Anke Königschulte und Birgit Schütt von der Musikszene Bremen e.V. planen ein weibliches Musikprojekt, das aus einem Festival im Juli und verschiedenen Veranstaltungen, wie Bandcamps für Frauen, Mädchen und FLINTA*, sowie Technikworkshops bestehen soll. Lewis aus der Redaktion hat ein Interview dazu mit den beiden geführt.
Lewis (frauenseiten): Was genau ist das für ein Projekt?
Anke: Das ist ein Projekt, angesiedelt in der Musikszene Bremen e.V., mit dem wir Frauen und Mädchen in der Musik und Musikbranche im weiteren Sinne fördern beziehungsweise sichtbarer machen wollen. Das heißt etwas konkreter, dass wir für weiblich gelesene Personen vermehrt Möglichkeiten schaffen möchten, sich zu präsentieren, fortzubilden und auch zu vernetzen. Es wäre schön, wenn wir Strukturen und Angebote schaffen können, die sich längerfristig etablieren.
Der Hintergrund ist, dass weibliche Akteure in der Musikbranche stark unterrepräsentiert sind. Das zeigt sich bei uns im Verein, wo weitaus weniger Musikerinnen die Proberäume nutzen oder bei Veranstaltungen auf der Bühne stehen ebenso wie auf größeren kommerziellen Musikfestivals: Vielfach sind gerade mal 20% der Musiker*innen auf der Bühne weiblich. Dazu kommt: Je höher der Grad der Professionalisierung, desto größer der Gender Gap. In den Bereichen Musik-Produktion und Management ist diese Lücke sogar noch ausgeprägter. Wir würden uns freuen, wenn wir mit diesem Projekt einen Beitrag zu einem ausgewogeneren Geschlechterverhältnis in der Musikindustrie leisten können. Und wenn es ein kleiner Beitrag ist.
„Es lebt auch von dem Input, der von anderen kommt“
Anke: Dazu müssen wir auch sagen: Wir sind noch am Anfang. Birgit und ich haben angefangen, Kooperationspartner*innen und Organisationen wie Mädchenkulturzentren und Kultureinrichtungen zu kontaktieren. Das Projekt soll möglichst viel Freiraum bieten sich einzubringen und lebt auch von dem Input, der von anderen kommt. Wir sind noch offen und wollen neugierig machen.
Eine Veranstalterinnen-Gruppe können wir uns sehr gut vorstellen im Rahmen des Projekts zu etablieren, weil wir die Infrastrukturen in der Musikszene haben und eine gewisse Expertise. Ich fände das sehr spannend, wenn es eine rein weibliche Gruppe gäbe.
„Das muss leider gerade alles wegen Corona warten“
Anke: Eine andere Idee ist eine Open-Jam Session. Wir haben bis jetzt noch keine Open-Jam etablieren können. Aber wir versuchen es nochmal in einem saferen Rahmen für Frauen und Mädchen. Das muss leider alles wegen Corona warten. Als Ideen für Workshops haben wir ein Band-Coaching und Mädchen-Bandcamp, – denn Band-Arbeit ist uns natürlich wichtig. Wir möchten auch gerne Technik-Workshops wie Ton- und Lichttechnik anbieten. Gerne auch in Richtung Hip Hop, – also Texte schreiben und rappen. Es gibt noch viele weitere Ideen und Möglichkeiten, noch ist nichts konkret festgeschrieben, weil wir schauen möchten, was auf Interesse stößt.
„Es ist das Update zum WD-40, nur besser“
frauenseiten: Habt ihr schon einen Namen dafür?
Anke: WD*42. Es ist in Anlehnung an das praktische Kriechöl WD-40, das in jedem guten Haushalt steht, denke ich. WD*42 ist das Update, es ist besser, es löst sogar festsitzende Rollenbilder. Abgesehen davon ist die Zahl 42 halt die Antwort auf Alles (lacht).
frauenseiten: Gibt es schon einen Zeitraum, wann es stattfinden soll?
Anke: Wie gesagt, die Planungen laufen. Da wir mit dem Ziel Nachwuchsförderung auch gerne Workshop-Angebote explizit für Schülerinnen anbieten möchten, hätten wir die Pfingstferien im Mai gerne als Startschuss dafür gesehen. Leider sieht es zur Zeit nicht so aus, als das es klappen könnte! Das Projekt läuft erstmal bis einschließlich Oktober.
Birgit: Und am 16./17. Juli ist das Musikfestival geplant. Noch steht nicht fest, ob es ein oder zwei Tage werden. Vielleicht in diesem Jahr noch kleiner, aber in den nächsten Jahren…unser Wunsch ist es, ein Female-Focused-Festival in der Musikszene Bremen zu etablieren.
frauenseiten: Wer fördert das denn?
Anke: Wir haben eine Förderung vom Senator für Kultur bekommen und der Verein Musikszene Bremen natürlich. Für einzelne Aktionen suchen wir immer mal wieder gezielt Förderungen, zum Beispiel bei Stiftungen.
frauenseiten: Wer kann mitmachen und wie?
Anke: Bei uns melden. Also grundsätzlich können alle mitmachen. Das Thema geht ja auch alle Menschen an, nicht nur Frauen. Das Festival wird – sagen wir mal – nicht cis-männlich dominiert organisiert und durchgeführt. Wichtig ist es uns, dass wir mit dem Festival ein diverses Publikum ansprechen, das dann mit uns im Juli feiert. Eingeladen sind dazu explizit alle gender.
Birgit: Wir schauen z. B., dass wir Tontechnikerinnen finden. Das Kulturzentrum Schlachthof e.V. bildet z. B. auch in dem Bereich aus und wir möchten gerne mit denen kooperieren. Deren Mädchen-Bandcamp haben wir auch angefragt, dadurch besteht die Möglichkeit, für dort bestehende Bands oder entstehende Bands, bei uns aufzutreten.
„Wir wollen Freiräume bieten“
Birgit: Es gibt so viele Möglichkeiten sich einzubringen, von Workshop Angebot, Ausstellung bis Deko der Veranstaltung. Diskussionsveranstaltungen sind denkbar. Wir wollen gar nicht das Rad neu erfinden, daher ist ein wesentlicher Ansatz in unserem Projektgedanken,- Netzwerke zu schaffen, mit den in Bremen bestehenden Vereinen und Aktivitäten. Im Grunde wollen wir Freiräume bieten, deren Inhalte nicht starr festgelegt sind. Wer Interesse und Lust hat sich zu beteiligen oder etwas mit zu veranstalten, kann sich sehr gerne melden.
„Wer Lust hat sich zu beteiligen, kann sich gerne melden“
Anke: Die Zielgruppe für die Workshops wird dann jeweils explizit ausgeschrieben. In vielen Fällen macht es Sinn, die Aktivitäten sozusagen von Frauen für Frauen zu organisieren, das heißt, die Teilnehmer*innen auf Frauen, Mädchen und FLINTA* zu beschränken, um einen sicheren Rahmen zu schaffen. Aber vielleicht auch nicht immer.
frauenseiten: Ist das Festival dann in „live“ geplant oder digital?
Birgit: Live. Wir haben im letzten Jahr mit der Musikszene ein ganz ganz tolles Festival zu Corona-Bedingungen veranstaltet. Das hat wunderbar funktioniert und von daher bauen wir jetzt dadrauf, dass es diesmal auch so klappt …aber wenn das alles nicht geht, müssen wir umdenken.
Anke: Es werden mindestens drei Bands aus dem Rock/Pop Bereich spielen – coole Bands auf jeden Fall. Female Focused Bands. Das in ein Streaming zu verlegen, möchten wir nicht.
„Wir hoffen jetzt mal auf den Sommer“
Birgit: Wir hoffen jetzt mal auf den Sommer. Wir können leider mit den Workshops nicht so beginnen, wie wir es wollten und das Bandcamp wird auch erst in den Sommerferien sein. Somit werden die Workshops dann auch in den Sommerferien und darüber hinaus stattfinden.
frauenseiten: Habt ihr Vorbilder für euer Projekt?
Birgit: Was ich unter anderem spannend fand, war das female focus Festival aus Berlin und die ganzen Netzwerke, die für Frauen tatsächlich bestehen, nur in Bremen- zu mindestens in der Musik- noch nicht.
Anke: Nein, nichts Konkretes. Es gibt einige interessante Festivals und etabliertere Netzwerke mit ähnlichen Zielen, wie wir sie haben. Da sind interessante Sachen dabei, wo man schauen kann, wie machen andere das. Die haben auch Vorbildfunktion.
Frauen und FLINTA*, die sich einbringen möchten, können an wd42@musikszene-bremen.de schreiben.
Das Interview führte Lewis
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