Morgen ist endlich wieder der internationale feministische Kampftag. Um dem patriarchalen und kapitalistischen System den Kampf anzusagen, wird natürlich wieder eine Demo stattfinden. Die diesjährige Demo wird, wie bereits in den letzten Jahren, vom Feministischen Streik Bremen organisiert und startet am 8. März um 16 Uhr am Marktplatz. Wir haben uns mit Rosa vom F_Streik getroffen und uns über die verschiedenen Aktionen der Gruppe und das diesjährige Demo-Thema ausgetauscht.
Das macht der F_Streik Bremen

Der F_Streik ist als Bremer Ortsgruppe Teil des bundesweiten Feministischen Streik Bündnisses und ist offen für alle FLINTA*s. Die Gruppe organisiert die Demo und weitere verschiedene Veranstaltungen rund um den feministischen Kampftag, aber auch andere feministische Demos und politische Aktionen in Bremen. Seit Ende letzten Jahres setzen sie sich gezielt mit dem Oberthema Patriarchale Gewalt auseinander. Rosa erzählt uns, wie es zu der Entscheidung für diesen inhaltlichen Fokus kam. Sie sagt, dass sie bisher eher zyklisch um den 8. März herum gearbeitet haben. Um von dieser Arbeitsweise Abstand zu nehmen, einigten sie sich nach einem längeren internen Themenfindungsprozess auf das Oberthema Patriarchale Gewalt. Interessengeleitet bildeten sich davon ausgehend zwei Arbeitsgruppen zu den Themen „Femi(ni)zide“ und „Safe Abortion und reproduktive Rechte“. Ein Femizid bezeichnet die Tötung einer FLINTA* Person, durch patriarchale Gewalt. Der Begriff Feminizid ist eine Erweiterung des Ausdrucks und soll die Tötung aufgrund von Feminisierung mit einschließen.
Die AG „Femi(ni)zide“ organisierte seitdem zum Beispiel eine Lesung mit einer Mitautor*in des Buches „Femi(ni)zide. Kollektiv patriarchale Gewalt bekämpfen“, eine Demo am Tag gegen patriarchale Gewalt und eine spontane Gedenkveranstaltung zu dem Femizid in Walle im Dezember 2023. Außerdem bildete sich aus der AG heraus das Netzwerk „Stoppt Femi(ni)zide Bremen“, welches sich mittlerweile eigenständig trägt. Die zweite AG zum Thema Safe Abortion und reproduktive Rechte organisierte eine Fotoausstellung und Vernissage im Kaffee Krach und eine Filmvorstellung zum Thema Abtreibung. Also auch unabhängig vom 8. März leistet der F_Streik sehr viel wichtige feministische Arbeit und organisiert verschiedenste Aktionen.
Zu welchem Preis? Das hat es mit dem Demo-Thema auf sich
Wie ihr hoffentlich schon auf zahlreichen Plakaten und Stickern gesehen habt, lautet das diesjährige Thema der Demo am feministischen Kampftag: „Zu welchem Preis? Eure Finanzpläne entscheiden über unsere Gewalterfahrungen“. Es gibt zahlreiche Gründe, weshalb dieses Thema so wichtig im Kampf gegen patriarchale Gewalt ist. Der F_Streik schreibt in der Demoankündigung:
„Wir wollen dieses Jahr in Bremen unsere Stimmen nutzen, um gegen die finanzielle Unterversorgung und eventuelle Geldkürzungen bei Prävention patriarchaler Gewalt sowie Gewaltschutzeinrichtungen für FLINTA*s zu demonstrieren.“
Wir fragen Rosa, warum die Gruppe sich für dieses Thema entschieden hat. Sie erzählt, dass die Grundvoraussetzung einerseits war, ein Unterthema von patriarchaler Gewalt zu finden. Andererseits wurde der Wunsch der Gruppe deutlich, ein konkretes Thema, welches mit konkreten Forderungen einhergeht zu finden. Durch aktuelle politische Entscheidungen, wie der Schuldenbremse, den Kürzungen von Sozialgeldern und Nachwirkungen der Coronapandemie mit gleichzeitiger Inflation wurde schnell klar, dass vor allem soziale Einrichtungen darunter leiden werden.
Mit besonderem Fokus auf Gewaltschutzeinrichtungen und Prävention patriarchaler Gewalt entschied der F_Streik, sich gegen diese Geldkürzungen und finanzielle Unterversorgung einzusetzen. Denn wie in der Demoankündigung deutlich gemacht wird, gibt es schon jetzt zu wenig Anlaufstellen und Schutzräume für Betroffene. Es müssen bereits jetzt Angebote aufgrund von Personalmangel und Überlastung eingeschränkt werden. Rosa sagt:
„Für uns ist es ganz klar, dass es nicht optional ist, Gewaltschutz zu finanzieren, sondern, dass es halt absolut notwendig ist und das wirklich nicht der Ort ist, wo man mit dem Rotstift ansetzen sollte, um irgendwas zu kürzen, weil am Ende vom Tag einfach Menschenleben auf dem Spiel stehen.“
Davon ausgehend nahm der F_Streik Kontakt mit unterschiedlichen Gewaltschutzeinrichtungen in Bremen auf, um gemeinsam Forderungen und Bedarfe zu formulieren und sie im Kampf um Finanzierung zu unterstützen. Rosa erzählt, dass sie es sehr spannend findet, realpolitisch an dieses Thema heran zu gehen. Sie findet es schockierend, welche vergleichsweise kleinen Summen bereits ausreichen würden, um der Unterversorgung von FLINTA*s, die von patriarchaler Gewalt betroffen sind, entgegenzuwirken. Sie betont auch, dass die staatlichen Maßnahmen viel zu kurz gedacht sind, weil sich soziale Probleme logischerweise bei Sozialkürzungen potenzieren werden.

Das sind die Forderungen vom F_Streik
Die FLINTA*s vom F_Streik formulierten davon ausgehend konkrete Forderungen in Form des offenen Forderungsbriefs „Gewaltschutz ausfinanzieren!“, der sich an die Landesregierung in Bremen richtet. Grundsätzlich fordern sie, die von Deutschland unterzeichnete Istanbul-Konvention umzusetzen, in der beispielsweise eine bestimmte Anzahl an Frauenhausplätzen festgelegt wurde. Außerdem geht es um die Kürzungen bei Geldern für Gewaltschutz, wobei konkret die Finanzierung für zwei zusätzliche Berater*innenstellen für die Bremer Beratungsstelle „Neue Wege“ gefordert wird. Der F_Streik formulierte außerdem Forderungen der staatlichen Refinanzierung von Tarifsteigerungen, die Umsetzung einer Gewaltschutzunterkunft für queere Menschen und eine ausreichende Finanzierung von Gewaltpräventionsprojekten. In direkter Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle „Notruf Bremen“ fordern sie eine bedarfsorientierte Finanzierung für die psychologische Beratung für Betroffene sexualisierter Gewalt. Da aktuell Betroffene teilweise 12 bis 16 Wochen warten müssen, bis sie dort beraten werden können, fordern sie die Finanzierung für mindestens eine weitere Beratungskraft. Auch das „Rat und Tat Zentrum für Queeres Leben“ in Bremen wird vom F_Streik in dem Forderungsbrief berücksichtigt. Hier wird eine bedarfsgerechte Aufstockung von Fördermitteln für das Projekt „Queere Bildung“ gefordert, weil Jugendarbeit ein wichtiger Baustein in der Prävention patriarchaler Gewalt ist.
Eine materialistische Perspektive auf patriarchale Gewalt
Bei den Beiträgen des F_Streiks ist immer wieder die Rede von materialistischen Perspektiven auf patriarchale Gewalt. Rosa erklärt, dass es dabei um die Bedingungen geht, die patriarchale Gewalt in dem Umfang, in dem wir sie erleben, möglich machen. Eine materialistische Perspektive hebt hierbei die Verwobenheit zwischen dem Patriarchat und dem Kapitalismus hervor, denn in beiden Systemen werden FLINTA*s abgewertet. Dadurch entstehen ökonomische Abhängigkeiten, die FLINTA*s oftmals daran hindern, sich aus patriarchaler Gewalt lösen zu können. Rosa sagt eindrücklich:
„Also, wir sind davon überzeugt, dass der Kapitalismus überwunden werden muss, genau wie das Patriarchat, um patriarchale Gewalt letztendlich auflösen zu können“.
Die konkreten Forderungen in dem offenem Brief zeigen also Wege, um dieser Verwobenheit entgegenzuwirken.
Lasst uns gemeinsam streiken und demonstrieren!
Damit die Forderungen so viel Aufmerksamkeit wie möglich bekommen ist es wichtig, gemeinsam auf die Straße zu gehen! Um 16 Uhr geht die Demo am Marktplatz los. Vorher organisiert der F_Streik noch ein Streikfrühstück von 10 bis 13 Uhr in der Schwankhalle, um sich gemeinsam einzustimmen. Dort wird es eine Kinderbetreuung geben, damit die Care-Arbeit ausgelagert werden kann. Ganz nach dem Motto: Arbeit niederlegen und streiken! Wir fragen Rosa, weshalb sie es wichtig findet, am 8. März zu streiken:
„Für mich ist der Tag so der Tag für gemeinsame Aktionen gegen das Patriarchat und mir gibt das selber total viel, gemeinsam mit Leuten auf die Straße zu gehen, oder auch bei sowas wie dem Streikfrühstück zu sein und sich zusammen zu schließen mit Leuten, die die gleichen Probleme haben wie ich. Aber auch die gleichen Vorstellungen davon haben, wie es sein soll und halt so gemeinsam dafür zu kämpfen, dass sich was verändert“.
Auch nach dem feministischen Kampftag wird es noch spannende und auch spaßige Aktionen vom F_Streik geben, die ihr nicht verpassen solltet! Am 16. März könnt ihr an einer Stadtrallye teilnehmen, um verschiedene Gewaltschutzeinrichtungen kennen zu lernen. Am 22. März wird ein queerfeministisches Pubquiz im Kukoon organisiert und am 28. März wird es eine hybride Buchvorstellung über materialistischen Queerfeminismus geben. Und falls ihr selbst aktiv werden wollt beim F_Streik, könnt ihr euch auf ein Kennlerntreffen am 11. April freuen.
Also kommt zahlreich zur Demo und den anderen tollen Aktionen vom F_Streik! Wir wünschen euch einen kämpferischen und motivierenden feministischen Kampftag!
Linnea
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