War euch auch so heiß letzte Woche? Zur Abkühlung haben wir deshalb heute den Presse-Becher im kühlen Blau gewählt…
Die Erste: Heide Simonis
Sie war die erste Ministerpräsidentin eines Bundeslandes. Ab1993 führte sie zwölf Jahre lang die Landesregierung von Schleswig-Holstein, bis bei der Wahl 2005 ein Mitglied aus den eigenen Reihen ihr im Kieler Landtag die Stimme verweigerte. Die Person ging als „Heide-Mörder“ in die Geschichte ein, blieb aber bis heute unerkannt. Nun ist Heide Simonis kurz nach ihrem achtzigsten Geburtstag gestorben. „Für den ‚Heide-Mörder‘ gilt: In der Hölle ist für jeden Missgünstigen Platz, für ihn besonders“, meint im Nachruf die taz.
Größte Umwelt-Kampagne…
…in der Geschichte des Fußballs: Spielerinnen der Frauen-Fußball-WM starten eine Klima-Aktion, um ihre Flüge nach Australien und Neuseeland zu kompensieren. Jessie Fleming (spielt für Kanada und Chelsea) meinte: „Hoffentlich sehen besonders die jüngeren Fans, dass man seine Stimme erheben kann für Sachen, die einem wichtig sind“. Die Spielerinnen aus Brasilien gingen mit ihrem „Protestflugzeug“ schon voran:
Am 4.7. landet das brasilianische WM-Frauenteam in Australien. Auf dem Flugzeug: “No woman should be forced to cover her head”, “No man should be hanged for saying this”, Jina Amini und Amir Nasr Azadani, inhaftierter Fußballer.
Mehr Solidarität als die gesamte westliche Politik. pic.twitter.com/S7WdB2c2S0— Gilda Sahebi (@GildaSahebi) July 8, 2023
Iran will Kopftuchpflicht wieder durchsetzen
Nach dem Tod von Mahsa Zhina Amini durch Polizeigewalt und den andauernden Massenprotesten gegen die Regierung im Iran bewegen sich immer mehr Frauen ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit. Nun haben die Behörden die Rückkehr der berüchtigten Sittenwächter angekündigt, die die Kopftuchpflicht auf den Straßen wieder durchsetzen sollen. Eine Einschätzung der Lage gibt die Korrespondentin des Deutschlandfunks hier.
SICHTBARE Rückkehr auf die Straße… Solange der Westen hinsah, war es Teil der heuchlerischen Politik des Regimes zu verkünden, die Sittenpolizei sei aufgelöst. Bis auf westliche PolitikerInnen und leider Medien hat das im #Iran niemand geglaubt. Video von jetzt. https://t.co/pusa0ykNua pic.twitter.com/1O1UFvy4nc
— Natalie Amiri (@NatalieAmiri) July 16, 2023
Gegen bildbasierte sexualisierte Gewalt
Der Deutsche Juristinnenbund hat ein ausführliches Policy Paper zur Bekämpfung bildbasierter sexualisierter Gewalt vorgelegt. Es beinhaltet einen Problemaufriss mit empirischen Daten, eine Analyse strafrechtlicher und zivilrechtlicher Aspekte und stellt Forderungen zur Bekämpfung auf. Hier abrufbar.
Sexarbeit? Prostitution?
Bei den Begriffen fängt der Streit schon an: ist Prostitution ganz normale, selbstbestimmte Arbeit, also Sexarbeit – oder gegen die Würde der Frau und meistens Zwangsprostitution und Menschenhandel? Zwei Reporterinnen haben sich in Berlin auf dem Straßenstrich der Kurfürstenstraße umgesehen, mit Prostituierten sowie Hilfsorganisationen gesprochen und Argumente pro und contra Nordisches Modell gesammelt. Hier ihr Bericht.
Wissenschaftsrat fordert Weiterentwicklung der Geschlechterforschung
Der Wissenschaftsrat spricht sich für eine stärkere Integration von Geschlechterperspektiven in Forschung und Lehre aus, vor allem in jenen Bereichen, in denen sie bislang kaum verankert sind. „Die Geschlechterforschung ist ein dynamisches und auch international zukunftsträchtiges Forschungsfeld mit großer Transferrelevanz,“ betont der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Wolfgang Wick. „Im internationalen Vergleich besteht allerdings Nachholbedarf, insbesondere in den technischen Disziplinen und der Medizin“, so Wick. Mit Sorge beobachtet er Diffamierungen und personenbezogene Angriffe auf Forschende und Studierende des Feldes und bekräftigt seine Empfehlungen zu deren Schutz durch die Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen.
Genderstern unter Beobachtung
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat in seiner Sitzung am 14.07.2023 in Eupen beschlossen, dass Wortbinnenzeichen – also der Genderstern, der Doppelpunkt oder der Unterstrich zur Kennzeichnung aller Geschlechtsidentitäten – „nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie“ gehören. Immerhin: „Die Entwicklung des Gesamtbereichs ist noch nicht abgeschlossen und wird vom Rat für deutsche Rechtschreibung weiter beobachtet werden.“
Antifeminismus begegnen – Mediathek ist Online
Ob Artikel, Publikation oder Social-Media: Die „Antifeminismus-begegnen-Mediathek“ des Gunda-Werner-Instituts der Heinrich-Böll-Stiftung sammelt On- und Offline-Medien, die sich kritisch mit Antifeminismus auseinandersetzen. Hinweise zum Einsatz der Materialien sowie ein filterbares Suchtool ergänzen das Angebot. Ihr könnt gerne Medien empfehlen, sie werden geprüft und gegebenenfalls eingestellt. Mehr.
Die Umsetzung der Istanbul-Konvention für queere Geflüchtete in Deutschland
Am 22.06. fand im GWI (Gunda-Werner-Institut) in Kooperation mit dem Queer European Asylum Network und dem Amt für Chancengleichheit Heidelberg die Fachkonferenz „Flucht, Gewalt Trauma: Die Umsetzung der Istanbul-Konvention für queere Geflüchtete in Deutschland“ mit Workshops und zwei Paneldiskussionen statt. Auch alle, die nicht dabei waren, können die Liveaufzeichnung von beiden Diskussionen (auch auf Englisch) nachschauen. Mehr
Panel 1 – Die juristische Umsetzung der Istanbul Konvention für Queere Geflüchtete
Panel 2 – Queere Geflüchtete und Trauma
Lagebericht zur Häuslichen Gewalt veröffentlicht
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) stellte zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch den Lagebericht zu Häuslicher Gewalt für 2022 vor. Es zeigt sich: Gewalt in Partnerschaften und Familie ist in Deutschland Alltag, die Zahlen polizeilich registrierter häuslicher Gewalt steigen seit Jahren kontinuierlich an. Download hier. Einen Kommentar der Bremer Landesfrauenbeauftragten mit Blick auf den Bremer Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen und Kindern findet ihr hier. Wenn ein gewalttätiger Ex-Partner auch der Vater gemeinsamer Kinder ist fordert TERRE DES FEMMES die Aussetzung des Umgangsrechts zur konsequenten Eindämmung des Risikos für Frauen.
"Vier von fünf Opfern bei Partnerschaftsgewalten sind Frauen" – @NancyFaeser bei der Vorstellung des Lageberichts zu häuslicher Gewalt. pic.twitter.com/ZbKTz5uXm0
— Bericht aus Berlin (@ARD_BaB) July 11, 2023
Streit ums Ehegattensplitting
Um den Sparvorgaben von Finanzminister Christian Lindner (FDP) zu genügen hatte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) vorgeschlagen, für Haushalte mit mehr als 180.000 Euro Jahreseinkommen kein Elterngeld mehr zu zahlen. Bisher liegt die Grenze bei 300.000 Euro. Nun gibt es einen neuen Finanzierungsvorschlag des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil: Abschaffung des Ehegattensplittings für alle neugeschlossenen Ehen. Dies könne „dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen“. Unterstützung kam von den Grünen, Ablehnung von der FDP.
Endometriose: Hoffnung für Betroffene?
Endometriose ist eine der häufigsten gynäkologischen Krankheiten, bisher aber kaum erforscht und wird immer noch viel zu selten und spät diagostiziert. Eine japanische Forschungsgruppe geht nun der Theorie nach, dass der Auslöser ein Bakterium sein könnte. Näheres hier.
Bremen News
Senatorin Claudia Bernhard: Bund muss Finanzierung der Frauenhäuser sichern. Die Zahlen des Bundeskriminalamts dokumentieren einen erschreckenden Anstieg der Gewalt gegen Frauen (s.o.: Lagebericht zur Häuslichen Gewalt). „Es ist alarmierend, dass wir deutschlandweit einen Anstieg der Fälle von Partnerschaftsgewalt verzeichnen. Um die Istanbul-Konvention auf Bundesebene konsequent durchzusetzen und das Hilfesystem bedarfsgerecht und niedrigschwellig auszubauen, muss die Bundesregierung auch die entsprechenden finanziellen Mittel bereitstellen und das sehen wir aktuell leider gar nicht. Auch wenn die Zahl der Betroffenen von häuslicher Gewalt in Bremen leicht zurückgegangen ist, müssen wir hier nach wie vor von einer hohen Dunkelziffer ausgehen und jeder Fall ist einer zu viel,“ sagte Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. Einen Kommentar der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau lest ihr hier.
Bremer Wahlrecht benachteiligt Frauen. Obwohl mehrere Parteien bei der Bürgerschaftswahl quotierte Listen präsentierten, liegt der Frauenanteil des neugewählten Parlaments bei nur 37,9 Prozent. Die Bremer Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm kritisiert deshalb das Wahlrecht: „Es liegt nahe, dass das Bremische Wahlrecht mit seiner Gewichtung der Personenstimmen ein wichtiger Faktor ist, dass Frauen bei Parlamentssitzen weniger als Männer zum Zuge kommen.“ Denn Männer haben „offenbar die besseren Möglichkeiten, ihre Communities zu mobilisieren und sich so Stimmen zu sichern“. Sie fordert Nachbesserung.
Sexuelle Belästigung auf der Breminale. Bereits am ersten Abend kam es zu drei Übergriffen gegen Frauen auf der Breminale und im Viertel. Die gute Nachricht: alle drei mutmaßlichen Täter konnten dingfest gemacht werden. Außerdem war ein Awareness-Team auf dem Gelände unterwegs, um Besucher*innen Sicherheit zu bieten.
Ausschreibung für „Bremer Autor*innenstipendium 2023“. Zur Förderung des literarischen Nachwuchses sowie professionell arbeitender Autoren und Autorinnen vergibt der Senator für Kultur auch im Jahr 2023 zwei Stipendien an Schriftsteller*innen, die ihren Wohnsitz in Bremen, Bremerhaven oder dem angrenzenden Umland haben. Die Organisation der Ausschreibung und Vergabe liegt erneut beim Bremer Literaturkontor. Bewerbungen müssen bis 31. August 2023 eingereicht werden. Info-Flyer: Bremer_Autoren_Stipendium2023
Zu guter Letzt
Steile These: Vatertag tötet. Die Zahl der Verkehrsopfer ist im Jahr 2022 gestiegen, die Zahl der Toten stieg um neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders schlimm war es am Himmelfahrts-Donnerstag. Dieser wird häufig auch als Vatertag begangen, was mit hohem Alkoholkonsum einhergeht. Die Zahl alkoholbedingter Unfälle war viermal so hoch als an normalen Donnerstagen. Gereon Asmuth zieht in der taz daraus die Konsequenz: Vatertag abschaffen!
Glenys & Irene
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