„Eine Gesellschaft, die Menschen nach ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Identität oder nach der Frage, wer gendert oder nicht, hierarchisiert und spaltet, ist schwach“, sagte Gilda Sahebi bei ihrer Rede auf dem Neujahrsempfang des Senats im Bremer Rathaus, der am Mittwoch, den 17.1.2024, stattfand. Sie wurde als Ehrengästin an diesem Tag eingeladen, um mit Denkanstößen für das neue Jahr an die Gäst*innen des Empfangs zu appellieren. In ihrer Ansprache befasste sich Sahebi mit dem Thema „Worauf wir uns fokussieren, das wird größer“. Dabei regte sie an, dass der Fokus der deutschen Regierung nicht auf Spaltung, sondern auf den gemeinsamen Zielen liegen sollte.
Gilda Sahebi ist ausgebildete Ärztin und Politikwissenschaftlerin und arbeitet als freie Journalistin mit den Schwerpunkten Rassismus, Frauenrechte, Naher Osten und Wissenschaft. Sie ist Autorin bei der „taz“ und dem „Spiegel“ und arbeitet für die ARD. Der „Focus“ ernannte sie 2022 zu einer der „100 Frauen des Jahres“. Im März 2023 erschien ihr Buch „Unser Schwert ist Liebe – Die feministische Revolte im Iran“ und im April 2024 erscheint ihr neues Buch „Wie wir uns Rassismus beibringen. Eine Analyse deutscher Debatten“.
Menschenrechtlerin Gilda Sahebi für Fokus auf Gemeinsamkeiten
Sahebi sprach bei dem Neujahrsempfang unter anderem von der Situation im Iran. Eine Iranerin, die ihre Familie in Deutschland besuchte, erzählte ihr, dass kaum noch Frauen in Teheran Kopftücher tragen, obwohl sie dafür verhaftet und bestraft werden. Aber sie haben keine Angst, denn sie haben keine Wahl. Die Frauen wünschen sich Gleichberechtigung. Und Gleichberechtigung wird im Iran laut Gilda Sahebi nicht nur als die Gleichbehandlung von Männern und Frauen gesehen, sondern als die Gleichheit aller Menschen. Jede*r soll den gleichen Wert haben – ganz egal, welche Herkunft, welche Sexualität, welches Geschlecht, welche Ability oder welche Religion dem Menschen zugeordnet werden kann. Das ist es, wonach die Menschen im Iran (und auch an vielen anderen Orten auf der Welt) streben.
Letztendlich gehe es Menschen also darum, gleichwertig miteinander verbunden zu sein, so Sahebi. Wenn sich eine Gesellschaft auf diese und andere Gemeinsamkeiten konzentriere, schaffe das Resilienz und stärke das Miteinander. Worauf wir uns fokussieren, das wird größer. Dann werde es immer schwieriger für Gegner*innen, eine Spaltung der Gesellschaft herbeizuführen. Sahebi bezog sich bei diesen Gegner*innen unter anderem auf Rechtsextreme, die die Vertreibung von Menschen mit bestimmten Ethnien aus Deutschland planen. Diese und andere Feinde der Demokratie sorgen Sahebi zufolge dafür, dass der Fokus auf die spaltenden Themen gelegt und damit die Resilienz der Mehrheit geschwächt wird.
Schlussfolgerungen für die Frauenrechtsbewegung
Beim Rekapitulieren der Rede von Gilda Sahebi lassen sich auch Schlüsse für die Frauenrechtsbewegung ziehen: Wir müssen verhindern, dass wir verunsichert, abgeschreckt, gegeneinander aufgehetzt oder gar gespalten werden durch Themen wie Gendern, Frauenquoten oder Ähnlichem. Stattdessen sollten wir unser gemeinsames Anliegen in den Blick nehmen – dass wir uns Gleichberechtigung wünschen, und zwar vollumfänglich. Dann wird schnell klar, dass wir als Menschen einfach nur den gleichen Wert wie alle anderen haben wollen. Wenn es egal ist, welche Herkunft, welche Sexualität, welches Geschlecht, welche Ability oder welche Religion wir haben, begegnen wir uns auf Augenhöhe, was uns stärker macht. Denn worauf wir uns fokussieren, das wird schließlich größer.
Wer sich die gesamte Rede von Gilda Sahebi durchlesen möchte, findet sie hier zum Download.
Karoline N.
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