In der Bremer Bürgerschaft hat seit dem 1. Oktober eine neue Ausstellung Platz gefunden. Unter dem Titel „Kaiserschnitt – Goldener Schnitt?“ werden über 30 verschiedenen Kunstwerke zum Thema Geburt, Schwangerschaft und Kaiserschnitt präsentiert. Auf der Dom- und Weserseite der Bürgerschaft präsentieren unter anderem auch zwei Bremer Künstlerinnen ihre Werke der Öffentlichkeit.
Geburt: Nur für Frauen ein Thema?
In seinem Grußwort an die anwesenden Gäste deutete Christian Weber, Präsident der Bremer Bürgerschaft, kurz die Geschichte hinter der Geburtsmethode des Kaiserschnitts an. Der Kaiserschnitt als solcher hat sich erst in den letztem Jahrhundert zur sicheren Geburtsmethode entwickelt. Früher war es noch die letzte Möglichkeit, das Kind zu retten, wenn das Leben der Mutter schon längst verloren war oder als Maßnahme bei Geburten von Thronfolgern, Königskindern oder anderem wichtigen Nachwuchs. Dass ein unnötiger Kaiserschnitt damals den Tod der Mutter bedeutete, das wurde in Kauf genommen. Zusätzlich zum medizinischen Fortschritt zeigt sich aber auch ein gesellschaftlicher Wandel in der Wahrnehmung der Geburt. Auch wenn Männer zur Zeit von Weber selbst noch eher passiv an der Geburt ihrer Kinder beteiligt waren, zeigt sich doch ein Wechsel der Generationen daran, dass mittlerweile viele Männer mit im Kreißsaal ihre Frauen unterstützen. Wie gut er sich noch selber an die Geburt seines Sohnes erinnern könne; das unvergessliche Geräusch, als er die Nabelschnur durchschneiden durfte, klingt ihm noch heute im Ohr nach. Die Freude, die Intimität und Anspannung einer Geburt ist nicht nur für die gebärende Mutter eindrucksvoll. Gerade deswegen seien die nun in der Bürgerschaft ausgestellten Bilder für jeden, der sie ansieht, relevant. Die Bilder, manche einfühlsam, manche radikal, andere abstrakt und direkt, rufen bei jedem, der eine Geburt je miterlebt hat, genau diese Erinnerungen wach.
Die Selbstbestimmung und die Geburt
Ulrike Hauffe, Landesbeauftragte für Frauen des Landes Bremen und Leiterin der Zentrale für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF), sieht es ähnlich. Der Akt des Gebärens, der die Geburt erst vollendet, kann nur erlebt, nicht besprochen werden und die Ausstellung zieht die BesucherInnen mit in dieses Erlebnis hinein. Die Zahl der durchgeführten Kaiserschnitte hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Es gibt selbstverständlich genug Fälle, in denen der Kaiserschnitt dringend erforderlich und für sowohl Mutter als auch Kind lebenswichtig ist, diese sind nicht das Thema der Förderung der natürlichen Geburt. Aber es gibt auch viele Fälle und eine große Grauzone an Szenarien, in denen der Kaiserschnitt als leichtere Methode gewählt wird. Hier liegt auch der Kern des Engagements der ZGF in der Ausstellung und verschiedenen Projekten zur Förderung der natürlichen Geburt: Die Selbstbestimmung der Frau in allen Bereichen des Lebens soll gefördert werden und mit dazu gehört die Selbstbestimmung bei der Geburt des eigenen Kindes. Ein unnötiger Kaiserschnitt unterbindet die körperlichen Vorgänge rund um das Wunder der Geburt. Das Wissen um die Konsequenzen einer Geburt per Kaiserschnitt wird vielen Frauen nicht mitgeteilt und führt zum falschen Verständnis. Für die Förderung der Selbstbestimmung muss die Aufklärung über die Optionen der Geburt weiter ausgebaut werden. Die Ausstellung verbindet diese politische Unternehmen mit der Kunst, die Kontroversen und Probleme des Alltags gekonnt hinterfragt und darstellt.
Die Ausstellung: Ein Thema, das verbindet
Die ausgestellten Werke stellen den Geburstvorgang aus verschiedenen Perspektiven dar: Den Schmerz, den Moment der Nabelschnurdurchtrennung, die Geburt als Urknall oder gar die körperlichen Folgen des Kaiserschnitts als wortwörtlichen Einschnitt in den Leib – mit bleibender Narbe. Ob in Farbe oder schwarzweiß, getuscht, mit Acryl oder Öl, die Stärke der Ausstellung ist ihre Vielfalt und dürfte den Besuchern mehr als genug Denkanstöße geben. Auch für jemanden, der kein Kind zur Welt gebracht hat, sind die Bilder mehr als interessant, beantworten und stellen sie doch gleichzeitig Fragen zu einem unbekannten Thema, das von so elementarer Bedeutung im Leben ein Frau sein kann. Und sei es nur, dass man mit einer Freundin, die Mutter ist, oder gar der eigenen Mutter in die Ausstellung gehen möchte um zu fragen: Hast du es auch so erlebt? Teilst du diese Sicht? Wo findest du dich hier in diesen Bildern wieder?
Nach ersten Aufenthalten in Hamburg und Berlin wird die Ausstellung noch bis zum 31.Oktober im Bremen bleiben, bevor sie weiterzieht nach Bonn. Der Eintritt ist frei und mit traumhaftem Blick über den Bremer Marktplatz und Domshof kann man die Ausstellung montags bis freitags zwischen 10.00 und 17.00 Uhr besuchen.
Kim-Nicola Hofschröer
abarckhausen meint
Liebe Birgit, vielen Dank für deine Mitteilung. Im Text steht schon, dass die Ausstellung bis zum 31. Oktober geht. Es liegt in der Natur von Blogs, dass auch die Texte aus der Vergangenheit zu lesen sind. Aber deine Anregung nehmen wir insofern gerne auf, dass wir den Text von unserer Startseite nehmen 🙂
Birgit meint
Die Ausstellung liegt ja nun in der Vergangenheit – das sollte im Text hervorgehen, finde ich, sonst gehen die Menschen da umsonst hin…
Emilia meint
Die Eröffnungsveranstaltung hat mich sehr beeindruckt.
Ronja meint
Diese Ausstellung ist echt großartig! Ich habe erst gedacht, sie sei eher technisch – ist sie aber garnicht, sondern sehr ausdrucksstark.