Im letzten Presse-Pott in diesem Jahr vor der Weihnachtspause haben wir noch einmal viele genderpolitische Nachrichten für euch
CDU will Abstimmung über § 218 verhindern
Am 6.12.2024 fand im Bundestag die erste Lesung des Gesetzentwurfs von 328 Abgeordneten aus SPD, Grünen und Linken für eine Legalisierung von frühen Schwangerschaftsabbrüchen statt. Nach der ersten Lesung werden Gesetzentwürfe üblicherweise in die Ausschüsse überwiesen, in diesem Fall in den Rechtsausschuss. Für die endgültige Abstimmung ist dann wieder das Bundestagsplenum zuständig. Dies will die CDU/CSU offenbar verhindern. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei meinte, es sei fraglich, ob der Antrag „jemals wieder aus dem Ausschuss rauskommt.“ Näheres hier. Zur Petition des Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung geht es hier.
Norwegen liberalisiert Schwangerschaftsabbruch weiter
Anders als in Deutschland läuft es in Norwegen. Dort können ungewollt Schwangere künftig bis zur 18.Woche – statt wie bisher bis zur 12.Woche – entscheiden, die Schwangerschaft abzubrechen. Das neue Gesetz soll im Sommer in Kraft treten.
In einem ZDF-Beitrag vom 6.12.2024 wird neben der aktuellen parlamentarischen Debatte in Deutschland auch die Gesetzeslage in den Niederlanden, Frankreich, Italien, Irland und Polen dargestellt.
Aktionsplan gegen Menschenhandel beschlossen
Am 11.12.2024 beschloss das Bundeskabinett einen Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel mit besonderem Schwerpunkt auf dem Schutz von Frauen vor sexueller Ausbeutung, dem Schutz von Kindern und Jugendlichen, auf Flucht und Migration sowie Digitalisierung und Internet. Damit wird ein Beschluss des EU-Parlamentsvom Januar des Jahres umgesetzt. Der Plan mit mehr als 120 Maßnahmen kann sofort umgesetzt werden, eine Zustimmung des Bundestags ist nicht mehr notwendig. Zum Download geht es hier.
Gewaltschutzstrategie und Koordinierungsstelle beschlossen
Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Deutschland hat ein Gewaltproblem. Der Handlungsbedarf ist groß… Die Gewaltschutzstrategie nach der Istanbul-Konvention wird mit 120 konkreten Maßnahmen dazu beitragen, Gewalt gegen Frauen effektiver zu bekämpfen…Die Koordinierungsstelle wird die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt künftig koordinieren. Die Umsetzung der Istanbul-Konvention ist ein ambitionierter und langfristiger Prozess, an dem die gesamte Bundesregierung beteiligt ist.“ Am 11.12.2024 hat die Bundesregierung den Gesetzesentwurf beschlossen. Der Deutsche Juristinnenbund und der Sozialverband VdK Deutschland und andere monierten dabei Schwachstellen und weiteren Handlungsbedarf.
Gewaltschutz auch für Männer* in der Istanbulkonvention
Die Zahl der von häuslicher Gewalt betroffenen Männer in Schutzeinrichtungen in Deutschland ist erneut gestiegen. Mehr als jeder zweite, der sich meldete, musste wegen Vollauslastung der Schutzeinrichtungen abgewiesen werden. Frank Scheinert, Geschäftsführender Bildungsreferent der BFKM dazu: „Häusliche Gewalt gegen Männer bleibt in Deutschland ein Tabu, dem mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.“ Das Hilfesystem für Männer kann mit aktuell 15 Wohnungen mit 49 Plätzen in nur fünf von 16 Bundesländern keinesfalls den Schutzanspruch für alle betroffenen Männer einlösen. Hilfetelefon Gewalt an Männern.
Was bedeutet der Umsturz in Syrien für die Frauen?
Die syrische Menschenrechtsanwältin Joumana Seifseit, die seit 2012 in Deutschland lebt, schwankt zwischen Hoffnung und Sorge, was die Zukunft in Syrien angeht. „Es scheint, als würden die Syrer*innen, die gesamte Zivilgesellschaft, von der Entscheidung ausgeschlossen.(…) Besonders wir Frauen sollten mit am Tisch sitzen und mitentscheiden“, sagt sie im Interview.
Frauensport in Saudi-Arabien
Während es jahrzehntelang praktisch keinen Frauensport in Saudi-Arabien gab, wächst nun das Angebot. Die Fußballliga der Frauen geht gerade in ihre dritte Saison und das Staatsfernsehen überträgt Fußballspiele von Frauen. „Aber wir sollten uns bewusst machen: Diese Öffnung und die wachsende Repression sind kein Widerspruch, sondern sie gehen Hand in Hand“, sagt die Menschenrechtlerin Lina al-Hathloul. So ist die Menschrechtslage weiterhin prekär. In diesem Jahr gab es mehr als 198 Hinrichtungen und Frauen sind bei etlichen Gesetzen schlechter gestellt als Männer.
Sexuelle Identität ist fließender als gedacht
In einer auf 12 Jahre angelegte schwedische Studie haben fast 16 Prozent der Teilnehmenden ihre sexuelle Identität während des Studien-Zeitraums geändert. Dr. Guoqiang Zhang vom Department of Global Public Health, Karolinska Institutet führte mit 2 Kolleg*innen die Langzeit-Untersuchung bei 35,000 Einwohner*innen vom Regierungsbezirk Stockholm durch. Bislang habe man geglaubt, die sexuelle Identität sei viel festgelegter. Doch 52 Prozent der bisexuellen Menschen änderten ihre Angaben: 33 Prozent von ihnen bezeichneten sich nun als heterosexuell und 7 Prozent als homosexuell. Hat man vor 12 Jahren vergessen „bi-curious“ als möglichen Eintrag bei der Befragung zu setzen? Mehr darüber.
Aktionsplan Queer leben
Die Bundesregierung will queeres Leben in Deutschland stärken. Rund zwei Drittel der Maßnahmen aus dem jetzt erschienenen „Aktionsplan Queer leben“ sind umgesetzt oder in Umsetzung. So wurde das Strafgesetzbuch geändert, um Hasskriminalität gegen LSBTIQ* besser zu ahnden. Außerdem hat die Bundesregierung die Ungleichbehandlung bei der Blutspende beendet. Zudem trat das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft und das Transsexuellengesetz wurde damit abgeschafft. Was alles im Aktionsplan steht ist hier nachzulesen.
Mütter in der Wissenschaft
In ihrem Buch „Schreiben trotz Care-Arbeit. Strategien für Mütter*“ über Mütter in der Wissenschaft prägt die promovierte Politikwissenschaftlerin Wiebke Vogelaar Begriffe wie „Muttertät“ (analog zu Pubertät) und „Academic Mum Guilt“. Näheres im Interview.
Bremen News
Obdachlose Frauen. Um die Kriminalität am Bahnhof in den Griff zu bekommen, sind Obdachlose dort inzwischen ebenso wenig erwünscht wie die Hilfsorganisationen mit ihren Unterstützungsangeboten. Diese werfen dem Senat eine „Politik der Vertreibung“ am Hauptbahnhof vor. Die Folgen für die Frauen sind besonders schwer. Denn sie sind noch stärker als Männer auf den Schutz der Gruppe angewiesen: „Wir gehen davon aus, dass jede Frau, die auf der Straße lebt, sexualisierte Gewalt erfährt“, so Charlotte Schmitz, Vorsitzende des Vereins LieLa, der sich für wohnungs- und obdachlose Frauen einsetzt.
Bremen ist positives Beispiel: Im kürzlich veröffentlichten Bericht „Monitor Gewalt gegen Frauen„ des Deutschen Instituts für Menschenrechte wird das Land Bremen vielfach positiv als Beispiel hervorgehoben. Mit seinem Betroffenenbeirat, seinem umfassenden Maßnahmenpaket und detaillierter Finanz- und Zeitplanung sei der Bremer Landesaktionsplan „Frauen und Kinder vor Gewalt schützen“ vorbildlich für andere Länder.
Frau im Männerberuf. Die Bremerin Fenja Bierwirth plant und organisiert Schwerlasttransporte und hat sich vor einigen Monaten mit ihrem eigenen Unternehmen selbstständig gemacht. .
Nächste Woche in Bremen:
Dienstag im Kukoon – Janita-Marja Juvonen liest aus: „DIE ANDEREN: Die harte Realität der Obdachlosigkeit“ über weibliche Obdachlosigkeit.
In der Krimibibliothek der Stadtbibliothek am Freitag der Film – Die perfekte Kandidatin: Arabische Filmemacherinnen.
Und am Samstag bei der bremer shakespeare company: Orlando.
Glenys & Irene
Schreibe einen Kommentar