Seit 2020 gibt es eine absolute Neuheit in der deutschen HipHop-Szene: mit 365XX ging das erste Label an den Start, bei dem ausschließlich Frauen signen können. Eine empowernde Entwicklung in einer Szene, in der es weibliche Künstlerinnen immer noch schwer haben und nur wenige es an die Spitze schaffen.
Gegründet wurde 365XX von der Musikpromoterin, Bloggerin und DJ Lina Burghausen, die sich bereits seit 2013 durch ihre PR-Agentur Mona Lina einen Namen im Musikbusiness gemacht hat.
Besonderes Aufsehen erregte ihr Ende 2018 ins Leben gerufener Blog 365 Female* Mcs, in dem sie zunächst ein Jahr lang, jeden Tag eine Rapperin vorstellte.
Der Blog 365 Female Mcs schafft Sichtbarkeit für Frauen in der HipHop Szene
In einem Interview mit der taz sagte sie, die Idee dazu sei ihr während des Reeperbahnfestivals in Hamburg gekommen, als der Rapper Fler ihr erklärte, dass es deshalb so wenige Frauen im HipHop gebe, weil Frauen nicht so gut rappen könnten. Kurzerhand beschloss sie, das Gegenteil zu beweisen und rief den Blog 365 Female* Mcs ins Leben. Damit zeigt sie eindrücklich, dass es sehr viele talentierte Rapperinnen und Produzentinnen im HipHop gibt und Frauen in der Szene nicht bloß eine Ausnahme darstellen.
Und damit nicht genug: Der Blog traf einen Nerv und brachte einen Stein ins Rollen, denn viele Medien berichteten darüber, er wurde im Netz hundertfach geteilt und bekam unerwartet viel Aufmerksamkeit. Schließlich erhielt er sogar den International Music Journalism Award in der Kategorie „Beste musikjournalistische Arbeit unter 30 Jahren“. Das Projekt wurde daraufhin weitergeführt und mittlerweile ist 365 Female* Mcs zu einem kleinen Online-Magazin geworden, hinter dem ein Team aus Autor*innen und Illustrator*innen steckt und das eine beeindruckenden Datenbank von 2.000 internationalen Künstlerinnen vorzuweisen hat. Wer also nach neuen Musikerinnen* sucht, wird hier auf jeden Fall fündig: https://www.365femalemcs.com/
Frauenförderung oder doch eher Ausschluss?
Doch es gibt auch kritische Stimmen aus der Szene, die meinen ein All-Female*-HipHop-Label würde Frauen nur weiter exkludieren und aus der Szene ausschließen. Sie sollten besser in bestehende männlich dominierte Strukturen integriert werden.
In dem Interview mit der taz gesteht Burghausen ein, dass sie die Kritik durchaus verstehen könne, ihr jedoch immer wieder von Rapperinnen berichtet wurde, das bestehende HipHop-Label oft nur einige sehr wenige weibliche Künstlerinnen unter Vertrag nehmen und die Sparte damit besetzt sei. Das HipHop-Label 365XX ist deshalb ein weiterer Schritt um gezielt Frauen in der HipHop-Szene zu fördern, auch wenn es Lina Burghausen lieber wäre, wenn Gender keine Rolle mehr spielen würde. Deshalb sollen in Zukunft auch Transpersonen und nichtbinäre Menschen bei 365XX signen können. Mit ihrem Label möchte sie aus der Musikbranche heraus Veränderung schaffen.
Das erste Signing – Die Rapperin Die P mit ihrem ersten Album
Bisher hat das Label vier Künstlerinnen unter Vertrag genommen. Das erste Signing war die Bonner Rapperin Die P, deren Debütalbum „3,14“ am 19.03.2021 erschienen ist. Ihr Album ist damit das erste Album des Labels. Die Zahlen 3,14 sind die ersten Ziffern von der Kreiszahl Pi, eine Anspielung auch ihren Künstlernamen. In einem Interview im Februar mit rap.de sagte Die P über ihr Album: „Im Großen und Ganzen lautet das ganz große Schlagwort auf dem Album Nachhaltigkeit. Es ist eine zeitlose Hommage an die 90er, die 2000er, an Rap, Boombap und R’n’B.“ Diese Einflüsse lassen sich auf dem Album auch eindeutig heraushören, besonders stark und eingängig ist dabei die Leadsingle „Ein Schritt“.
Weitere vielversprechende Künstlerinnen ergänzen die Crew
Im März 2021 hat das Label dann gleich drei neue Künstlerinnen unter Vertrag genommen. Dazu gehört die Berliner Rapperin Yetundey, die bereits
mehrere Songs veröffentlicht hat, die stets powervoll und selbstironisch sind. Jetzt hat die flippige Rapperin mit nigerianischen Wurzeln eine neue EP angekündigt, die mit Spannung erwartet werden darf. Am 8. März signte das Trap-Duo PALAS bei 365XX, bestehend aus Tina Turnup und Babylit. Sie stammen aus Berlin und Freiburg und machen schon länger zusammen Musik, wobei ihr Sound eine interessante Mischung aus düsterem Trap mit verträumten Vocals darstellt. An Freitag, den 09.04., erscheint dann endlich ihre erste vielversprechende Single „Giftig“. Das „Intro“ ihrer Debüt-EP ist bereits auf Spotify zu hören und erinnert vom Sound ein bisschen an Trap-Queen Haiyti und macht richtig Bock auf mehr. Der letzte Neuzugang des Labels ist die Newcomerin Skuff Barbie aus Münster. In ihrer ersten Videosingle „Rohdiamant“, die sie letztes Jahr veröffentlichte, konnte sie bereits mit einer einprägsamen Stimme und gutem Flow überzeugen.
Johanna Fischer
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