Draußen nieselt es leicht, es ist typisches Bremer Herbstwetter – ein schneidender Wind von der Seite. Ich bin deswegen ganz froh, Johanna, Greta und Driggi im gemütlich warmen vielleicht Café in der Neustadt zu treffen, wo die drei mich schon Capuccino-schlürfend erwarten. Wir unterhalten uns nun eine Stunde über die Arbeit in einem Kollektiv, die Balance zwischen Bremerhavenern feministischen Kämpfen, die Solidarität innerhalb des Kollektivs und das Schaffen von Safe Spaces.
Das Unfriendly-FLINTA* DJ-Kollektiv setzt sich zusammen aus fast 20 FLINTA*-Personen aus Bremerhaven und existiert seit einem Jahr. Greta, aka Bukowski, ist über die Arbeit im ASTA zu verschiedenen Veranstaltungen connected und erzählt mir, dass Nahuel aus dem zucker-Kollektiv vor etwa einem Jahr einen DJ Workshop in Bremerhaven gab. Daraufhin sprachen dann super viele FLINTA* Greta an und so entstand das Kollektiv – ganz frei nach dem Motto: jede*r kann auflegen. Angebot und Nachfrage eben.
Sexismus die Stirn bieten
Mit Klischees und Stereotypen brechen – der Name „Unfriendly FLINTA*“ ist in vielen Aspekten Programm. FLINTA*-Personen sind noch viel zu häufig Klischees ausgesetzt, unter anderem dem, immer freundlich sein zu müssen und es allen recht machen zu müssen. Das Bild einer angepassten, friedlichen und harmonischen FLINTA* zu wahren ist nicht nur super anstrengend, sondern auch ein Mittel des Patriarchats, FLINTA* ihre Stimme zu nehmen. FLINTA* können eben auch anders. Wut und Genervtsein auszuleben kann im Patriarchat als eine Art Rebellion gewertet werden. Warum also nicht beide Seiten vereinen? Auf dem einen Gruppenfoto, das man auf Instagram begutachten kann, sieht man alle ernst direkt in die Kamera schauen, auf dem anderen lachen alle ausgelassen- ein schönes Symbolbild.
„Du willst dich mit mir anlegen? Ich hab 20 FLINTA* hinter mir.“
„In Bremerhaven ticken die Uhren noch anders“, erzählen sie mir, nachdem ich nach politischen Kämpfen vor Ort fragte. Sexuelle Belästigung steht an der Tagesordnung. „Als wir im Drittel gespielt haben, habe ich mich so wohl gefühlt, wie in ganz Bremerhaven noch nie.“ Ich lass das mal so stehen. Sich für alles rechtfertigen zu müssen und erklären zu müssen, warum man jetzt eine FLINTA*-exclusive Party veranstaltet und dass Männer deswegen nicht unterdrückt werden, steht auf der Tagesordnung. „Man muss halt bei 0 anfangen“, erzählt Johanna, aka r3uberin. Auch der FLINTA*-Begriff ist in Bremerhaven noch relativ neu und Awareness- Konzepte auf Parties sowieso, wo die Unfriendly FLINTA* diverse Meilensteine setzen.
Wirkung des Kollektivs
Das Kollektiv sei dementsprechend auf der einen Seite immer ein politisches Instrument. „Man wundert sich in Bremerhaven dann, warum nur FLINTA* auf der Bühne stehen, aber wenn da nur Männer stehen, wie das oft vorkommt, wundert man sich nicht.“ Auf der anderen Seite schafft das Kollektiv ein großes Auffangbecken und einen Safe Space für FLINTA* Personen. Jede*r aus dem Kollektiv kann die vor Sexismus triefenden Erfahrungen aus dem Alltag und die Probleme für FLINTA* Personen in Bremerhaven nachvollziehen. Das schafft Platz für Solidarität, Ausleben von Müdigkeit und Wut, Vernetzungen und ein Gefühl von Sicherheit bei den einmonatigen Kollektivtreffen. Bedingungslose Unterstützung ist das Schlagwort für die Unfriendly FLINTA*.
Von der Bühne ins Private – „Wir FLINTA* Personen sind immer zwei Bühnen ausgesetzt. Einmal der richtigen Bühne wenn wir auflegen, aber halt auch dem männlichen Blick, wo alles bewertet und kategorisiert wird“, so Greta. Dementsprechend gehört es auch dazu, mutig zu sein. Den Mut zu haben, sich unbeliebt zu machen und auch mal „Nein“ zu sagen.
Die Arbeitsteilung bei den Unfriendly – FLINTA* erfolgt mit flachen Hierarchien und angepasst an die jeweiligen Bedürfnisse der mitwirkenden Personen. „Es liegt bei jede*r von uns, zu sagen, was wir gerade schaffen können und wo wir vielleicht gerade keine Kapazitäten haben.“, so Driggi, aka COOSJE. Es ist super schön, keine Hemmungen zu haben, wenn mal Fragen entstehen und zu wissen, dass man sich ganz ohne Druck ausprobieren kann, erzählen sie mir.
Vor den Auftritten kommen sie immer einmal zusammen, checken, wie es allen geht, unterstützen sich gegenseitig, hängen ihr improvisiertes Banner auf und verteilen ihre Sticker und Postkarten. Dann wird angestoßen und los geht’s!
Geht noch mehr?
Selbst wenn ein Gig mal nicht so gut läuft, ist das nicht weiter schlimm. Es soll auch nicht nur beim Auflegen bleiben: Ideen von einem Producing-Workshop sind in der Luft, oder ein mehrtägiger Workshop, wo es auch um Licht- und Tontechnik und das Organisieren von Veranstaltungen gehen soll, ist in der Entwicklungsphase. Das DJ-Kollektiv hat Lust, dabei zu helfen, FLINTA* Personen einen breitgefächerten Zugang nicht nur auf die Bühne, sondern auch hinter oder über die Bühne zu ermöglichen und sie zu fördern, da das bislang alles männlich-dominierte Themengebiete sind. Zunächst aber wollen sie jeweils eigene Sets hochladen und legen bei der Soli-Party „viel hilft viel“ mit dem feministischen Kollektov „What does a Feminist sound like?“ im Mensch Meier in Berlin am 08.12.2023 auf.
Auf dem Instagram-Kanal „unfriendlyflinta“ bleibt ihr immer auf dem neusten Stand, was Gigs und neue Workshops angeht. Sie verstehen sich als ein offenes Kollektiv, also schnappt euch den Controller und ab an die Regler!
Jule
NoMeansNo meint
Und dann ausgerechnet im Yesterday auflegen? Dem Laden der nicht nur rechtsextreme Türsteher hatte und dies bis heute leugnet? Deren Inhaber der König des ungewollten Baggerns war und ist, der in der Vergangenheit seine Partnerinnen im Vollsuff nicht nur mit den widerlichsten mysogynen Texten bedacht hat und auf mindestens eine uriniert hat während sie schlief weil Kokain und Schnaps wieder seine wahre Natur zum Vorschein gebracht haben? Das geht alles wirklich nur in Scheiss Bremerhaven! Ihr rehabilitiert einen Täter und mehr nicht. Einmal mehr fühle ich mich bestätigt dieser Stadt den Rücken gekehrt zu haben.