Welche Ziele verfolgt das Bremer Bündnis zur Unterstützung der natürlichen Geburt?
Als bundesweit erstes Bündnis dieser Art wurde 2013 – durch das gemeinsame Vorgehen der Bremer Landesfrauenbeauftragten Ulrike Hauffe und des damaligen Gesundheitssenators Dr. Hermann Schulte Sasse – das Bremer Bündnis zur Unterstützung der natürlichen Geburt initiiert. Anlass für die Gründung war die Tatsache, dass in Bremen mittlerweile jedes dritte Kind per Kaiserschnitt zur Welt kommt. Damit hat sich die Kaiserschnittrate innerhalb der letzten 20 Jahre verdoppelt. Grund genug für Bremer Gynäkologen*innen, in Klinik und Praxis tätige Hebammen, Kinderärzten*innen, Krankenkassen sowie gesundheits- und frauenpolitische Akteure sich zu vernetzen. Die Aufgabe des Bündnisses sehen die Beteiligten darin, durch gemeinsam aufgestellte Empfehlungen, werdende Eltern bereits im Vorfeld darin zu bestärken, dass die Geburt ein gesunder Prozess ist – und Risiken eher die Ausnahme bilden. Ebenso soll unter der Geburt von den beteiligten Ärzten*innen und Hebammen vermittelt werden, dass die natürliche Geburt in den meisten Fällen machbar ist. Verstärkt setzt das Bündnis dabei auf die persönliche Beratung, um bestehende Informationsdefizite frühzeitig auszuräumen. Ebenso sollen mögliche Hindernisse, die einer natürlichen Geburt entgegen stehen, im Vorfeld erkannt und benannt werden, um diese dann frühzeitig zu beseitigen. Denn wie die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe betont: „…ist Schwangerschaft keine Krankheit.“
Vertrauen in den eigenen Körper stärken
Ulrike Hauffe setzt sich gemeinsam mit den Unterstützer*innen des Bündnisses dafür ein, Frauen darin zu bestärken, auf die Fähigkeiten ihres Körpers zu vertrauen. Leider werde die Schwangerschaft heutzutage viel zu oft als Risikofaktor gesehen, kritisiert sie. Vor allem in den Internetforen würden Ängste geschürt, die zu einer Verunsicherung der Frauen führten, stellte die niedergelassene Frauenärztin Dr. Elisabeth Holthaus-Hesse in Gesprächen mit ihren Patientinnen fest. Ebenso sei auf Seiten der Arbeitgeber eine zunehmende Tendenz zu verzeichnen, werdende Mütter von der Arbeit freizustellen, statt schwangerengerechte Arbeitsplätze zu schaffen. Dies alles bestärke die Mütter in ihren Zweifeln am Funktionieren des eigenen Körpers.
Daneben möchte das Bündnis der Frage nachgehen, inwiefern Klinikorganisation und Versorgungsstruktur das Handeln der beteiligten Ärzte*innen und Hebammen beeinflussen. Wieweit spielen beispielsweise wirtschaftliche Faktoren eine Rolle bei der Entscheidung für einen Kaiserschnitt, lautet eine der Fragestellungen, denen das Bündnis nachgehen möchte.
Dr. Torsten Frambach, Chefarzt der Frauenklinik im St. Joseph-Stift fordert Politik und Krankenkassen zum Gegensteuern auf: „…um der Unterfinanzierung der klinischen Geburtshilfe begegnen zu können.“ Ziel sei es, so Frombach, eine auskömmliche Vergütung sicherzustellen, sowie eine kontinuierliche 1:1 Betreuung durch Hebammen unter der Geburt sicherzustellen.
Handlungsempfehlungen für einen natürlichen Geburtsverlauf
Zuletzt machte das Bündnis nach zweijähriger Beratungspause im Juli dieses Jahres mit der Herausgabe von 26 Empfehlungen zur Unterstützung der natürlichen Geburt von sich reden. Diese benennen die Voraussetzungen für gute Rahmenbedingungen in der Schwangerschaft und unter der Geburt. Die aufgestellten Handlungsempfehlungen richten sich an alle, in der Geburtshilfe tätigen Akteure. So fordert das Bündnis u.a. die bisherige Risikobetonung in Schwangerschaft und Geburt zu überdenken. Eine Empfehlung spricht sich deshalb dafür aus, den im Mutterpass enthaltenen Risikokatalog zukünftig Anamnesebogen zu nennen.
Ellen Stüdgens
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