Frau regelmäßig auf Line-ups landet, erhält die Chance, ernst genommen zu werden – von Veranstaltern, Promotern und schließlich auch vom Publikum. Doch hier setzt ein Teufelskreis ein. Männer dominieren die Headliner-Positionen, da sie als Publikumsmagneten gelten und damit die wirtschaftliche Grundlage vieler Events sichern. Dass dies betriebswirtschaftlich nachvollziehbar ist, macht die Situation jedoch nicht weniger problematisch.
Besonders kritisch beleuchtet die Dokumentation den Hass, dem Frauen in der Szene oft ausgesetzt sind – sei es online oder direkt im Arbeitsumfeld. Sexistische Kommentare, Zweifel an ihrer technischen Kompetenz oder schlicht die unfaire Behandlung hinter den Kulissen sind allgegenwärtig. Der öffentliche Druck und die ständige Kritik lassen viele Talente frühzeitig aufgeben.
Doch Underplayed zeigt auch, dass Veränderung möglich ist. Immer mehr Veranstalter*innen, Promoter*innen und Künstler*innen fordern Gleichberechtigung auf den Bühnen. Es geht nicht nur darum, die gläserne Decke zu durchbrechen, sondern auch die Herkunft der Genres zu würdigen und die Vielfalt zurück in die Szene zu bringen. Techno und House waren immer Ausdruck von Freiheit, Identität und Inklusion. Es ist an der Zeit, dass die Branche diesen Geist wiederbelebt.
Die Doku ist nicht nur ein Weckruf, sondern ein Appell an das Umdenken – sowohl in der Industrie als auch im Publikum. Denn letztlich beginnt der Wandel mit einer einfachen Entscheidung: Wen wollen wir auf der Bühne sehen?
Siehe auch Termine des Bremer FLINTA* DJ Treff
Am 26.01.2025 und 23.02.2025
Isabel Ratfisch
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